Bluttaufe: Thriller
von Peter Sienhaupt. Der Mann an der Rezeption deutete zum Fahrstuhl.
»428, vierter Stock.«
Der uniformierte Beamte saß vor der Tür, auf den Knien ein aufgeschlagenes Buch.
»Alles ruhig?«, fragte Mangold.
»Sienhaupt und seine Schwester haben das Hotel nicht verlassen«, sagte der Beamte.
Bevor Mangold klopfen konnte, öffnete Ellen Sienhaupt die Tür.
»Hellhörig, die Zimmer. Peter mag das gar nicht.«
Sie deutete auf ihren Bruder, der vor dem Fenster auf einem Stuhl saß und die Schiffe beobachtete, die im Hafenwasser vorbeischaukelten.
»Bitte seien Sie ganz ehrlich«, sagte Mangold. »Hat Ihr Bruder ein Notebook? Eine Verbindung zur Außenwelt?«
»Ich sagte Ihnen doch schon, dass es neu für ihn war. Wie neu, das haben Sie ja miterlebt.«
»Es lag weniger am Computer als an demjenigen, mit dem er zu tun hatte. Also kein Computer?«
Ellen Sienhaupt schüttelte den Kopf. Sie räumte einen Stapel Bücher vom Sofa und bot ihm Platz an.
Peter Sienhaupt hatte seine Lieblingsbücher mit auf die Reise genommen. Auf Tischen, Stühlen und Boden lagen Autoatlanten, Feldkarten, Sportbücher, das Hamburger Telefonbuch, das Guinnessbuch der Rekorde und eine umfangreiche Sammlung mathematischer Formeln.
Sienhaupt selbst nahm keine Notiz von Mangold, sondern beobachtete weiter das Treiben im Hafen.
»Das mit dem Kontakt zur Außenwelt kann ich natürlich nicht garantieren.«
»Wie?«
»Ich hab Ihnen ja schon gesagt, dass er etwas vor mir versteckt und manchmal sehr lange im Badezimmer bleibt.«
Sie beugte sich an sein Ohr und sagte: »Ich glaube, es ist ein Handy.«
»Sie haben ihn damit telefonieren gehört?«
Ellen Sienhaupt schüttelte den Kopf.
»Peter telefoniert nicht gern. Er will sein Gegenüber sehen.«
»Kann ich einen Blick auf das Handy werfen?«
»Versuchen Sie Ihr Glück.«
Mangold stellte sich direkt hinter Peter Sienhaupt:
»Würden Sie mir Ihr Handy leihen? Ich müsste mal telefonieren.«
Sienhaupt summte etwas und fixierte einen Schlepper, der sich durch das Elbwasser arbeitete.
»Sie halten ihn für blöd, nicht wahr?«, sagte Ellen Sienhaupt. »Er lebt zwar in seiner eigenen Welt, aber blöd ist er nicht.«
»Herr Sienhaupt, es ist dringend. Haben Sie Nachrichten verschickt? Im Auftrag von jemand anderem? Wir müssen das wissen. Es geht um Menschenleben, ich bitte Sie.«
Peter Sienhaupt wippte auf seinem Stuhl vor und zurück. Gerade als Mangold sich zu Ellen Sienhaupt umdrehte, um ihr mitzuteilen, dass er ihren Bruder auch gegen seinen Willen durchsuchen würde, streckte Sienhaupt die Hand aus.
»Und was soll jetzt das?«
Sienhaupt wedelte mit der Hand und hielt sie dann wieder ruhig.
Ellen Sienhaupt lachte.
»Dumm ist er nicht. Wenn ich das richtig verstehe, will er mit Ihnen ein Tauschgeschäft machen.«
Widerwillig zog Mangold sein brandneues Handy aus der Tasche und legte es in Sienhaupts Hand. Der Savant ließ das Ziffernfeld rausgleiten und roch an dem großen Display. Dann verstaute er es in seiner Jackentasche und zog sein eigenes Handy heraus.
Mangold sah sofort, dass an dem preiswerten und bestimmt fünf Jahre alten Modell manipuliert worden sein musste.
Den Kratzspuren nach war das Gehäuse mehrfach geöffnet worden.
Mangold drückte zwei Ziffern, und auf dem Display erschien
eine achtstellige Zahlenfolge. Dann leuchtete auf dem Display die Begrüßungsseite des Kernforschungszentrums Jülich auf.
Er schaltete das Handy aus und ließ es in die Tasche gleiten. Darum sollten sich die Techniker im Präsidium kümmern.
Peter Sienhaupt blickte noch immer aus dem Fenster und schien vollkommen zufrieden mit sich selbst zu sein.
»Können wir wieder nach Hause?«, fragte Ellen Sienhaupt.
»Ich verstehe, dass dies eine ungeheure Belastung ist, aber wir brauchen Ihren Bruder noch. Er hat Kontakt mit einem sehr gefährlichen Menschen. Gut möglich, dass er der Schlüssel zu diesem Mann ist.«
Ellen Sienhaupt sah ihn angriffslustig an.
»Ich lasse nicht zu, dass Peter etwas zustößt.«
»Keine Sorge, nur müssen wir wissen, was zwischen den beiden ausgetauscht wurde.«
Ellen Sienhaupt nickte.
Mangold überlegte, ob er sein Handy zurückfordern sollte. Anderes war jetzt wichtiger. Glücklicherweise hatte er es schnell ausgeschaltet und selbst Sienhaupt würde einige Zeit damit verbringen, den Code zu knacken.
Vor der Zimmertür versprach er dem wartenden Polizisten die Ablösung in einer Stunde.
»Wie viel wiegt Anna?«
Hensen bestellte sich beim
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