Blutwelt
Ehre machst. Ja, er muss einfach gepfählt werden.«
»Ich werde entscheiden!«
Die blonde Bestie bewegte sich. Es war zu erkennen, dass dabei nur die linke Körperhälfte angehoben wurde. Wenig später schob sie ihren Arm nach vorn, und wir hörten ein schabendes Geräusch, als sich zwei Gegenstände berührten.
»Sag deinem Freund Conolly, dass er bis zu diesem Tisch hier treten soll.«
»Und dann?«
»Frag nicht, er soll es tun!«
Ich warf Bill einen Seitenblick zu. Der Reporter nickte, und er war dabei voll konzentriert. »Keine Sorge, wir packen das...«
Ich enthielt mich einer Antwort. Den Schock hatte ich noch nicht verdaut. Ich wünschte mir wirklich, einen Traum zu erleben, aus dem ich erwachen und dann erkennen würde, dass alles nicht der Wahrheit entsprochen hatte.
Leider war es die Realität, zu der auch Bill Conolly gehörte, der jetzt mit langsamen Schritten und vom Körper abgespreizten Armen auf die Cavallo zuging.
Sie hatte hier das Sagen. Sie hatte den Plan ausgeklügelt und auch Zeit genug gehabt, ihn vorzubereiten.
Mir fiel wieder die Schwester der Gundula ein, diese Dunja. Von ihr hatten wir bisher nichts gesehen, und so wussten wir nicht mal, ob sie überhaupt existierte. Wenn ja, konnte sie durchaus als Rückendeckung für Justine Cavallo dienen.
Bill ließ sich nicht aufhalten. Er drehte sich auch nicht um oder machte sich durch irgendeine Bewegung verdächtig. Das war noch das Spiel der blonden Bestie, aber irgendwann, so hoffte ich, würde ich es umdrehen können.
Endlich blieb mein Freund stehen. Nicht seine, sondern die Stimme der Blutsaugerin hörte ich. »Nimm ihn...«
Ich bekam mit, dass Bill seine rechte Hand ausstreckte. Er griff nach einem Gegenstand, und als er ihn erreicht und hochgehoben hatte, drehte er sich wieder um.
»Alles klar, Bill«, sagte Justine leise, aber der Spott war nicht zu überhören.
»Was soll ich tun?«
Justine kicherte plötzlich. »Nicht das, was du gern tun würdest, Conolly. Du drehst dich jetzt um und gibst deinem Freund den Pfahl. Das ist alles.«
»Okay.«
»Nein, nicht sofort. Was du hier siehst, ist Mareks Waffe. Sie ist geladen. Eine Kugel reicht aus, um deinen Schädel zu zerschießen. Ich weiß, dass du ebenfalls bewaffnet bist. Zieh die Pistole vorsichtig hervor und leg sie hier auf den Tisch.«
Ich konnte mir denken, was mein Freund Bill empfand. Aber das war bei der Cavallo irgendwie normal. Wenn sie etwas tat, dann machte sie es richtig.
Bill holte seine Beretta hervor. Er legte sie auf den Tisch. Als das Metall das Holz berührte, hörte sich das Geräusch für mich an wie ein Totengong.
»Das ist gut, Bill. Jetzt kannst du dich umdrehen und Sinclair den Pfahl geben. Inzwischen hat er genug Zeit, um seine Beretta ebenfalls abzugeben. Leg sie vor deine Füße, Sinclair, und kick sie dann weg. Ich mag es nicht, wenn andere Personen mit Schießeisen herumlaufen.«
»Alles klar.«
Sie befand sich einfach in der besseren Position. Ich musste ihr gehorchen, holte die Beretta hervor, legte sie auf den Boden und schob sie mit dem Fuß zur Seite.
»Sehr gut!«, erhielt ich das Lob von der falschen Seite.
In mir kochte es. Bill befand sich ebenfalls in diesem Zustand. Er kam zu mir zurück und ging, als befänden sich Rollen unter seinen Füßen, die er nicht gewohnt war.
»Nimm ihn!«, sagte er mit einer Stimme, die nicht nur ihm selbst fremd vorkam.
Ich nahm ihm den Pfahl ab. Es war schon ein besonderes Gefühl, die Waffe zu umfassen, die zu unserem Freund Marek gehörte wie der Ball zum Fußballspiel. Es war nicht das erste Mal, dass ich sie in der Hand hielt, doch hier gab es eine besondere Situation. Es war zu einer radikalen Veränderung gekommen, und das Allerschlimmste lag noch vor uns. So schwer es mir auch fiel, ich musste der Cavallo ein Kompliment machen. Sie hatte das Netz perfekt ausgebreitet, in dem wir uns leider verfangen hatten.
Bill stand noch immer vor mir. »Willst du es tun?«, keuchte er.
»Ich weiß es nicht.«
»Wenn er dein Blut will...«
»Hör auf!«, zischte ich und war innerlich aufgewühlt. »Daran will ich gar nicht denken.«
»Hört auf zu reden!«, befahl die Cavallo. Ohne dass es uns aufgefallen war, hatte sie sich von ihrem Platz erhoben und blieb auch nicht mehr auf der gleichen Stelle.
Sie löste sich als beweglicher Schatten aus der Dunkelheit und kam zu uns. Wir konnten erkennen, dass sie zwei Waffen festhielt, deren Mündungen auf uns zeigten.
An einer für sie strategisch
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