Blutvertrag
eigentlich mit deinen Eltern?«
Das Wegwerfhandy läutete. Sie nahm den Anruf entgegen, sagte »Ja«, offenbar als Antwort auf eine Frage, dann noch einmal »Ja« und schließlich: »Danke.«
Die Nummer war aktiviert worden.
42
Aus dem Inhalt des Schreibtischs im Arbeitszimmer, das vom Wohnzimmer abging, erfuhr Krait eine Menge über Teresa Mendez, das ihm nicht gefiel. Sie hatte völlig falsche Wertvorstellungen.
Die wichtigste Information über die zweiunddreißigjährige, verwitwete medizinische Assistentin entdeckte Krait in dem kleinen Terminkalender, den sie dagelassen hatte. Sie befand sich momentan mit zwei anderen Frauen namens Gloria Nguyen und Joan Applewhite auf einer Urlaubsreise in New York.
Am Sonntag war sie abgeflogen. Heute war Dienstag. Sie kam erst am kommenden Sonntag zurück.
In der Küche hing in einem Schränkchen unter der Spüle ein Geschirrhandtuch. Es fühlte sich feucht an.
Auf dem Boden der beiden Duschen im Erdgeschoss und im oberen Stock standen Wassertropfen. Auch die Fugen zwischen den Fliesen waren feucht.
Im Wohnzimmer hatte der Gaskamin vor nicht allzu langer Zeit gebrannt. Die Ziegel an der Seite waren immer noch ein wenig warm.
Die Doppelgarage enthielt kein einziges Fahrzeug. Womöglich war Witwe Mendez mit ihrem Auto zum Flughafen gefahren, um nach New York zu starten. Wenn sie jedoch einen Zweitwagen besaß, dann hatten den jetzt Carrier und sein Schützling in den Fingern.
Krait schickte eine Textnachricht an sein Unterstützungsteam, um Informationen über auf Mendez angemeldete Fahrzeuge anzufordern.
Während er wenig später seine Neugierde befriedigte, indem er den Kühlschrankinhalt der Witwe inspizierte, erhielt er bereits die Antwort. Mendez besaß nur einen Honda.
Das Kennzeichen wurde ihm ebenfalls mitgeteilt, aber für einen Mann, der ohne volle behördliche Befugnisse arbeitete, war das von geringem Nutzen. Schließlich konnte Krait keine Ringfahndung anordnen.
Vorläufig hatte er die Spur seiner Zielpersonen also verloren. Das machte ihm allerdings keine allzu großen Sorgen. Die beiden konnten nur vorübergehend irgendwo Unterschlupf finden. Dies war Kraits Welt. Er war ein geheimer Fürst, und die beiden gehörten zum einfachen Volk; er würde sie eher früher als später finden.
Nachdem er sechzehn Stunden lang tätig gewesen war, ohne zu schlafen, wurde ihm klar, dass hier womöglich das Schicksal in seinem Sinne eingegriffen hatte. Es gab ihm eine Chance, sich vor dem letzten Showdown zu erfrischen.
Er brühte sich eine Kanne grünen Tee auf.
In der schmalen Speisekammer fand er eine Packung einfacher Kekse. Er arrangierte ein halbes Dutzend davon auf einem Teller.
In einem Hängeschrank entdeckte er eine hübsch verzierte kleine Thermoskanne, blau mit schwarz-weiß gemusterten Zierstreifen oben und unten. Als der Tee fertig war, füllte er ihn ein.
Die wohlverdiente Rast, die er sich im Haus von Brittany und Jim erhofft hatte, erwartete ihn nun hier, im bescheideneren Heim der Witwe Mendez.
Er nahm die Thermoskanne Tee, einen Becher, den Teller mit Keksen und zwei Papierservietten mit nach oben ins Schlafzimmer. Dort stellte er alles auf den Nachttisch.
Nachdem er sich ausgezogen und seine Sachen sorgfältig über einen Stuhl gehängt hatte, damit sie keine Falten bekamen,
ging er zum Kleiderschrank der Witwe. Keiner der beiden Bademäntel, die er darin entdeckte, konnte ihrem verstorbenen Gatten gehört haben.
Der eine war gefüttert, mit einem rosa Blumenmuster versehen und völlig stillos. In einer der Taschen fand Krait ein nach dem Gebrauch zusammengeknülltes Papiertaschentuch, vor dem ihn ekelte, und eine halbe Rolle Halspastillen.
Glücklicherweise war ihm das zweite Exemplar, ein blauer Seidenmantel, zwar zu klein, aber er passte trotzdem einigermaßen und fühlte sich vor allem äußerst angenehm an.
Er schlug die Tagesdecke zurück und baute sich aus vier dicken Kissen eine Rückenstütze, bevor er noch einmal an den Kleiderschrank trat. Dort hatte er einen Korb mit schmutziger Wäsche entdeckt. Offenbar war die Witwe nicht mit ihrem Haushalt fertig geworden, bevor sie nach New York aufgebrochen war.
Aus der schmutzigen Wäsche suchte er sich einen Stretch-BH ohne harte Ösen, zwei T-Shirts und drei Slips heraus. All das drapierte er auf dem obersten Kissen des Stapels, an den er sich lehnen wollte, während er seinen Tee genoss, und auf dem schließlich sein Gesicht ruhen würde, wenn es Zeit war zu schlafen.
Der
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