Blutspuren
kleidete sich Elisabeth an und ordnete ihre Frisur. Als er zurückkam, nutzte er die körperliche Distanz zu ihr, sagte ernst und kühl: »Das war das letzte Mal!«
Sie starrte ihn fassungslos an, nestelte nervös an ihrem Pullover und war einen Atemzug lang still. Das Blut stieg in ihren Kopf, hektische Flecken bildeten sich an ihrem Hals, schließlich zischte sie: »Das könnte dir so passen, mich einfach wegschmeißen!«
Klausdorf war ziemlich ruhig und wiederholte seine Absicht, diesmal schärfer im Ton: »Hau ab, ich will nicht mehr!«
Elisabeth erkannte den Ernst der Situation, ihre Rage steigerte sich. Sie ging auf Klausdorf zu, packte ihn an den Haaren, schüttelte seinen Kopf und herrschte ihn an: »Du Schwein! Verdammter Hund! Ist dir völlig egal, was aus mir wird?«
Er befreite sich mit einem kräftigen Handgriff aus der mißlichen Lage und gab Elisabeth einen derben Stoß vor die Brust. Sie stolperte nach hinten, lag plötzlich auf dem Rücken zwischen den Büschen, heulte und schrie ihre Drohung heraus: »Na warte, heute Abend weiß deine Frau alles, aber auch alles! Und, daß ich ein Kind von dir kriege!«
Seelenruhig trank Klausdorf den Rest aus der Weinflasche. In diesem Augenblick schoß es durch sein Gehirn, daß diese Frau sein Leben ruinieren wollte. Natürlich glaubte er nicht, sie geschwängert zu haben, weil sie ja die Pille nahm. Aber daß sie Anita alles offenbaren wollte, empfand er als sehr ernsthafte Bedrohung, und als er Elisabeth anblickte, die – hilflos wie ein auf dem Rücken liegender Käfer, mit Armen und Beinen strampelnd – sich aufzurichten versuchte, stand es für ihn fest: Die muß weg! Die Weinflasche in der Hand, stürzte er auf sie zu und schlug damit mehrmals auf ihren Kopf. Augenblicke später: Er beugte sich über Elisabeth, die nur noch undeutliche, murmelnde Laute von sich geben konnte, klappte er sein Taschenmesser auf und stach zu. Sie bäumte sich auf. Das steigerte seine Wut. Immer und immer wieder rammte er wie von Sinnen das Messer in ihren Körper. Diese schreckliche Szene dauerte länger als eine Minute. Dann bewegte sich Elisabeth nicht mehr. Klausdorf wischte das Blut vom Messer, klappte es zusammen und ließ es wieder in der Hosentasche verschwinden. Völlig erschöpft setzte er sich, benötigte einen Augenblick der Erholung und Überlegung. Doch die Zeit der Besinnung war sehr kurz. Wie eine unaufhaltsame Woge stürzte jetzt die Angst über ihn herein. Er wollte fliehen, doch noch hielten ihn die letzten Widerstandskräfte zurück: So darf sie nicht liegenbleiben! Klausdorf packte die tote Frau an den Füßen, zog sie an den Rand der Böschung und rollte sie hinunter in den Unrat. Vorsichtig ließ er sich die Böschung hinuntergleiten, suchte auf dem Schuttplatz eine geeignete Vertiefung und verfrachtete die Leiche darin, um sie mit Asche abzudecken und allerlei Gerümpel darüber zu schichten, bis die Stelle unauffällig war. Dann kletterte er die Böschung hoch, zurück zu der Stelle, die einst auch sein Liebesnest war und holte Elisabeths Handtasche. Ein Schlüsselbund, Personal- und Betriebsausweis und eine Geldbörse mit 90 Mark waren darin. Das Geld nahm er an sich, die Tasche und das Schlüsselbund landeten in hohem Bogen irgendwo im Müll. Die Ausweise jedoch verbrannte er auf dem Rückweg in einem Straßengraben. Zu Hause untersuchte er seine Bekleidung nach Blutspuren, konnte aber nichts Auffälliges entdecken. Er reinigte sich und wischte sein Messer nochmals mit Feuerzeugbenzin ab. Als Anita mit den Kindern heimkehrte, beschäftigte er sich gerade mit der Reparatur eines Rollers. Was folgte, war ein harmonischer Abend wie in jeder intakten Familie.
Klausdorf konnte aber in der Nacht keine Ruhe finden. Am nächsten Tag mußte er zur Frühschicht. Früher als sonst schlich er sich aus dem Haus und ließ Anita schlafen. Mit dem Rad fuhr er zum Müllplatz, um zu kontrollieren, ob man die Leiche finden könnte. Aber alles war so unauffällig, wie er es verlassen hatte.
Langsam kehrte wieder Ruhe in seine Seele. Und die weiteren Überlegungen wurden kühler und gewannen an Logik. Natürlich war damit zu rechen, daß Elisabeth Schäfer bald vermißt würde und die VP sich der Sache annahm. Ihm kam der Gedanke, vorsorglich eine ablenkende Spur zu legen. Deshalb tauchte er nach Schichtschluß bei Elisabeths Kindern auf, spielte die große Verwunderung, die Mutter nicht anzutreffen, hinterließ scheinheilig eine handschriftliche Nachricht und
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