Blutstern
Luft.
»Ich bin froh, dass wir endlich wieder allein sind«, sagte Thomas. Die beiden Beamten in Zivil, die ihnen weiterhin unauffällig folgten, beachtete er nicht.
»Ich auch. Ich fand es sehr nett, dass du mitgekommen bist, wo uns Opa Johann alle eingeladen hat.«
Sie gingen die DalbergstraÃe in Richtung Main, anschlieÃend durch die Fischergasse zum FloÃhafen, und erreichten bald das ältere Haus, in dem Thomas wohnte.
»Gott sei Dank«, seufzte Sabine. »Mir ist eiskalt. Lass uns schnell reingehen.«
Thomas schloss die Haustür auf, sie stürmten drei Treppen nach oben und standen vor seiner Wohnungstür. Unter der Tür klemmte ein weiÃer Briefumschlag.
»Post für dich«, lachte Sabine. »Sogar bis vor die Wohnungstür. Was für ein Service!«
Thomas hob den Brief auf und sah ihn erstaunt an. »Keine Briefmarke, kein Absender«, murmelte er, »muss heute Abend eingeworfen worden sein.«
»Und vor deine Tür gelegt?«
»Wir haben einen Gemeinschaftsbriefkasten für das ganze Haus, nur einen Schlitz in der Tür, und wer die Post im Gang findet, verteilt sie im Haus.«
Thomas schloss die Wohnungstür auf. In der Diele zogen sie Schuhe und Mäntel aus und gingen in seine kleine Wohnküche mit Blick auf den Main. Sabine gefiel diese Wohnung. Sie war klein, dafür total gemütlich. Für das Schlafzimmer hatten sie gemeinsam ein breites Doppelbett gekauft, seit sie häufiger bei ihm übernachtete. Es gab für sie keine schönere Schlafstätte als diese. Das Fenster der Dachgaube ging nach hinten zum Garten. Man konnte es offen lassen, ohne dass es möglich war, von auÃen hereinzuschauen. Ein mächtiger Kirschbaum wuchs davor, in dem die Vögel von früh bis spät ihr Konzert gaben.
»Ich bin so froh, dass ich bei dir bin«, sagte sie.
Thomas schloss die Wohnungstür zweimal ab, zog die Vorhänge an den Fenstern der Dachgauben zu, drehte die Heizung höher und schon lagen sie sich in den Armen und vergaÃen alles um sich herum.
»Ich liebe dich.«
»Ich dich auch.«
Sie fielen ins Bett und kuschelten miteinander. Er wollte sie spüren und sie wollte ihm gehören. Es entlud sich die Sehnsucht der vergangenen Tage, in denen sie getrennt waren.
»Es war sehr schön«, flüsterte sie hinterher.
Er sagte nichts, sondern drückte sie an sich. Eine Zeit lang lagen sie eng umschlungen und ganz still im Bett.
»Ich könnte ewig so mit dir liegen«, flüsterte er.
»Ich auch.«
»Bleibst du heute Nacht?«
»Ja, klar, mich kriegt niemand mehr hinaus in die Kälte.«
»Das freut mich. Es war schrecklich, die letzten Nächte allein hier zu sein.«
Er küsste sie und sah, wie ihr eine Träne über die Wange rollte.
»Ich wäre gern gekommen, aber ich konnte nicht. Meine Eltern haben mich total unter Druck gesetzt, sogar von Enterbung gesprochen. Und natürlich wusste man nicht, wer hinter dem Mordanschlag steckt.«
»Aber das weià man immer noch nicht ⦠«
»Klar, doch inzwischen sind wenigstens ein paar Tage vergangen. Und dieser Kommissar Rotfux hat versprochen, dass er dein Haus überwachen lässt.«
»Ja, das stimmt.«
Thomas stand auf, zog sich sein Hemd über und sah vorsichtig aus dem Wohnzimmerfenster, welches zur StraÃe lag.
»Tatsache«, sagte er, »da unten steht ein Wagen, in dem die beiden Männer sitzen. Mit denen möchte ich nicht tauschen.«
»Da siehst du, wie gut du es hast«, lachte Sabine und ging ins Bad, um sich frisch zu machen.
Als sie zurückkam, saà Thomas leichenblass auf dem Sofa in der Wohnküche. Sie sah sofort, dass etwas nicht stimmte.
»Was hast du denn?«
Wortlos reichte er ihr den Brief. Auf dem Blatt hatte man mit ausgeschnittenen Zeitungsbuchstaben einen Satz aufgeklebt: âºEin falsches Wort und du bist tot!â¹ Darunter war mit rotem Farbstoff oder Blut ein fünfzackiger Stern gemalt, der auf dem Kopf stand.
»Von wem kann das stammen?«, rätselte Sabine.
»Keine Ahnung! Aber sie wissen, wo ich wohne und es ist ihnen gelungen, den Brief unbemerkt in den Briefkastenschlitz zu werfen.«
7
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Es war noch stockdunkel als Otto Oberwiesner mit seinem VW Passat von der RingstraÃe her kommend in die Ludwigsallee einbog.
»Wir müssen sie total überraschen«, sagte Kommissar Rotfux, der auf dem
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