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Bluttaufe: Thriller

Titel: Bluttaufe: Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Koglin
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Kellner ein Bier und blätterte in seinen Skizzen. Er gähnte. Die Fahrt von Malaga nach Tarifa war anstrengend gewesen. Er hatte die knapp 200 Kilometer an die Südspitze des europäischen Festlandes
mit einem Mietwagen bewältigt. Auch die Aussicht aus dem Wagenfenster war trostlos. Weit über hundert Kilometer hatte er neben sich nichts anderes gesehen als gewaltige Hotelburgen. Eine Beton-Skyline ohne die geringste Lücke, die den Blick zum Meer freigegeben hätte.
    »Wie viel wiegt Anna?« Wieder eines dieser Rätsel, die sich letztendlich zu einem Gesamtbild zusammenfügen würden. Aber wie viele Opfer würde es bis dahin geben?
    Der Täter würde es genießen, ihnen vor Augen zu führen, wie dicht sie dran gewesen waren. Er schaffte Unordnung und Verwirrung, und doch zeigten die Bezüge zum da Vinci-Foto, dem Dante-Zitat oder zur Hand in der Burgmauer von Rhodos einen fast religiösen Eifer.
    »Wie schwer ist Anna?«
    Hensen blätterte seine Skizzen durch. Er besah sich die Zeichnungen, die er von den Opfern gemacht hatte. Auch seine missglückten Versuche, die Körperteile wirklich so darzustellen, wie sie vorgefunden wurden. Sein Gehirn machte aus den grotesk verstreuten Extremitäten immer wieder ganze Körper. Unversehens war ihm ein Oberarm zu einem Körper gerutscht, der Kopf zu dicht am Hals gezeichnet.
    Gott liegt im Auge des Betrachters, dachte er. Dann zog er den Ausdruck des Letzten Abendmahls heraus, den ihnen der Täter geschickt hatte.
    Warum hatte er den Jünger Johannes oder eben auch Maria Magdalena durchgestrichen? Genau betrachtet war es kein Durchstreichen, kein Auskreuzen. Die unbeholfenen Striche ähnelten einem aufrecht stehenden Kreuz, das vor der Figur, ja, vor dem Tisch stand. Maria Magdalena oder Johannes, Verfasser des vierten Evangeliums und der Bibel nach der »Jünger, den Jesus liebte«.

    Genau das hatte einige Historiker auf die Idee gebracht, dass gar nicht Johannes, der im Evangelium nicht mit Namen genannt wurde, sondern Maria Magdalena gemeint sein könnte. Auch da Vinci hatte in seinem Gemälde mit Sicherheit darauf angespielt. Theorien, die selbst in Kriminalromanen weidlich abgefeiert wurden.
    Der vermeintliche Johannes zur Rechten Jesu sah mit seinen langen Haaren und weichen Zügen aus wie eine Frau. Im Unterschied zu den anderen Aposteln. Hatte sich der Meister die Freiheit genommen, die Bibel wieder an seine Urform anzugleichen? Für den Täter, den sie jagten, musste dies von Bedeutung sein. Oder machte er Witze über den vermeintlichen da Vinci-Code?
     
    Hensen bezahlte seinen Kaffee und schob die Skizzen in den Ordner.
    Er schlenderte die Hafenmole entlang zum nahe gelegenen Strand. Auflandiger Wind trieb den safrangelben Sand auf die Mole.
    »Hast du Tarifa gemacht?«, stand auf einem Plakat, das im Fenster eines alten VW-Busses klebte. Der Besitzer musste zu den Kite-Surfern gehören, die sich mithilfe eines Segels durch die Gischt pflügen ließen.
    Hensen blieb stehen und blickte auf das Meer. Immer wieder schossen die Kite-Surfer auf ihren Brettern meterhoch aus dem Wasser. Die meisten von ihnen trugen Neopren-Anzüge. Er hatte gelesen, dass Tarifa unter den Surfern als äußerst anspruchsvoll galt. Nicht selten wurden die akrobatischen Leistungen mit Knochenbrüchen belohnt.
    Auch die Winde, die rasch wechselnd vom Atlantik oder dem Mittelmeer kommend gegen das Land schlugen, waren
nichts für sensible Gemüter. Ein immerwährender Fön, der Kopfschmerzen und finstere Gedanken in die Köpfe jagte.
    Der von der Sahara herüberwehende Levante löste sich mit dem kühleren Poniente ab, der vom Atlantik blies. Immerhin, der Wind sorgte dafür, dass es hier keine größeren Touristenhotels gab. Auch ein netter Strandurlaub war wegen des meist starken Wellengangs nicht möglich. Tarifa, das war Surfer-Land.
     
    Hensen durchquerte eine kleine Gasse am Hafen. Unvermittelt stand er vor einem Verkehrsschild, das unter einem Linksabbiegerpfeil »Afrika 14 km« verkündete.
    Im Schaufenster eines Geschäfts wurde Whalewatching mit hundertprozentiger Sichtgarantie angeboten. Hier, in der Meerenge von Gibraltar, zogen Delfine, Tümmler, Orcas, Grind-, Pott- und Finnwale Richtung Mittelmeer. Wer das Ticket für eine Begegnung mit den sanften Riesen lösen wollte, wurde allerdings darauf aufmerksam gemacht, dass die Besucher »Seefestigkeit« und »wasserabweisende Kleidung« mitbringen sollten. Das abgebildete Boot sah eher aus, als könnte es für Kaffeefahrten auf der

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