Bluttaufe: Thriller
Verstümmelte Leichen, groteske Spuren, Verletzungen im Genitalbereich, ja, vielleicht war die Anordnung der Leichenteile Carla Kanuks ein Hinweis auf den Genpfusch, bei dem ja auch menschliche Erbinformationen fröhlich zusammengewürfelt wurden. Sicher, es war nur eine Idee, aber die Hinweise verdichteten sich. Und so interpretiert ergaben sie einen Sinn.
Er fand sofort einen Parkplatz vor dem Krankenhaus. Komplizierter war es schon, jemanden aufzutreiben, der ihm Auskünfte über Genforschung geben konnte. Als er einen Mann aus der Forschungsabteilung fragte, winkte der ab.
Nein, Experimente mit genmanipulierten Stammzellen gebe es hier ebenso wenig wie etwaige Probanden, an denen Versuche unternommen würden. Im Übrigen werde
das genauestens kontrolliert und sei in nahezu allen Ländern gesetzlich sehr streng geregelt. Vieles sei schlicht verboten.
Sicher waren da die angeblichen Klonexperimente eines italienischen Arztes. Ob denn die Pharmaindustrie derartige Genmanipulationen am lebenden Objekt, etwa bei der künstlichen Befruchtung, vornehme? Der Assistent schüttelte den Kopf. Davon sei ihm nichts bekannt, außerdem müssten auch in diesem Fall die dortigen Forschungsabteilungen mit den Krankenhäusern zusammenarbeiten. Nein, dass etwas im Hinterstübchen von einem Forscherteam zusammengerührt werde, das halte er für absolut abwegig.
In der Genforschung bei Pflanzen sei es allerdings durchaus üblich. Da werde experimentiert, was das Zeug halte. Es gehe um Milliarden, doch Freilandversuche seien auch nur eingeschränkt erlaubt worden. Von Krankheiten durch genveränderten Mais, Zuckerrohr oder Getreide habe er bislang noch nichts gehört. Wenn diese genveränderten Pflanzen tatsächlich das Erbgut beeinflussen würden oder toxische Wirkungen hätten, dann würde das - und das sei ja gerade das Perfide - erst nach Jahren in Erscheinung treten.
Von Einzelnen, die gegen Pharmakonzerne klagten, weil sie glaubten, durch Genmanipulation erkrankt zu sein, wisse er nichts.
»Und glauben Sie mir, sollte es jemanden geben, der glaubt nachweisen zu können, er sei durch genveränderte Lebensmittel erkrankt, dann werden Sie das in dicken Lettern in der Zeitung finden.«
Andererseits gebe es sich rasch radikalisierende Gruppen, die weltweit gegen Genversuche auf die Barrikaden
gingen. Ein Grund, warum viele der Pharmakonzerne bei ihren Versuchsanbauflächen auf afrikanische, südamerikanische und asiatische Länder auswichen.
Tannen machte sich auf den Rückweg ins Präsidium. Nein, das war kein vorzeigbares Ergebnis. Die einzige Chance bestand darin, übers Internet in den Zeitungsarchiven zu suchen. Möglich, dass sich der Täter in einem Leserbrief zu Fehlleistungen der modernen Gentechnik geäußert hatte. Vielleicht auch in einem Blog. Es wäre nicht das erste Mal, dass sie auf einen Täter aufmerksam wurden, weil der versucht hatte, seinem Ärger Luft zu machen. Ein sich auswirkender Gendefekt - und selbst wenn der Täter sich das nur einbildete - wäre ein Motiv, das die Ausführung und das Tatortbild erklären konnte. Das war sicher.
Auf dem Flur des Präsidiums stieß er fast mit einem Pizzalieferanten zusammen, der acht flache Kartons vor sich her balancierte.
»Wie kommen Sie denn hier rein?«, fragte Tannen. Der Mann grinste ihn an. Tannen war sich nicht sicher, ob der ihn überhaupt verstanden hatte. Der Mann hatte indische oder pakistanische Gesichtszüge und war so dürr, dass der orangefarbene Overall um seinen Körper schlackerte.
Tannen war dann doch überrascht, als der Mann in einwandfreiem Deutsch sagte: »Ich klingelte und es wurde mir geöffnet.«
Es klang, als hätte er den Satz auswendig gelernt.
Er lachte gluckernd und zeigte dabei einen goldenen Eckzahn. Dann stellte er die Packungen auf den Boden und zog den Passierschein, den der Pförtner ihm ausgehändigt hatte, aus der Hosentasche.
»Hier, Commandante.«
»Schon gut, wer hat die bestellt?«
Der Pizzabote blickte auf die Packungen auf dem Boden und sagte: »Acht Pizza … Margherita, Quattro stagioni, Vegetarisch, Salami, Schinken und alles zweifach für Signora Kaja Winterstein.«
»Drei Türen weiter«, sagte Hensen und deutete den Flur entlang.
»Yes, Sir«, sagte der Mann, legte den Finger an die Stirn, als wollte er militärisch grüßen.
Kein schlechter Einstand von dieser Winterstein. Auch er hatte seit dem Morgen nichts mehr in den Magen bekommen.
Tannen öffnete seine Bürotür. Sein Schreibtisch samt
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