Blutstrafe - Thriller
Feierabend machen? Nein, beschloss er und streckte die Hand aus, um das Gerät wieder einzuschalten. Keine Entschuldigung. Sein Cholesterinspiegel schwebte in astronomischer Höhe, ganz zu schweigen davon, dass seine Anzüge wegen der zahlreichen Wohltätigkeits-Dinnerpartys viel zu eng saßen. Leg einfach los, ermunterte er sich. Abgesehen davon, welchen Nutzen hätte er für die Stadt, wenn er einem Herzinfarkt erläge?
Er arbeitete sich gerade wieder zu seiner normalen Geschwindigkeit hoch, als Patrick erneut seinen Kopf durch die Tür schob.
Diesmal drückte der Bürgermeister die Stopptaste, als er zu seinem Mobiltelefon griff.
» Wieder der Commissioner?«
» Diesmal der andere«, antwortete sein Stellvertreter. » Frank Peterson von der Flughafenpolizei.«
Der Bürgermeister warf ihm einen verwirrten Blick zu. Gott, wenn es regnete, dann gleich wie aus Eimern. Der Flughafen-Commissioner? Was wollte der denn jetzt?
» Frank? Hi. Was kann ich für Sie tun?«, begrüßte ihn der Bürgermeister.
» Einer unserer Polizisten, ein junger Kerl namens Tommy Wi, wurde gerade draußen in Teterboro erschossen«, berichtete Peterson in schwermütigem Ton.
Der Bürgermeister schüttelte ungläubig den Kopf, während er vom Laufband stieg. Zuerst eine Entführung und jetzt ein Mord?
» Das ist …«, begann er, fand aber nicht die passenden Worte. » Was ist passiert?«, fragte er stattdessen.
» Kurz bevor Officer Wi erschossen wurde, rief er an und sagte, ein Detective des NYPD habe Zutritt zum Flugplatzgelände verlangt. Zwei Minuten später wurde eine zweimotorige Cessna von zwei Männern entführt. In der Nähe fanden wir ein ziviles Polizeifahrzeug, in dem ein kleines Mädchen saß. Sie sagte, ihr Papa sei Detective Mike Bennett.«
Patrick betrat den Raum mit einem anderen Mobiltelefon in der Hand. » Herr Bürgermeister, es ist sehr wichtig.«
Himmel, noch ein Anruf? Er hatte nur zwei Ohren.
» Entschuldigen Sie, Frank, können Sie kurz dran bleiben?«, bat er den Commissioner der Flughafenbehörde und tauschte mit Patrick die Telefone.
» Hallo, Bürgermeister Carlson«, meldete sich eine forsche Stimme. » Tad Billings hier, stellvertretender Direktor vom Heimatschutz. Haben Sie schon von der Flugzeugentführung in Teterboro gehört?«
» Man versucht gerade, mich zu unterrichten«, erwiderte Carlson kurz angebunden.
» Die Bundesluftfahrtbehörde hat über dem Hudson die Cessna aufgespürt. Sie fliegt stadteinwärts, Richtung Osten. Eine F-15 vom Luftwaffenstützpunkt McGuire in Süd-Jersey ist schon auf dem Weg.«
» Was? Eine F-15?«
» Das verlangen die gesetzlichen Bestimmungen des Bundesministeriums für Heimatschutz«, erklärte Billings. » Teterboro hat mit der Bundesluftfahrtbehörde gesprochen, die wiederum mit der Nordamerikanischen Luftabwehr. Die Luftabwehr hat einen Jet mobilisiert. Ich habe eben noch mit General Hotchkiss telefoniert. Der Jetpilot ist befugt, die Cessna abzuschießen.«
» Das können Sie nicht ernst meinen. Wir gehen davon aus, dass sich ein Polizist an Bord befindet, ein Detective der Mordkommission des NYPD. Er wurde als Geisel mitgenommen!«
» Die Luftwaffe weiß darüber Bescheid. Sie versucht Funkkontakt herzustellen. Wir müssen jedoch berücksichtigen, dass die Zeit sehr knapp und der Entführer äußerst unberechenbar ist. Es handelt sich um eine maßgebliche Bedrohung für die gesamte Stadt, Sir. So grausam es auch klingen mag und so ungern wir ein unschuldiges Leben aufs Spiel setzen möchten, müssen wir uns leider aufs Schlimmste vorbereiten.«
Und er hatte sich wegen eines Herzinfarkts Sorgen gemacht? Ein Herzinfarkt wäre nichts im Vergleich zu diesem unübertreffbaren Wahnsinn.
» Wird unser Gespräch aufgezeichnet?«, fragte der Bürgermeister schließlich.
» Ja.«
» Dann lassen Sie mich für das Band festhalten, dass ihr alle ein Haufen herzloser Schweine seid.«
» Das nehmen wir in gebührender Weise zur Kenntnis«, erwiderte Billings, ohne zu zögern. » Ich sorge dafür, dass Sie auf dem Laufenden gehalten werden.«
94
Die F-15 Strike Eagle war etwas mehr als einen Kilometer vom Luftwaffenstützpunkt McGuire entfernt, als der Pilot, Major James Vickers, die Nachbrenner aktivierte. Saphirblaue Flammen schossen aus den Düsen der Pratt-and-Whitney-F100-Motoren, während unter ihm New Jersey wie ein auf höchste Geschwindigkeit geschaltetes Laufband abrollte.
Dreißig Kilometer südlich von Trenton war der Luftwaffenstützpunkt
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