Bluttaufe: Thriller
hoch.
»Vassili, alithia ine, avto ine ena cheri«, und dann an Hensen gewandt: »It’s really the hand from a person.«
Diesem geisteskranken Genie war nicht zu trauen. Marc Weitz sah zu Sienhaupt hinüber, der fröhlich und nur von Kicher- und Gurgellauten unterbrochen auf sein Laptop einhackte. Immer wieder strich er sich mit dem Handrücken über das Gesicht, wobei seine goldumrandete Brille in immer neue schiefe Positionen geschoben wurde. »Lustig«, murmelte Weitz abschätzend.
Er dachte an die Gruppe von Bettlern, die er hochgenommen hatte, als er noch eng mit der Ausländerbehörde zusammengearbeitet hatte. Die waren auf Krücken und mit abgeknickten Füßen durch die Innenstadt gehumpelt und hatten mit dieser Mitleidstour den Leuten das Geld aus der Tasche gezogen. Anschließend hatten sie die Almosen an einen Schleuser übergeben, der die Leute aus Rumänien angekarrt und angelernt hatte.
Es war unmöglich, dass dieser Sienhaupt Windeln benötigte und innerhalb weniger Stunden mit Computern und dem Internet umgehen konnte, als sei es das Selbstverständlichste von der Welt. Er glaubte nicht daran. Wie sollte der sonst wissen, wie eine Webseite aufgebaut war und wie man Programme schrieb?
Außerdem gab es noch etwas, was Peter Sienhaupt in den Kreis der Verdächtigen rückte. Es gab in Deutschland nur eine Handvoll dieser angeblich Hochbegabten, bei denen ein Teil des Hirns ausgeknipst war und deren noch aktive Hirnregionen auf hohen Drehzahlen liefen.
Im norddeutschen Raum gab es eben nur Sienhaupt und einen Typen, der so durch war, dass er in einem Wohnheim untergebracht war und dort angeblich Nacht für Nacht Jazzstücke komponierte.
Sicher ging dieser Sienhaupt nicht allein zu Werke. Er musste Hilfe haben, doch auch das war kein Problem. Durchgedrehte Typen, die scharf darauf waren, der Polizei eins reinzuwürgen, gab es genug.
Das Internet spuckte über Sienhaupt eine ganze Reihe von Informationen aus. Seine Spezialität waren die Rechenkünste, mit denen er Wissenschaftler immer wieder verblüffte.
Man hatte sein Hirn beim Rechnen unter dem Magnetresonanztomografen beobachtet und die Hirnareale bestimmt, die an diesen Rechenoperationen beteiligt waren. Es hatte öffentliche Auftritte vor Studenten und Schülern gegeben, und dreimal war der Mann sogar in die USA geflogen worden, um sich untersuchen zu lassen. In diesem Land musste man nur ausreichend beknackt sein, um zur Berühmtheit aufzusteigen.
Informationen über einen Kontakt Sienhaupts zu anderen Savants gab es nicht. Aber diese Leute trafen sich schließlich bei all diesen tollen Untersuchungen.
Weitz las sich durch Medizinratgeber, die Eltern einen Zehnpunkte-Fragebogen servierten, mit denen sie feststellen
konnten, ob ihr Kind unter Autismus und vielleicht auch unter dem Savant-Syndrom litt. Immer wieder wurde die Frage in Wissenschaftsblogs diskutiert, was denn diese besonderen Savant-Fähigkeiten für die moderne Hirnforschung bedeuteten. Unterschiedlichste Theorien waren im Umlauf. Mit angeblich vorhandenen Spiegelneuronen sollte die Krankheit zu tun haben, einer Abtrennung von Hirnregionen, dann wieder mit besonderen Verästelungen, die diese erstaunlichen Fähigkeiten möglich machten.
Fest stand, dass einige dieser Savants ihre Fähigkeiten erst nach einem Unfall entwickelten. Bekannt war ein Mann, der zum »Inselbegabten« wurde, nachdem ihm ein Baseball gegen die Birne geknallt war.
Er hatte es ja gleich gewusst, diese Leute hatten einen Schaden.
Hensen wurde durch eine Tür der Polizeidienststelle in Rhodos-Stadt geführt und stand plötzlich in einem schattigen Atrium. Vom Straßenlärm war nichts mehr zu hören. Dafür wurde das aufgeregte Zwitschern der Vögel durch das leicht gewölbte Dach des Gebäudes verstärkt.
»Kostas. Ich bin heute Ihr Fremdenführer«, sagte der griechische Polizist und reichte ihm die Hand.
Seine Haare waren ordentlich frisiert und er trug ein leicht durchgeschwitztes, kurzärmeliges Hemd. Eine Erscheinung, die mehr zu einem Bankbeamten als zu einem Polizisten passte. Mit seinen dunklen Augen blickte er ihn freundlich an.
Hensen schätzte die Temperaturen auf gut und gerne 35 Grad.
»Es tut mir sehr leid, aber wir mussten zunächst alles mit Ihrer Hamburger Dienststelle klären.«
»Ich bin da nur Berater«, sagte Hensen, der sich über das perfekte Deutsch des Polizisten wunderte.
»Alles in Ordnung. Ihr Chef möchte, dass Sie sich die Tote ansehen, zu der diese
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