Blutspiele
schon gesagt habe, ich arbeite daran. Ich sage Ihnen Bescheid, wenn ich so weit bin.«
»Ich habe Ihnen alles gesagt, was ich weiß, Senator.« Gary Schindlers Lippen wurden schmal, als er Norris in seinem Krankenhausbett ansah. »Natürlich suchen wir nach Joe. Er ist ein alter Hase in unserem Laden. Verflucht, ich arbeite schon seit Jahren mit ihm zusammen. Die ganze Dienststelle setzt ein, was uns zur Verfügung steht, um herauszufinden, wo er steckt.«
»Genau wie Sie vorher alles eingesetzt haben, um Jelak zu finden«, bemerkte Norris scharf. »Und er ist immer noch da draußen und bringt Mädchen wie Nancy Jo um. Er hat auf mich geschossen. Er hat auf Quinn geschossen. Wenn irgendeine Chance besteht, dass Quinn noch am Leben ist, dann machen Sie sich auf die Socken und finden ihn.«
»Lassen Sie mich in Ruhe«, sagte Schindler plötzlich schroff. »Ich tue, was ich kann, und nichts, was Sie sagen, wird mich dazu bringen, anders zu handeln. Wir fahren alle freiwillige Extraschichten, um eine Spur zu entdecken, irgendeine Spur.« Er drehte sich auf dem Absatz um. »Wenn Sie einen Prügelknaben brauchen, dann rufen Sie sich doch einen dieser hübschen Assistenten draußen am Flur.«
»Detective.«
Schindler sah über seine Schulter zurück. »Das meine ich ernst, Senator.«
Norris nickte. »Ich weiß.« Erschöpft lehnte er sich in die Kissen. »Ich fühle mich im Moment sehr unnütz und lasse das an Ihnen aus. Ich glaube an Geben und Nehmen, und da kann ich derzeit offenbar gar nichts tun. Quinn hat mir das Leben gerettet.«
»Glauben Sie, Sie wären etwas Besonderes?«, sagte Schindler. »Er hat mir vor zwei Jahren den Hals gerettet, als wir einen Drogenhändler auffliegen ließen. Meine Tochter Cindy wäre zur Waise geworden und ganz allein in dieser beschissenen Welt aufgewachsen.«
Norris fehlten einen Augenblick lang die Worte. »Wie entsetzlich. Eine Welt, in der junge Mädchen ermordet werden, ist wirklich beschissen. Wenn ich die Zeit zurückdrehen könnte, würde ich Nancy Jo jedes Mal, wenn sie das Haus verlässt, von einer ganzen Armee bewachen lassen.« Er legte die Hand an die Augen. »Tut mir leid. Wenn Sie zusätzliche Kräfte brauchen, dann steht Ihnen jeder meiner Mitarbeiter zur Verfügung. Sie müssen nur anrufen.«
»Danke. Könnte sein, dass ich das tue.«
Norris schloss die Augen, als Schindler den Raum verließ.
Eine beschissene Welt, dachte er. Vor Nancy Jos Tod hatte er sich für zynisch gehalten, aber jetzt erkannte er, dass doch eine Dosis Idealismus in ihm gesteckt hatte. Er hatte davon geträumt, die Welt zu verändern. Oder wenigstens die Korruption zurückzudrängen, die Washington in die Stagnation trieb.
Träume.
Sie hatten nicht verhindert, dass Quinn angegriffen und möglicherweise umgebracht worden war.
Sie hatten dieses räuberische Tier nicht davon abgehalten, Nancy Jo zu ermorden.
Scheiß auf Träume.
Er spürte brennende Feuchtigkeit in seinen Augen. Verdammt, da war es wieder: Schmerz, Ungläubigkeit, Einsamkeit.
Nancy Jo …
Mein Gott, die Einsamkeit.
Nein, keine Einsamkeit, wurde ihm plötzlich klar.
Trost. Wärme. Lachen.
Nancy Jo, die ihm diesen entsetzlichen Witz erzählte, den sie im Sommerlager gehört hatte.
Nancy Jo, die letzten Sommer mit ihm am Strand abhing, ohne zu reden. Sie hatten einfach nur still nebeneinander gesessen, während die Sonne unterging.
Nancy Jo, die bei seiner Vereidigung zum Senator neben ihm stand, mit Augen, die vor Stolz glühten.
Eigentlich hätten diese Erinnerungen qualvoll sein sollen. Warum waren sie es nicht?
Trost. Wärme. Lachen.
Erinnerst du dich, Daddy?
Was zum Teufel war das? Einbildung?
Es war egal. Für den Moment war der Schmerz vergangen. Das war alles, was zählte. Er schloss die Augen und ließ eine goldene Woge der Erinnerungen ihn überfluten.
Erinnerungen?
Nein.
Nancy Jo …
»Ich habe mich gerade mit Ihrer Eve unterhalten«, sagte Jelak zu Joe. »Ich war sehr verärgert, dass ich meinen Handel mit ihr nicht sofort abschließen konnte. Auf die Tatsache, dass Sie nicht mit ihr reden wollen, hat sie genauso reagiert, wie ich es erwartet hatte.«
»Und darum sind Sie wiedergekommen, um mich endlich zu überzeugen«, sagte Joe. »Vergessen Sie’s.«
»Es gibt verschiedene Möglichkeiten, jemanden zu überzeugen.« Er überprüfte die Stricke, mit denen Joe an Handgelenken und Knöcheln gefesselt war. »Ich habe es wirklich sehr genossen, mit Ihnen zu spielen, aber für Ihre
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