Blutvertrag
sagte Linda.
»Michael und Joseph. Ein Familienbetrieb. Das vierte Opfer war eine Nichte namens Valerie.«
Obwohl sie von einer riesigen, leeren Asphaltfläche umgeben waren, ließ Tim ständig den Blick über den Parkplatz schweifen. Auch die Rückspiegel vernachlässigte er nicht.
Hier unten regte sich kaum eine Lüftchen, aber am Himmel trieb der Wind ein zerfetztes Wolkenmeer ostwärts. Die Schatten gespenstischer Galeonen segelten über das Pflaster.
»Zu Tode gekommen sind alle in dem Kühlraum, wo Milch und andere verderbliche Waren gelagert wurden. Bei der Obduktion kam heraus, dass sie erschossen worden waren, bevor man den Brand gelegt hat.«
»Genau wegen solcher Sachen verzichte ich auf die Nachrichten«, sagte Tim. »Und deshalb will ich auch täglich irgendeine Mauer bauen.«
»Das Café stand in einem Geschäftsviertel, wo ziemlich viel los ist, aber niemand hat irgendwelche Schüsse gehört.«
»Er ist ein Profi«, sagte Tim. »Er besitzt die entsprechende Ausrüstung.«
»Allerdings haben zwei Leute gesehen, wie jemand das Café verließ, etwa zehn Minuten, bevor es in Flammen aufging. Der Mann, den sie gesehen haben, ging über die Straße zu einem direkt gegenüber stehenden Motel, gab seinen Zimmerschlüssel ab und fuhr davon. Er hatte dort in Zimmer vierzehn übernachtet. Sein Name war Roy Kutter. «
»Die Anfangsbuchstaben!«, sagte Linda. »Einer von Kravets Decknamen.«
»Ich habe einen Ausdruck seines Führerscheins. Danach wohnt er in San Francisco. Das Foto zeigt den üblichen grinsenden Schweinehund.«
»Aber wenn jemand ihn gesehen hat …«, sagte Tim.
»Zwei Tage lang galt er als verdächtig. Die Polizei wollte mit ihm sprechen. Als man ihn tatsächlich gefunden hatte, sagte er, die Zeugen hätten sich geirrt. Er sei nicht aus dem Café gekommen, weil er gar nicht hineingegangen sei. Klar, er sei rübergegangen, um sich einen Becher Kaffee zu besorgen, aber die Tür war noch abgeschlossen. Er konnte keine zwanzig Minuten warten, bis der Laden aufmachte, weil er einen wichtigen Termin wahrnehmen musste.«
»Einen Termin?«, fragte Tim. »In welcher Branche ist er denn tätig?«
»Krisenmanagement.«
»Was soll das denn heißen?«
»Wer weiß. Angeblich war er im Auftrag irgendeiner Bundesbehörde tätig.«
»Welcher?«
»Darüber haben die Medien bezeichnenderweise nichts Genaues berichtet.«
»Aber er hat glaubhaft gewirkt?«, fragte Linda. »Man hat ihn als unverdächtig laufen lassen?«
»An der Stelle der Berichte habe ich angefangen, zwischen den Zeilen zu lesen«, sagte Pete. »Man merkt, dass der ermittelnde Kollege etwas gerochen hat, und sein Vorgesetzter auch. Sie wollten offenbar Druck auf diesen Kutter ausüben, ja sogar eine Möglichkeit finden, ihn vorläufig festzunehmen.«
»Und wieso haben sie das nicht getan?«
»Da lese ich vielleicht zu sehr zwischen den Zeilen, aber ich habe das Gefühl, jemand hat Druck auf sie ausgeübt, während sie versuchten, Kutter unter Druck zu setzen.«
»So, wie jemand Druck auf Hitch Lombard ausgeübt hat«, sagte Tim.
»Genau. Jedenfalls war Roy Kutter ziemlich bald nicht mehr von Interesse für die Polizei.«
Vereinzelt bogen Pkws auf den riesigen Parkplatz ein und blieben in verschiedenen Reihen stehen. Bei den Leuten, die ausstiegen, handelte es sich offenbar um Angestellte, vielleicht um die Manager der einzelnen Geschäfte, die schon eine Stunde vor der Öffnungszeit eintrafen. Keiner von ihnen schien Interesse an dem Honda zu haben.
»Aber«, sagte Linda, »wieso ist es so wichtig, dass ich dort ab und zu Kaffee getrunken habe? Kurz vor dem Brand war ich sicher nicht da, ich glaube sogar, eine ganze Woche vorher nicht. Wieso will mich jemand umbringen lassen, weil ich gelegentlich im Cream and Sugar war?«
In der Küche des Jalisco sah die Welt sicher geordneter und normaler aus als hier draußen, wo Kravet wahrscheinlich gerade mit irgendeiner geheimnisvollen Technik versuchte, Teresas Honda aufzuspüren. Deshalb war es nur zu verständlich, dass Pete Santo seinen Ohren nicht traute. »Wie bitte?«, fragte er. »Willst du mich auf den Arm nehmen, oder meinst du tatsächlich, dass dich jemand umbringen will?«
»Ich habe den Eindruck, es ist jetzt wirklich an der Zeit, dir reinen Wein einzuschenken«, sagte Tim.
»Den Eindruck habe ich schon längst.«
In aller Kürze berichtete Tim, wie er in der Kneipe zweimal für den Falschen gehalten worden war.
»Du lieber Himmel, Türsteher!«
»Tja, da
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