Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Blutwind

Blutwind

Titel: Blutwind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jakob Melander
Vom Netzwerk:
reden.«
    Augenblicklich wurde er losgelassen. Die Gruppe trat ein paar Schritte zurück.
    Auf der Treppe erstarrte Marias Lächeln. Sie sprang die letzten Stufen hinunter, lief über die Tanzfläche. Zog ihn aus dem Lichtkreis, weg von Simon, hinunter in den Garten.
    »Papa, was machst du hier?« Sie flüsterte, hatte diesen flehenden Gesichtsausdruck. »Du sagst Simon nichts von Christian!«
    Das Tempo hatte ihn aus dem Gleichgewicht gebracht, er kämpfte, um sich auf dem weichen Rasen aufrecht zu halten.
    »Was macht er hier? Ich dachte …«
    Aber Maria war bereits einen Schritt weiter.
    »Du kannst nicht einfach hierherkommen und mit deiner Marke herumwedeln. Ich habe Freunde hier.« Ihre Augen glänzten. Simon stand mit einem Glas in der Hand auf der Terrasse und beobachtete sie.
    Lars begriff es noch immer nicht.
    »Nein, natürlich nicht.« Maria zog ihn weiter weg. In den Schatten an der Mauer. »Ich wollte …« Lars schaute wieder zur Terrasse. Irgendetwas kribbelte an seiner Schädeldecke, aber er konnte es nicht festhalten. Es glitt fort, verschwand.
    »Ja?« Maria war jetzt ungeduldig. »Reiß dich zusammen, Papa. Hast du getrunken?«
    Nein, das war es nicht.
    »Ich habe den ganzen Tag an dieser Vergewaltigungsgeschichte gearbeitet, und …« Er versuchte es noch einmal. »Im Krankenhaus … Caroline …« Die Stimme verschwand in der hellen Nacht. Das kribbelnde Gefühl kehrte zurück, alles in ihm sträubte sich. Simon auf der Terrasse. Mit Maria beim Fest der Clique aus dem Øregård-Gymnasium.
    Bevor er nachdenken konnte, brachen die Worte aus ihm heraus, er verhedderte sich.
    »Hier, neulich nachts, in deinem Zimmer. War das nicht … Christian?«
    Einen Augenblick sah sie ihn verwirrt an, dann verdüsterte sich ihr Blick.
    »Du bist also doch nach Hause gekommen?« Sie zog den Schal enger um die Schultern, senkte den Blick. Sie konnte in dieser lauen Sommernacht unmöglich frieren. »Was denkst du dir eigentlich, Papa? Glaubst du, ich könnte mit Christian zusammen sein?«
    Die Puzzleteile setzten sich mit einer Heftigkeit zusammen, dass ihm Lichtflecken vor Augen tanzten: das Kondom, das DNA -Profil. Es gehörte zu Simon, nicht zu Christian. Er schaute hinauf zur Terrasse. Sein Blick scannte die Gäste.
    »Ich muss sofort mit Christian reden. Wo ist er?«
    »Was ist denn los mit dir? Du bist so eigenartig.«
    »Entschuldige.« Er wollte sie anfassen, ließ die Arme aber sinken. »Es ist wichtig …«
    Maria wandte den Blick ab, hielt sich die Hand vor den Mund.
    »Er war vor einer halben Stunde noch hier. Kurz bevor Simon kam. Ein paar Jungen sind mit ihm gegangen.« Sie sah ihn noch immer nicht an. »Ich will nichts mehr mit ihm zu tun haben.«
    Was war eigentlich zu Hause bei Christian vorgefallen? Er wollte gerade fragen, als ein betrunkener Bursche auf sie zukam. Sein Schlips hing über dem offenen Hemd, die Augen schwammen.
    »Habt ihr Christina gesehen? Wir ver… versuchen, den Schlüssel zum Barschrank zu finden.«
    Maria schüttelte den Kopf.
    »Anders, du hast Christian doch nach draußen begleitet. Hat er gesagt, wo er hinwollte?«
    Anders grinste.
    »Er war total weg. Redete nur von Blut und Knochen. Und von diesem Sandmann, behauptete, er wüsste, wer das sei …« Anders trat einen unsicheren Schritt beiseite. »Total bescheuert.« Dann verschwand er.
    Wieder diese Kälte. Lars erinnerte sich nur zu gut an sein Gespräch mit Christian. Midnight Rambler und der Würger von Boston.
    Maria war blass geworden.
    »Christians Vater hat erzählt, dass Christian als Junge glaubte, in ihrem Viertel würde ein Mörder wohnen. In … Søbredden? Gibt’s eine Straße, die so heißt?«
    Lars antwortete nicht, er blickte in die Wolken. In ihm blitzte der Kreisel am Brogårdsvej auf. Am Vortag im Sonnenschein, Sanne auf dem Beifahrersitz. Aus den Augenwinkeln das Straßenschild rechts. Søbredden.
    Er packte sie und musste an sich halten, um nicht zuzudrücken.
    »Was hat er gesagt?«
    »Das weiß ich nicht mehr. Lass mich los, Papa.«
    Oben auf der Terrasse behielt man sie im Auge. Er ließ sie los.
    »Entschuldige, ich wollte dich nicht erschrecken.« Er streichelte ihr über die Wange. »Ist deine Mutter zu Hause?«
    »Ja, sie …«
    »Fahr nach Hause zu ihr. Sofort. Verschließt alle Türen, schließt die Fenster und wartet, bis ich anrufe.«
    Sie nickte.

49
    Die letzten schwarzen Wolken trieben übers Meer. Sanne klappte ihr Handy zusammen, hob die Nase in den Wind, sog die Luft

Weitere Kostenlose Bücher