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Blutstern

Blutstern

Titel: Blutstern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieter Woelm
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»Die Vorgänge sind tatsächlich ungewöhnlich. Ich würde selbst gerne wissen, was das alles bedeutet.«
    Thomas fühlte sich unwohl. Ganz ohne sein Zutun stand er plötzlich total im Mittelpunkt, war umringt von der kompletten Familie Flieger, die wohl eher aus Neugier als aus Anteilnahme erschienen war. Dazu hatte er noch diesen Alexander Leitner auf dem Hals, der sich die ganze Zeit möglichst dicht bei Sabine aufhielt und anscheinend das Feld noch nicht räumen wollte.
    Â»Bin gespannt, was als Nächstes passiert«, sagte Alexander Leitner, und es klang, als ob er den nächsten Anschlag geradezu herbeisehnte.

6
    Â 
    Nach der Messe in der Stiftskirche konnte Thomas Drucker beobachten, wie viele Kirchenbesucher in die Kneipen der Aschaffenburger Altstadt strömten. Die Treppen der Basilika hinab, dann über den Stiftsplatz, ergossen sie sich in die malerischen Gassen mit ihren Fachwerkhäusern und gemütlichen Gaststätten.
    Johann Flieger hatte wohlweislich einen Tisch im Gasthaus ›Zum Fegerer‹ reserviert. Das war typisch für ihn. Er lud seine Familie gern auf einen Schoppen ein, wie er sagte. Als sie die Stiftskirche verließen, sprach er Oskar Leitner und seine Frau an. »Kommt ihr auf ein Gläschen zum Fegerer mit? Ich habe dort einen Tisch reserviert, sonst wird man heute kaum noch irgendwo einen Platz bekommen.«
    Leitners stimmten freudig zu, besonders die Augen von Alexander Leitner strahlten, denn damit hatte er eine weitere Gelegenheit, Sabine Flieger nahe zu sein, ohne dass ihn Thomas Drucker daran hindern konnte.
    Â»Klar, wir sind dabei«, sagte Oskar Leitner, »haben länger nicht mehr geredet.«
    Man kannte sich in der Aschaffenburger Textilindustrie. Bei aller Konkurrenz hatten die Inhaberfamilien immer Kontakt gehalten. Natürlich wurden keine Geheimnisse ausgeplaudert, aber man ließ schon mal durchblicken, wie die Geschäfte so liefen. Jeder konnte abschätzen, ob er vergleichsweise gut oder eher schlecht dastand. Gerade Johann Flieger war einer derjenigen, die gern solch einen Gedankenaustausch pflegten.
    Sie gingen das kurze Stück zur Schlossgasse, quer über den Theaterplatz, vorbei an der Sonnenuhr, die um diese Zeit ihren Schatten nur wegen der Straßenbeleuchtung auf den Platz warf. Thomas Drucker sah Alexander Leitner neben Sabine und wünschte ihn am liebsten auf einen anderen Stern. Zudem hatte er eigentlich keine Lust, mit seinen Chefs in die Gaststätte einzukehren. Das war zwar eine nette, gemütliche Kneipe, in der man gut aß, aber mitten zwischen Fliegers und Leitners zu sitzen und über den Mord an seiner Mutter zu spekulieren, erschien ihm äußerst unangenehm. Nur Sabine zuliebe ging er mit.
    Â»War ja eine coole Nummer mit den Schmierereien an der Kirche«, meinte Alexander Leitner.
    Thomas hatte den Eindruck, dass Alexander sein Unglück regelrecht genoss. »Ich hätte darauf verzichten können«, antwortete er. »Hätte lieber meine Ruhe vor diesen Machenschaften.«
    Sabine drückte seine Hand. Ihr war klar, dass sich hier der nächste Streit anbahnte. Sie war froh, dass sie in diesem Augenblick den Fegerer erreichten und vorbei an der Küchentheke in den Gastraum traten.
    Â»So, nehmt bitte Platz«, forderte Johann Flieger auf, der für seine fast 90 Jahre erstaunlich rüstig war. »Die Jugend am besten zu mir«, lachte er und nahm an der Stirnseite der Tafel Platz. Sabine setzte sich neben ihn, Thomas Drucker an ihre Seite und Alexander Leitner ihr gegenüber.
    Â»Vielleicht ein Aperitif?«, lud Johann Flieger ein. »Aperitif ›Fegerer‹, das wär’ doch was, Rieslingsekt mit Brombeerlikör«, fügte er hinzu.
    Geld spielte keine Rolle für Johann Flieger. Er hatte geladen und pries die Karte. Nachdem alle bestellten hatten, kam ein lebhaftes Gespräch in Gang.
    Â»Dass die Polizei niemanden vor der Kirche postiert hatte«, wunderte sich Martin, der jüngere Sohn Johann Fliegers. »Die Schmierer hätte man bestimmt leicht erwischen können.«
    Â»Tja, damit hat sie wohl nicht gerechnet«, entschuldigte sie Bernhard Flieger. »Auf die Idee, während einer Messe Kirchentüren zu beschmieren, muss man erst mal kommen.« Fast schwang so etwas wie Bewunderung in seiner Stimme mit.
    Â»Jetzt hat der Kommissar viel Arbeit damit, das Blut oder die Farbe zu analysieren«, lachte Alexander

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