Bluttrinker - Bellem, S: Bluttrinker
erzählte er ihm jede Einzelheit seines Abenteuers, und Throndimar machte große Augen ob so viel Heldenmuts, wenn die Schilderungen ihm bisweilen auch große Angst einjagten. Häufig erwachte er mitten in der Nacht, schweißnass, weil die Monster aus den Geschichten seines Vaters in seinen Träumen über ihn gekommen waren. Diese Träume erwähnte er aber nie – zu sehr hätte er sich dafür geschämt, von seinem Vater für einen Angsthasen gehalten zu werden.
Eines Tages war nur das Schwert seines Vaters zurückgekehrt. Ein breiter Zweihänder mit tiefer Hohlkehle und weiter Parierstange. Sein Vater war im Kampf mit einem Orkstamm gefallen, als diese die menschlichen Angreifer in einen Hinterhalt lockten. Throndimars Herz hatte für wenige Schläge ausgesetzt, nur um danach sein hasserfülltes Blut noch heftiger durch seine Adern zu pumpen. Blindlings war er aufgebrochen, um sich einer der vielen Kriegertruppen anzuschließen und Vergeltung zu üben. Schließlich war er Nemena begegnet, und sein ganzer Zorn, sein Hass und die Rachsucht waren verflogen.
Das Schwert seines Vaters hing noch immer über dem Kamin, den er für ihre Hütte errichtet hatte, doch Throndimar hatte den Stahl seitdem nie wieder berührt, um damit zu töten. Glitten seine Finger nun über das kalte Metall, so taten sie dies lediglich, um die Erinnerungen an seinen Vater zu erneuern. Er fürchtete eines Tages zu vergessen, wie sein Vater gewesen war, wie er ausgesehen und sich angefühlt hatte. Da seine Mutter sehr früh gestorben war, blieb sein Vater die einzige Familie, die er jemals gekannt hatte.
Bis er Nemena traf und mit ihr seine eigene Familie gründen wollte.
Mit einem trockenen Krachen schlug die Axt in den Baumstamm, der unter der Wucht von Throndimars Schlag leicht federte. Der sechs Fuß große Mann verfügte über enorme Kräfte, und er entfesselte sie über die schwere Axt mitten in den hilflosen Baumstamm.
Jeder Schlag zerriss die Stille des Waldes, nur um einen Augenblick später wieder zu verhallen und die natürlichen Geräusche zurückzubringen. Holz splitterte und stob explosionsartig auseinander, und an manchen Stellen, die er nicht sofort wieder traf, sickerte goldenes Harz langsam aus dem Inneren der Pflanze, als würde der Baum versuchen seine Wunden zu verschließen.
Bald schon hatte die Kiefer ihm nichts mehr entgegenzusetzen und kippte in die von ihm vorherbestimmte Richtung um. Unter viel Getöse schlug der Baum auf dem Boden auf und viele Äste brachen unter dem Gewicht der anderen einfach ab. Throndimar schulterte die Axt und blickte zufrieden auf das vollbrachte Werk.
Manches Mal hatte er das Gefühl, dass seine Muskeln nicht nur arbeiten, sondern kämpfen wollten. Er war gewiss kein Krieger und hatte noch niemals eine Waffe zum Kampf erhoben, doch er vermutete, dass ein Teil seines Vaters in ihm steckte, der ihn zu einem Kämpfer machen wollte. So wie jetzt, da sein Blut von der Anstrengung in Wallung geraten war, verspürte er den Drang, weiterzumachen, mehr Bäume zu fällen oder die Axt gleich in den Schädel eines Monsters zu treiben.
Throndimar lachte laut und schallend, als er die Ironie in diesen Gefühlen bemerkte. Er war vor einem Leben als Krieger geflohen und nun schien ein Teil von ihm sich nichts sehnlicher zu wünschen. Sein Blick verlor jede Schärfe und schweifte in die Unendlichkeit. Bilder durchfluteten seinen Geist, Bilder von ihm selbst in einer prachtvollen Rüstung und Schlachtfeldern voller Ruhm und Ehre. Als er sich wieder auf die Wirklichkeit besann, zierte ein schmales Lächeln sein Gesicht. Throndimar wusste, dass er diesen Fantasien niemals nachgehen würde. Er wünschte sich auch kein aufregendes Leben. Er liebte Nemena und das ungeborene Kind in ihr. Für nichts auf der Welt würde er beides eintauschen. Für gar nichts.
Mit geübten Handgriffen machte er sich daran, den gefällten Baum mit einem Handbeil zu entasten. Als er damit fertig war, band er die dickeren Äste mit einem Seil zu einem festen Bündel, das er sich über die Schultern warf. Sie würden gutes Brennholz abgeben, und so verschwendete er nichts von dem majestätischen Baum, den er gefällt hatte. Um den Baumstamm band er ein zweites, viel dickeres Seil, das er sich in einer Schlinge um die Hüften schlang. Throndimar legte sein gesamtes Gewicht gegen den improvisierten Tragegurt und zerrte mit aller Kraft an dem gut fünfzehn Fuß langen Stamm. Seine Muskeln spannten sich und schwollen beträchtlich an;
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