Blutstern
ich mich erst gewöhnen.«
26
Â
Kommissar Rotfux hatte zu einer Dringlichkeitssitzung eingeladen. Seine Mitarbeiter wussten, was das bedeutete. Sie konnte Stunden dauern.
»Die Sache spitzt sich zu«, mit diesen Worten begann der Kommissar die Sitzung. »Thomas Drucker ist zum Glück wieder aufgetaucht. Er hat herausgefunden, dass Bernhard Flieger sein leiblicher Vater ist. Dessen Rechtsanwalt hat nun allerdings erwirkt, dass Bernhard Flieger gegen Kaution aus der Untersuchungshaft freigelassen wurde.«
»Freigelassen?« Oberwiesner rieb sich verwundert die Augen. »Alles sprach doch gegen ihn. Wenn das kein Fehler ist! Die Indizien sind eindeutig: Das Tatwerkzeug mit seinen Fingerabdrücken, der Jutesack in seinem Gartenhaus â am dringenden Tatverdacht hat sich nichts geändert. Oder gibt es neue Erkenntnisse?«
»Nein, Otto, aber das ist nicht entscheidend. Neben dem dringenden Tatverdacht muss zusätzlich Fluchtgefahr oder Verdunkelungsgefahr bestehen, um jemand in Untersuchungshaft zu behalten. Dies sah der Richter nicht mehr als gegeben an.«
Der Kommissar erläuterte, dass Bernhard Flieger sehr glaubhaft versichert habe, auf keinen Fall Aschaffenburg zu verlassen. Er müsse sich um seine Firma kümmern und seit er einen Sohn habe, sei es ihm doppelt wichtig, dass alles geklärt werde.
»Die Argumentation mit seinem Sohn hat wohl den Ausschlag gegeben. AuÃerdem hat er eine Kaution von 200.000 Euro hinterlegt und seinen Pass abgegeben. Jetzt wird es spannend. Entweder Bernhard Flieger hat tatsächlich nichts mit den Anschlägen zu tun, oder der nächste steht unmittelbar bevor.«
Rotfux stand auf, trat hinter seinen Stuhl und redete im Stehen weiter. »Meine Dame, meine Herren, wir müssen nochmals alles durchgehen. Irgendwo muss der Schlüssel zur Lösung liegen.«
Der junge Seidelmann rutschte unruhig auf seinem Stuhl hin und her, doch diesmal lieà ihn Rotfux nicht zu Wort kommen. Er wollte erst das Grundsätzliche klären.
»Gibt es irgendwelche neuen Erkenntnisse zu den bisherigen Indizien?«
»Die Schmierer vom Altstadtfriedhof scheinen dieselben zu sein, welche die Pentagramme an die Türen der Stiftsbasilika gemalt haben«, brummte Oberwiesner. »Pinselhaare, Art des Pinselstriches ⦠alles identisch, jedenfalls nach den Analysen des LKA.«
»Hatte ich vermutet«, sagte Rotfux leise. »Sonst noch etwas von Bedeutung?«
Gerda Geiger meldete sich zu Wort. »Wir haben durch einen glücklichen Zufall erfahren, dass an Moses Loroupe, den Geschäftsführer von Bamburi Leisure Wear Ltd. in Nairobi, 20.000 Euro durch die Sparkasse Aschaffenburg überwiesen wurden. Seltsamerweise kam das Geld von einem Konto der Firma Leitner-Moden, die aber gar keine Modelle aus Kenia im Programm hat.«
»Ist ja interessant«, brummte Rotfux. »Wie sind Sie darauf gestoÃen?«
»Die Steuerfahndung hat bei der Firma Leitner-Moden ermittelt. Dabei fiel diese Ãberweisung auf, der keine Gegenleistung gegenübersteht.«
»Irgendwelche Erklärungen dafür?«
»Bisher nicht. Es fällt allerdings auf, dass Moses Loroupe einer der Letzten war, mit denen Herr Drucker vor seinem Verschwinden in Kenia Kontakt hatte.«
»Also steckt vielleicht doch dieser Alexander Leitner hinter allem, der von Anfang an hinter Sabine Flieger her war«, dachte Rotfux laut nach.
»Oder hat sogar dessen Vater etwas damit zu tun«, mischte sich Oberwiesner ein, der bereits seine dritte Cola trank. »In einem Interview während der Aschaffenburger Fashion Week hatte er vom Zusammenschluss von Flieger-Moden mit seiner Firma geschwärmt. âºMaintexâ¹ wollte er den neuen Bekleidungskonzern nennen. Er scheint weiterhin von der Verbindung seines Sohnes mit Sabine Flieger zu träumen.«
»Mhmm, wäre möglich«, brummte Rotfux. »Zumal er sogar ein Verhältnis mit Nicole Flieger zu haben scheint.«
»Vielleicht haben die beiden den Verdacht auf Bernhard Flieger gelenkt«, meldete sich Gerda Geiger zu Wort. »Immerhin war es fast zu offensichtlich, dass wir die Tatwaffe vom Mord an Maria Beletto mit Bernhard Fliegers Fingerabdrücken in seinem Gartenhaus gefunden haben. Kein halbwegs normaler Mensch würde die Tatwaffe einfach in seinem Gartenhaus verstecken.«
»Daran habe ich eigentlich von Anfang an nicht geglaubt«, murmelte der Kommissar.
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