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Bluttrinker - Bellem, S: Bluttrinker

Bluttrinker - Bellem, S: Bluttrinker

Titel: Bluttrinker - Bellem, S: Bluttrinker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan R. Bellem
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einziges Stammesgebiet hatten die Telphari begonnen, ihre wichtigsten Handelsstraßen mit Steinen zu befestigen, um das Vorankommen der Handelskarawanen auch bei Unwetter zu erleichtern.
    Die Sonne versank gerade hinter dem westlichen Horizont und hüllte die Welt in ein rot-goldenes Licht. Ondarin ließ sich von dem Anblick der im Wind wogenden Blätter an den Bäumen verzaubern, tauchte ganz ein in den Geruch des Sonnenuntergangs, wenn die Nacht allmählich heranbricht und der Boden auskühlt, wenn erste Eulen zaghaft ihre Lider öffnen, um auf die nächtliche Jagd zu gehen. Als würde der sterbende Tag von einem süßlichen Verwesungsgeruch begleitet.
    »Herrin?« Ondarin berührte Iphelia sanft am linken Arm. Die Fürstin hatte den Rest der Reise verschlafen und öffnete nur langsam die Augen. »Wir sind da«, fügte der Heiler hinzu, als er die Verwirrung in ihrem Gesicht bemerkte.
    Iphelia gähnte herzhaft und nickte müde. »Ich muss sofort nach Lingalf sehen«, sagte sie leise. »Wo ist die Amme?«
    Wie sie dort saß und sich mit zittrigen Fingern eine Strähne ihres roten Haars aus dem Gesicht wischte, wirkte sie plötzlich sehr alt und blass. So blass, dass Ondarin versucht war ihren Puls zu fühlen, ob sie überhaupt noch lebte.
    »Herrin, fühlt Ihr Euch nicht gut?«, fragte er mit echter Besorgnis. Das Leben bei Fürstin Telphar war äußerst angenehm. Sollte sie plötzlich versterben, würde ein anderer aus dem Stamm der Telphari die Macht an sich reißen und der hätte vermutlich einen eigenen Heiler. Dies war ein Grund für seine Fürsorge. Ein anderer lag in den Katakomben der Burg begraben.
    Er hatte Fürst Lingalf nicht heilen können und dennoch hatte Iphelia ihn nicht verstoßen. Vor neun Monden war der Fürst einem schweren Leiden erlegen, dessen Ursprung Ondarin zu spät erkannt hatte. Im Gedenken an ihren verstorbenen Mann hatte die Fürstin seinen Namen an den Sohn weitergereicht, der wenige Monde danach das Licht der Welt erblickte. Und an jenem Tag hatte Ondarin sich geschworen, niemals wieder in seiner Aufgabe als Heiler zu versagen.
    Iphelia wollte ihm gerade antworten, stattdessen sank sie von einer plötzlichen Schwäche ergriffen zurück in die Polster der Kutsche.
    »Herrin!« Ondarin sprang aus dem Sitz und stieß sich dabei schmerzhaft den Kopf an der Decke der kleinen Kabine. Er legte ihr eine Hand auf die Stirn und atmete erleichtert aus, da sie sich nicht fiebrig anfühlte. Doch ihr Atem ging in kurzen flachen Stößen, als sei sie erschöpft und bekäme nicht genügend Luft.
    Ondarin zog eine kleine Phiole aus einer Tasche, die er stets bei sich trug. Darin war ein stark riechendes Meersalz, dessen stechender Duft – schenkte man dem Händler Glauben – selbst Tote wiedererwecken könnte. Er hielt es ihr unter die Nase.
    Sie verzog das Gesicht, als sie allmählich wieder zur Besinnung kam. »Nimm das weg, das stinkt ja scheußlich!«, wies sie ihn an.
    Ondarin seufzte erleichtert. »Herrin, Ihr solltet Euch hinlegen.«
    Sie schüttelte energisch den Kopf. »Nein, es geht schon wieder. Ich will erst Lingalf sehen.«
    »Dann lasse ich ihn an Euer Bett bringen«, beharrte Ondarin und klopfte gegen die Wand, hinter der der Kutschbock lag. »Lasst den Jungen ins Zimmer der Fürstin bringen!«
    Dass Iphelia ihm nicht widersprach, sondern sich sogar von ihm aus der Kutsche helfen ließ, bestätigte Ondarin in seiner Sorge und sie steuerten direkt das Schlafgemach der Fürstin an.
    Burg Telphar war eine ausgebaute Wehranlage im Herzen des Stammesgebiets der Telphari. Der einstige Fürst hatte die Burg als Zufluchtsort für seine Untergebenen im Falle eines Angriffs errichtet. Dementsprechend verschwenderisch war die Konstruktion. Riesige leer stehende Gebäude schmiegten sich an die Burgmauern, nur darauf wartend, dass ein Krieg das Land überziehen würde und die Menschen hier Schutz suchen ließe. Ondarin fragte sich, wie es wohl im Inneren dieser Häuser aussah, denn seit Jahren hatte sie niemand betreten. Das Herrenhaus lag zentral im weitläufigen Innenhof. Der alte Telphar hatte keine Mühen seiner Untergebenen gescheut, um die nötigen Steine dafür heranzuschaffen.
    Von außen wirkte Burg Telphar abweisend und bedrohlich. Doch im Inneren offenbarte sich dem Betrachter eine schlichte Schönheit, die ihrem Zweck diente. Hinter dem Herrenhaus lud ein großer Garten zwischen Bäumen und Blumen zum Verweilen ein. Und obwohl der Garten eigens für die Fürstenfamilie angelegt war,

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