Bluttaufe: Thriller
die von uns gefundenen Abdrücke vom Ausschnitt her absolut identisch sein mit dem, was wir in der Wohnung vorgefunden haben. Erkennbare Spuren des Aufdrückens, verschwommene Stellen …«
»Und?«, sagte Mangold.
»Sind sie aber nicht. Die Fingerspuren im Zimmer von Leonie Winterstein passen zu Sienhaupt, sind aber nicht hundertprozentig identisch mit dem, was wir in der Datenbank haben.«
»Dann muss er sie sich auf andere Weise besorgt haben«, sagte Mangold. »Tannen, Sie überprüfen, wer diese Antonia Ahrens ist und wo wir sie finden. Wieso haben wir überhaupt ihre Abdrücke?«
»Mehrfachtäterin. Vorbestraft wegen Diebstahl und Betrug«, sagte Lars König.
»Auch Einbruch?«
»Steht nicht im Vorstrafenregister.«
»Überprüfen Sie das, und treiben Sie die Dame auf. Ich fahre zu Sienhaupt. Ich wette, dass Schneeweißchen in der Wohnung von Kaja Winterstein war. Und das ist keine gute Nachricht.«
Die Metalltafel mit den Klingelknöpfen war herausgerissen und lose Kabelenden wippten in der Zugluft. Marc Weitz sah auf die verschmutzte Türklinke und drückte dann die Eingangstür des Mietshauses in Altona mit seinem
Ellenbogen auf. Das Treppenhaus roch nach Urin. An den Wohnungstüren im ersten Stock prangten Graffitis.
Das bronzene Türschild »Annand, Kraus, Petersen« fand er im dritten Stock. So wohnen also Schwuchteln, dachte Weitz und drückte mit dem Handrücken auf den Klingelknopf. Fehlte noch, dass er sich hier was wegholte.
»Nun mach doch mal die Tür auf, Waltraud«, flötete eine männliche Stimme hinter der Tür.
Ein junger Mann in einem Muskelshirt und Boxershorts öffnete und sah ihn strahlend an.
»Meine Güte, wenn ich das gewusst hätte … Sie wollen zu mir, stimmt’s? Sie sind ein Lotteriegewinn und machen heute Nacktputzen?«
Weitz drängte ihn zur Seite und betrat den Flur.
»Hoppla«, sagte der junge Mann.
Die Wohnung war der völlige Kontrast zum äußeren Erscheinungsbild des Mietshauses. Der Flur mit einem edlen Holzparkett ausgelegt, an den Wänden verchromte Armaturen und ein leuchtend rotes Sofa. Von der Decke hing ein vergoldeter Engel, der über drei tropfenförmigen Lampeneinfassungen schwebte. An den Wänden eine Frau mit Pagenfrisur und Zigarettenspitze. Weitz blickte in eines der Zimmer. Teure Antiquitäten und ein riesiges Bett mit einer lilafarbenen Decke aus Samt.
»Gefällt Ihnen unser kleines Belle-Époque-Museum?«, fragte der junge Mann. »Tolles Bett, was?«
»Vielleicht wollen Sie mal’ne Pritsche in unserem Untersuchungsgefängnis kennen lernen. Da sollten Sie dann aber eine große Tube Vaseline mitnehmen. Gibt es hier so etwas wie einen Haushaltsvorstand?«
»Waltraud, kommst du mal?«
Aus einem hinteren Zimmer kam ein etwa vierzigjähriger Mann in den Flur.
»Ja?«
»Die Polizei ist im Haus, und was für ein strammer Kerl, meine Güte.«
Der Mann, der ihn fragend ansah, hatte kurz geschnittene, leicht ergraute Haare und kantige Gesichtszüge. Seine Tränensäcke waren geschwollen.
»Sie kommen wegen Charly. Wir haben Ihren Kollegen alles gesagt, was wir wissen.«
»Sie waren der Freund von Charles Annand?«
»Wir waren verheiratet.«
»Schön, dann kennen Sie sich im Leben Ihres toten Ehemannes ja aus.«
Der Mann, der sich als Ralf Petersen vorstellte, winkte ihn in sein Zimmer. Auch hier war alles picobello aufgeräumt. Auf dem Schreibtisch standen zwei große Bildschirme, davor eine Tastatur.
»Sie arbeiten zu Hause?«
»Ich bin Architekt. Möchten Sie einen Kaffee?«
»Ich möchte ein paar Auskünfte.«
»Ich hoffe, dass Sie dieses Schwein schnell erwischen.«
»Schon klar. Also ich möchte wissen, ob Ihr Freund in letzter Zeit Schwierigkeiten hatte oder schlecht drauf war.«
Ralf Petersen dachte kurz nach und machte eine verneinende Geste.
»War er zurückhaltender als sonst? Verschlossener?«
»Er hatte gute und schlechte Tage. Wie jeder andere auch.«
»Hatte er Angst?«
»Angst?«
»Könnte es sein, dass Ihr Freund jemanden angesteckt hat?«
»Wieso angesteckt?«
»Aids.«
»Charles hatte kein Aids und auch keine anderen Krankheiten, das wüsste ich.«
»Damit geht man nicht hausieren.«
»Haben Ihre Gerichtsmediziner das festgestellt?«
»Kein Kommentar«, sagte Weitz, der sich daran erinnerte, dass im Autopsiebericht nichts über Aids gestanden hatte.
»Ist Ihr Freund jemandem zu nah gekommen?«
»Wir haben eine monogame Beziehung geführt, wenn Sie das meinen.«
»Keine Fummelkinos, Darkrooms oder
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