Bluttaufe: Thriller
festgeklebt wurden?«, fragte der Abteilungsleiter.
»In Deutschland bisher noch nicht vorgekommen.«
»Mit wem haben wir es hier zu tun?«, fragte Wirch.
»Dafür ist es zu früh, aber …«
»Jetzt kommt’s«, unterbrach Weitz die Psychologin. Kaja Winterstein warf ihm einen strafenden Blick zu, ließ sich jedoch nicht irritieren.
»Wenn man dafür sorgt, dass jemand die Augen nicht mehr schließen kann, dann soll das Opfer zusehen.«
»Supertoll«, sagte Weitz und wurde jetzt mit einem Blick von Hensen zum Schweigen gebracht.
Kaja Winterstein fuhr fort.
»Die Augen verschließen … vor etwas verschließen. Es
gibt Fälle in den USA, da wurden Opfern die Lider weggeschnitten, eben aus genau diesem Grund. Das gehört zum Ausleben der Fantasie der Täter. Die Opfer sollen sehen, was mit ihnen geschieht, sehen, was mit dem Täter passiert. Außerdem gibt es für die Täter einen zusätzlichen Kick, wenn sie die Angst in den Augen ihrer Opfer sehen.«
»Das zeigt uns noch keinerlei Motive«, sagte Mangold.
»Das hab ich auch nicht behauptet«, sagte Kaja Winterstein. »Nach einer ersten Einschätzung deutet das Entkleiden der Leiche auf so etwas wie Unschuld hin, die festgeklebten Augenlider wiederum auf das Gegenteil. Möglich auch, dass er ihr den Tod zeigen will oder das neue Leben, das am Ende des Tunnels auf sie wartet.«
Weitz rutschte unruhig auf seinem Stuhl.
Kaja Winterstein räusperte sich und senkte die Stimme.
»Wenn ich gesagt habe, dass es keine vergleichbaren Fälle gibt, dann ist das nicht ganz richtig.«
»Will heißen?«, fragte der Abteilungsleiter.
»International kann man da schon fündig werden.«
»An wen denken Sie?«, fragte Wirch.
»Bundy, Ted Bundy, ein amerikanischer Serienkiller.«
Hensen blickte kurz zu Mangold.
»Und dieser Bundy ist jetzt auf Hafturlaub in Deutschland und tobt sich hier aus, oder wie soll ich das verstehen?«, fragte Wirch.
»Bundy ist tot. Vor einigen Jahren hingerichtet«, sagte Hensen.
»Der Täter kannte also seine Vorgehensweise«, sagte Wirch zu Winterstein. »Wollen Sie das damit sagen?«
»Sicher, aber das ist nicht die Frage.«
»Sondern?«
»Warum kopiert unser Täter diesen Bundy? Was ist sein Motiv?«
Wirch schlug mit der flachen Hand auf den Tisch.
»Auffallen, Schlagzeilen machen. Hört zu, liebe Leute, ich zeig euch mal, was die richtigen Monster so können, ich zeig euch mal, wie es in Amerika, im Land of Glory und Horror so zugeht.«
»Er will es besser machen als Bundy«, sagte Kaja Winterstein. »Er will ihn verfeinern, zumindest deutet viel darauf hin.«
Hensen blickte sie und dann Mangold an und nickte.
»Sie meinen, er macht weiter? Das war nur der Anfang?«
»Mit großer Wahrscheinlichkeit. Vielleicht war es auch schon der zweite Akt«, sagte Kaja Winterstein.
»Was meinen Sie mit ›Der zweite Akt‹?«, wollte Wirch wissen.
»Vielleicht wurden andere Opfer nicht gefunden«, antwortete Kaja Winterstein. »Und zur Wahrscheinlichkeit weiterer Taten: Es sieht nicht so aus, als könnte er aufhören. Im Gegenteil, die Brutalität deutet auf einen Startschuss hin.«
»Sicher sind Sie aber nicht?«, sagte Wirch.
»85 Prozent. Er wird sich steigern wollen. Serientäter schrauben weiter, eine neue Umdrehung, dann noch eine. Wann er die nächste Dosis braucht, ist unklar.«
»Aber er kopiert, macht nach«, sagte Wirch.
»Leider nicht so außergewöhnlich. Zumindest nicht für die USA. Durch Medien bekannt gewordene Serienkiller wurden fast immer von Nachahmungstätern kopiert.«
»Beispiel?«, fragte Wirch.
»Der Zodiac-Killer. Lief mit einer mittelalterlichen Henkersrobe und Kapuze herum und trug das Zodiac-Zeichen auf der Brust.«
»Zodiac-Zeichen?«, fragte Tannen.
»Ein Kreis mit einem Kreuz, sieht ein wenig aus wie das Fadenkreuz. Also, der Killer wurde kopiert von Heriberto Seda. Auch er hat Liebespaare oder junge Frauen umgebracht und sich, nachdem man ihn festgenommen hatte, zu seinem Vorbild bekannt. Der Zodiac-Killer hat es auf sieben bis 37 Morde gebracht.«
Wirch sah sie fassungslos an.
»Was soll das heißen, sieben bis 37 Morde?«
»Die erste Zahl ist die offizielle Verlautbarung der Polizei, von 37 Morden hat der Täter selbst in seinen Briefen an die Presse geschrieben.«
»Der hat mit der Presse Kontakt gehalten? Großer Gott, da können wir uns ja auf was gefasst machen«, sagte Wirch. »Das darf auf keinen Fall passieren. Wir müssen mit den Chefredakteuren reden.«
Hensen sah von seiner
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