Blutwelt
später musste sie noch tiefer nach unten, um in die Dunkelheit des Waldes zu tauchen.
Diese Nacht hatte sich Frantisek zwar anders vorgestellt, aber was sollte er machen? Es war sein Schicksal, Vampire zu jagen, auch wenn es manchmal Fehlschläge gab. Was hieraus wurde, musste er abwarten, und so blieb er Gundula auf den Fersen. Sie bekam durch ihren Mantel leichte Probleme, denn der Stoff hakte sich immer wieder fest, und so musste sie sich losreißen.
Von einer Lichtung war bisher nichts zu sehen, aber es gab sie immer wieder, das wusste auch Frantisek. Er hätte gern die Lampe eingeschaltet, aber darauf verzichtete er, weil er auf keinen Fall ein Ziel abgeben wollte.
Nachdem sie das erste Unterholz überwunden hatten, klappte es besser mit dem Vorwärtskommen. Da standen die Bäume nicht mehr so dicht. Auch ihre Zweige verhakten sich nicht ineinander, obwohl sie immer wieder zur Seite geräumt werden mussten, um noch größere Lücken zu schaffen, durch die sie sich bewegen konnten.
Frantisek wünschte sich das Mondlicht herbei, aber auch das schien nicht. Hier schien sich alle Welt gegen sie verschworen zu haben, und er fragte sich, ob sie tatsächlich mitten im Wald eine Lichtung erreichen würden.
Als Gundula stehen lieb, wäre Marek fast gegen sie gelaufen, so sehr war er überrascht. Die Stimme der Frau klang plötzlich hektisch. »Ja, ja«, sagte sie, »das ist wunderbar. Ich habe den Weg gefunden.« Sie wies nach vorn, und ihre rechte Hand federte gegen einige Zweige. »Da genau ist es.«
»Dann geh mal weiter.«
»Ich habe Angst.« Sie lehnte sich gegen Marek, der die Augen verdrehte.
»Das glaube ich dir gern, aber möchtest du zurück?«
Gundula drehte sich. Sie schaute in das Gesicht des Mannes mit den grauen Haaren, die nach hinten gekämmt waren und auch den oberen Teil der Ohren verdeckten.
»Nein, ich will nicht zurück. Nicht mehr. Ich habe mich entschlossen. Ich will meine Schwester gesund und als Mensch zurückhaben.«
»Dann sollten wir nicht länger zögern.«
»Okay, das passt.«
Was sie genau mit dieser Antwort meinte, war dem Pfähler nicht klar. Für ihn zählte nur, dass sich seine Führerin wieder in Bewegung setzte und weiter geradeaus ging.
Kleine Bäume versperrten ihnen jetzt den Weg. Als hätte man hier eine Schonung angelegt. Oft waren sie nur als Schatten zu sehen. Erst beim Näherkommen nahmen sie Gestalt an.
Nach einigen Metern wichen die Bäume immer weiter zurück, so dass ihr Blick recht frei war. Die Nähe der Lichtung kündigte sich an, aber auch etwas anderes.
Vor Mareks Brust begann das Vampirpendel zu vibrieren und ganz leicht zu schwingen...
***
Der Pfähler ging noch einen Schritt nach vorn, dann blieb er stehen und bewegte sich nicht.
Gundula hatte die Aktion nicht mitbekommen. Sie war schon einige Schritte weiter nach vorn gegangen, als ihr auffiel, dass sie plötzlich allein war. Jetzt stoppte auch sie, drehte sich um und versuchte, einen Blick in Mareks Gesicht zu erhaschen.
»Was ist denn passiert?«
Der Pfähler wollte ihr nicht sagen, was er durch die Reaktion des Pendels befürchtete. Er sagte nur: »Ich nehme an, wir haben unser Ziel bald erreicht.«
»Das stimmt. Die Lichtung ist nicht weit entfernt.«
»Mit deiner Schwester?«
»Ja.«
»Sie ist noch da, Gundula.«
Die Frau sagte zunächst nichts. Sie stand auf dem Fleck, schaute Marek an und schüttelte dabei den Kopf, weil sie erst noch nachdenken musste.
Dann stellte sie die Frage, die Marek längst erwartet hatte.
»Woher weißt du das?«
»Ich spüre es.« Er erklärte nichts weiter. Dafür hob er den rechten Arm an und strich mit der Hand über das ovale Pendel hinweg, auf dem die Fratze der Zunita eingraviert war. Er sah nicht, ob die Augen schon leuchteten, aber das Zittern und die leichten Pendelbewegungen waren nicht zu übersehen.
»Was tust du da?«
»Es ist ein Test.«
»Für mich?«
»Nein, nur indirekt. Aber ich weiß jetzt, dass wir uns in einer Gefahr befinden oder möglicherweise aus sicherer Deckung beobachtet werden. Das solltest du nicht vergessen.«
Gundula zuckte die Achseln. »Ich verstehe das alles nicht so richtig. Was meinst du damit?«
»Schon gut.«
»Du weißt mehr – oder?«, fragte Gundula.
»Ich denke schon.«
»Hängt es denn mit meiner Schwester zusammen?«
»Das ist durchaus möglich.«
Sie wurde plötzlich nervös, schaute sich um, aber es war nichts zu sehen. »Was... was spürst du denn?«
»Du bleibst jetzt dicht bei mir«,
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