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Blutwind

Blutwind

Titel: Blutwind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jakob Melander
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ein. Es war schön, mal der Stadtluft zu entkommen. Tannennadeln, Gras, Meersalz und der ganz schwache Geruch von Dung. Fast wie zu Hause. Sie lehnte sich an das Auto, das sie hinter dunklen Stämmen versteckt hatten, und legte die Arme übereinander. Lars hatte so … anders geklungen. Als hätte er Metall in der Stimme.
    Die Ruine eines dreiflügeligen Hofes lag ungefähr hundert Meter entfernt. Ein schmutzig grauer Fleck in der aufziehenden Dämmerung. Der Wald dahinter, eine dunkle, bedrohliche Mauer. Sechs von Gregers Vestbergs Fahrzeugen der Polizei von Südseeland und Lolland-Falster standen tiefer im Wald, zwei waren diskret an den Straßen platziert, die von der Autobahn hierherführten. Nun galt es zu warten.
    Ein Geräusch vom Wagen. Ulrik klopfte von innen gegen die Scheibe. Sanne öffnete die Hintertür und stieg ein.
    »Eine Meldung von dem Fahrzeug in Sjolte.« Allan drehte sich zu ihr um. »Sie sind gerade an ihnen vorbeigekommen. In ein paar Minuten werden sie hier sein.«
    Sanne blinzelte und starrte in den Wald, um die Pupillen an die Dunkelheit zu gewöhnen.
    »Und Ukë und Meriton?«, fragte sie, kannte allerdings bereits die Antwort.
    »Die fahren noch immer auf Amager herum.« Ulrik schlug mit der Faust aufs Instrumentenbrett. »Wieso kommen die nicht?«
    »Sie haben einen Tipp bekommen.« Sanne lehnte sich zurück. Sie war vollkommen ruhig. Die Wartezeit war vorbei.
    »Nicht von meinen Leuten …«, begann Ulrik.
    Sanne sah ihn nur an. Er vollendete den Satz nicht, die Hand lag auf dem Megaphon in seinem Schoß. Einige Minuten sagte niemand ein Wort.
    »Hast du die Weste an?«, wollte Ulrik zum siebzehnten Mal wissen. Sie nickte und zog ihre Dienstwaffe aus dem Schulterholster. Der Geruch von Waffenfett stieg ihr zäh und klebrig in die Nase. Sanne steckte die Pistole zurück. Die Dämmerung wurde zur Nacht.
    Ein Paar Scheinwerfer bog vom Sjoltevej in Richtung Wald ab. Sanne hielt den Atem an, zwang sich dann aber, tief und ruhig zu atmen.
    »Es ist so weit«, murmelte Allan.
    Sie öffneten ungefähr gleichzeitig die Wagentüren und huschten von Baum zu Baum auf das Haus zu, drei Schatten unter Hunderten im Wald. Ein Kleinbus zockelte den Feldweg hinunter, bog um die Ecke, an der das kleine Waldstück begann, und fuhr auf den Hof vor der dreiflügeligen Ruine. Einen kurzen Moment beleuchteten die Scheinwerfer die verfallenen Mauern. Dann wurde der Motor abgestellt, und die Dunkelheit schlug wieder über der Ruine zusammen.
    Allan flüsterte ins Walkie-Talkie, lief vornübergebeugt weiter. Sie ahnte die Rücken der Kollegen an beiden Seiten des Waldwegs. Der Mond stieg über den Baumwipfeln auf, ein verirrter Lichtstrahl ließ kurz einen Pistolenlauf aufblitzen. Ihr Herz klopfte gegen die Rippen. Sie musste doch aus weiter Entfernung zu hören sein. Dennoch passierte nichts. Zusammengekrümmt lief sie Ulrik über die Straße hinterher, zog ihre Waffe und drückte sich zwischen die Bäume links von den verlassenen Gebäuden. Die uniformierten Polizisten waren fächerförmig nach links und hinter die Scheune ausgeschwärmt.
    Hinter dem ramponierten Scheunentor sahen sie Bewegungen, Licht. Weiße Kegel stiegen zwischen den verfallenen Mauern und Löchern im Dach in die Nacht. Leise Musik. Stimmen.
    »Wann kommen sie?«, fragte jemand auf Deutsch.
    »Bald, Alexandru, bald. Hab noch ein bisschen Geduld, ja?«
    Allan und Ulrik stellten sich rechts und links neben Sanne. Ein paar Mädchenstimmen waren aus dem seltsamen Lager in der Scheune zu hören. Musik aus einem Radio.
    In diesem Moment knackte es wieder in Allans Walkie-Talkie, er nickte Ulrik zu, der auf den Hofplatz trat, das Megaphon ansetzte und brüllte: »This is the Danish Police. You are surrounded. Step out with your hands in the air.«
    Das Radio wurde ausgeschaltet, das Licht gelöscht. Irgendwo weit entfernt rief ein Kuckuck. Sonst war es vollkommen ruhig. Sanne zählte acht Kuckucksrufe, dann ging das Scheunentor mit knarrenden Angeln auf, Zentimeter für Zentimeter. Sieben junge Frauen trippelten hinaus – eine nach der anderen – und drängten sich auf dem Hofplatz zusammen.
    Wieder hob Ulrik das Megaphon.
    »We know there are two more inside. Step out with your hands in the air.«
    Ein Flüstern war zu hören, Scharren. Eine heisere Stimme schrie: »Einen Moment!«
    Ulrik gab Allan ein Zeichen, der das Signal weitergab. Die Kollegen rückten näher heran. Der Kreis schloss sich.
    Allan signalisierte den Mädchen, den

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