Bluttaufe: Thriller
Ostsee gebucht werden. Die Anbieter verstanden sich als »Aktivisten des sanften Ökotourismus«.
Hensen betrat eine Kathedrale, die so aussah, als hätte man sie aus einem in Mexiko spielenden Western geklaut und hierhergepflanzt.
Altstadt, Burg und Hafenanlagen von Tarifa hatte der Kalif von Córdoba im 10. Jahrhundert errichtet, um den Piraten Einhalt zu gebieten, die in der Meerenge ihr Unwesen trieben. So hatte es Hensen in einem Prospekt
des Tourismusbüros gelesen, das in seinem Hotel auslag.
Die Heiligen in der Iglesia de San Mateo starben den Märtyrertod. Blut schoss in Fontänen aus dem Herzen Jesu, Blut ergoss sich über die Umhänge der Apostel und Blut rollte als Tränen aus den Augen.
Mit Blut schrieb auch ihr Savant seine Lebensgeschichte um.
Als Hensen die kühle Kirche verlassen hatte, setzte er sich in ein Internet-Café, nahm Platz vor einem Computerschirm, loggte sich ein und sah zunächst flüchtig auf den Platz neben sich. Das war nicht möglich, ganz ausgeschlossen! Er wandte sich verblüfft um.
»Wollen Sie was von mir?«
»Wie um Himmels willen kommen Sie hierher? Das gibt es doch gar nicht!«
Tannen starrte auf die Liste von Serientätern, die ihm Kaja Winterstein zusammengestellt hatte. Nie hätte er gedacht, dass so viele hochgefährliche Killer in den Strafanstalten einsaßen. Menschen, die nie wieder freikommen durften.
Er verstand jetzt auch, warum Kaja Winterstein darum gebeten hatte, bei ihren Recherchen auf Vorkommen von Tierquälerei zu achten. Nahezu die Hälfte der Täter war bereits im Kinder- oder Jugendalter aufgefallen, weil sie sich als bestialische Sadisten hervortat.
Die Macht, die sie später als Täter über Menschen auskosteten, wurde zunächst im Kleinen erprobt.
Tannen betrachtete das Foto eines jungen Mannes, der
versucht hatte, seine zwei minderjährigen Opfer bei lebendigem Leib mit einem Teppichmesser zu häuten.
Kaja Winterstein hatte sich in den Gesprächen, die sie mit Serientätern im Gefängnis geführt hatte, auch mit deren Gewaltfantasien beschäftigt. Schonungslos offen hatten einige die Bilder ausgebreitet, die sie umtrieben. Immer ging es um Erniedrigung.
»Lass dich auf den Täter ein«, hatte seine Freundin Joyce gesagt. Sie hatte keine Ahnung, was sie da von ihm verlangte. Hielt er nicht einen gehörigen Abstand, wer weiß, vielleicht erwiesen sich diese Fantasien als ansteckend. Überraschend war die Art, wie die Täter über sich redeten. Wie erstaunte Kinder, die davon berichteten, dass sie die Sandburg des Nachbarkindes zertreten hatten. Immer schwang dieses »Wie konnte ich das tun, sagen Sie’s mir?« mit.
»Ich darf nie wieder freikommen«, hatte einer der Täter sogar vor sich selbst gewarnt.
Tannen hatte sich nicht auf die Akten verlassen, sondern Anfragen an alle infrage kommenden Gefängnisse und psychiatrischen Anstalten geschickt. Bis jetzt sah es so aus, als wären alle von Kaja Winterstein befragten Serienmörder sicher hinter Mauern und Gittern verwahrt.
Den Wohnort dieser Antonia Ahrens, deren Fingerabdrücke sie in Leonies Zimmer gefunden hatten, hatte Tannen zwar herausfinden können, doch sie selbst war nicht erreichbar.
Am Festnetzanschluss sprang ein Anrufbeantworter an, und eine Mobilnummer konnte er nicht in Erfahrung bringen. Zur Sicherheit hatte er die Kasseler Kollegen gebeten, bei ihr vorbeizufahren.
Sollte der Täter tatsächlich ihre und Peter Sienhaupts
Fingerspuren in dem Zimmer mithilfe von Folie auf Fensterbänke, Türgriffe und die Tür platziert haben, war sie ein potenzielles weiteres Opfer. Aber er glaubte nicht daran. Wahrscheinlich hatte Leonie die Frau zu Besuch gehabt. Bedrohlich war die ganze Angelegenheit dennoch. Da Sienhaupt unmöglich das Zimmer von Leonie besucht haben konnte, musste Schneeweißchen in der Villa gewesen sein.
Das Telefon klingelte.
»Carstens, Revierwache 5, Kassel. Haben Sie die Anfrage wegen einer Antonia Ahrens rausgeschickt?«
»Vor zwei Stunden.«
»Es hat gedauert, weil wir den Hausmeister auftreiben mussten.«
»Und?«
»Sieht wüst aus. Die Wohnung war durchwühlt. Ein Einbruch. Von Frau Ahrens keine Spur.«
Mangold drückte den Knopf zum Basement. Direkt oberhalb der Tiefgarage lagen die Büros und Labore der Kriminaltechnik. Er fragte einen Kollegen in einem ölverschmierten Overall, wo er Viktor Riehm finden könne.
»Computerraum«, sagte der Mann und wischte sich die Hände an einem Lappen ab. Mangold betrat das Büro, das mehr einer
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