Blutspuren
Bürgermeister beim ortszuständigen ABV, VP-Meister Pertus, eine Vermißtenanzeige. Nun muß sich der uniformierte Gesetzeshüter um die Angelegenheit kümmern. Beflissen leitet er die Anzeige an das VPKA Zwickau weiter. Doch dort nimmt man sich Zeit. Abwarten, heißt die übliche Devise, denn die vermißte Frau ist als Herumtreiberin und sogenannte HWG-Person bekannt, also mit »häufig wechselndem Geschlechtsverkehr«. Das ist überhaupt noch kein Grund für übereilte Polizeimaßnahmen. Um aber ganz sicher zu gehen, wird Meister Pertus beauftragt, mit den Freiwilligen VP-Helfern des Ortes nach der Verschwundenen zu suchen.
So geschieht es auch. Zunächst werden die Mädchen der vermißten Mutter in einem staatlichen Kinderheim untergebracht. Tagelang ist Pertus mit seinen Helfern unterwegs, durchkämmt den Ort ebenso wie die nähere Umgebung von Mülsen Sankt Niclas, führt Ermittlungen durch. Vergeblich. Frau Schäfer ist wie vom Erdboden verschwunden. Langsam regt sich nun auch die Zwickauer Kriminalpolizei: Weitere Suchaktionen finden statt, die Teiche in der Gegend werden abgesucht, Spürhunde kommen zum Einsatz, eine offizielle Suchmeldung erscheint in der Ortspresse. Wieder ohne Erfolg.
Am 25. April wird endlich ein Ermittlungsverfahren gegen Unbekannt wegen Verdachts eines Tötungsverbrechens eingeleitet und der Fall der Mordkommission in Karl-Marx-Stadt übergeben. Bereits nach zwei Tagen wissen die Kriminalisten: Frau Schäfer wurde am 14. April kurz nach 14.00 Uhr vor dem Gelände des VEB Steinkohlenwerk in Zwickau in Begleitung eines jungen Mannes gesehen. Eine Arbeitskollegin der Vermißten erfuhr am Tage ihres Verschwindens von ihr, daß sie nach Schichtschluß eine Verabredung mit einem verheirateten Mann hätte, der im gleichen Betrieb beschäftigt sei und zur Zeit Urlaub habe. Fünf Zeugen bestätigen, das eng umschlungene Paar an der Dresdener Landstraße gesehen zu haben. Darüber hinaus können sie eine ziemlich genaue Personenbeschreibung des unbekannten Begleiters abgeben. Mit diesen Informationen finden die Ermittler schnell heraus, daß Heinz Klausdorf der fragliche Unbekannte ist.
Seine Vernehmung hat nun Vorrang: Hartnäckig bestreitet er, mit Frau Schäfer am Nachmittag des 14. April zusammen gewesen zu sein. Sie sei nur eine Kollegin, die er kaum näher kenne. Kurzerhand wird er den Zeugen gegenübergestellt, die ihn gesehen haben. Es gibt keinen Zweifel an der Richtigkeit ihrer Wahrnehmung. Sein Lügengebäude bricht zusammen: Er wollte rücksichtsvoll sein, die eigene Frau sollte von der außerehelichen Beziehung zu Elisabeth Schäfer nichts erfahren. Nun gibt er zu, sich doch mit Frau Schäfer getroffen zu haben: Beide seien aber nur im Kulturpark spazieren gewesen. Er habe sich nach etwa einer Stunde von ihr an der Dresdener Landstraße verabschiedet, weil er in der Stadt noch Ersatzteile für Frau Schäfers defektes Radio besorgen mußte, um es bei sich zu Hause zu reparieren. Aber diese Notlüge ist ein simpler Situationsfehler, den die Kriminalisten gleich erkennen. Die Kinder Susanne und Silvia Schäfer haben nämlich bei ihrer kriminalpolizeilichen Befragung geäußert, sie wären das ganze Wochenende allein gewesen. Nur am Samstagnachmittag sei ein Freund der Mama erschienen, habe auf einem Zettel eine kurze Nachricht hinterlassen und das kaputte Radio zur Reparatur mitgenommen.
Es stimmt: Die Polizei hat bei der ansonsten erfolglosen Durchsuchung in Frau Schäfers Küche einen Zettel mit dem handgeschriebenen Text »Komme am Dienstag halbdrei, Heinz« gefunden. Klausdorf bestreitet nicht, den Zettel geschrieben zu haben. Im Gegenteil. Er will damit sogar beweisen, keinesfalls mit dem Verschwinden von Elisabeth Schäfer etwas zu tun zu haben. Doch auf die heikle Frage »Woher wußten Sie denn, welche Ersatzteile Sie am Freitagnachmittag in Zwickau kaufen wollten, wo Sie das Radio doch erst am Samstag abgeholt haben?« antwortet er ausweichend und behauptet schließlich, er habe gar nicht beabsichtigt, Ersatzteile zu kaufen, sondern wollte lediglich ausfindig machen, wo man sie erwerben kann.
Für die Ermittler der Mordkommission ist Heinz Klausdorf eine höchst verdächtige Figur in diesem Fall. Inzwischen sind mehr als zehn Tage ohne ein Lebenszeichen von Frau Schäfer vergangen. Ein Verbrechensverdacht ist nun nicht mehr von der Hand zu weisen. Gegen Klausdorf wird ein Ermittlungsverfahren eingeleitet. Immerhin ist er der letzte, der mit Frau Schäfer gesehen wurde.
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