Boardwalk Empire
blieben bis zu dessen Tod befreundet. Richter Sirica spricht auch heute noch in höchsten Tönen über Farleys Humor und seine herzliche Art:
Er war einer der freundlichsten Menschen, die ich je getroffen habe. Wir haben uns im Sommer in Atlantic City während des Jurastudiums kennengelernt. Danach hat er mich oft angerufen, und wir haben viel geredet. Man wusste nie so genau, wann er sich wieder melden würde. Einmal sprachen wir über die Angeklagten im Watergate-Fall und wie dumm sie waren, wenn sie glaubten, dass sie mit ihrem Meineid davonkämen. Verdammt, jeder Studienanfänger weiß doch, dass man sich auf sein Aussageverweigerungsrecht beruft, bevor man unter Eid lügt. Trotz seiner politischen Einstellung hielt Farley die Nixon-Leute für Idioten. 73
Farley war allerdings viel mehr als nur ein freundlicher und loyaler Zeitgenosse. Er war ein knallharter Wettkämpfer, und nichts ging ihm über den Teamgedanken. Entweder, man spielte in seiner Mannschaft, oder gar nicht. Alles, was Farley anpackte, war von unbedingtem Siegeswillen geprägt. Wenn er etwas nicht beherrschte, ließ er es lieber gleich bleiben. »Wenn du was tust, tu es richtig oder lass es sein« 74 , lautete sein Credo, oder, wie sich ein langjähriger Freund von ihm erinnert: »Wenn Hap etwas in Angriff nahm, zählte nichts anderes mehr.« 75
Nachdem Hap sein Studium abgeschlossen hatte, interessierte er sich zunächst mehr für Sport als für Politik. Er spielte weiterhin aktiv Baseball und Basketball, u . a. als Halb-Profi für den Melrose Baseball Club und die Basketball-Mannschaft der Morris Guards (Sportverein des Militärs; A . d . Ü.). Dazu trainierte er die Basketballteams des Atlantic City Catholic Club und der Schmidt-Brauerei und gewann so etliche Pokale. Zehn Jahre lang engagierte sich Farley im sportlichen Bereich. Während die anderen jungen Anwälte längst eigene Kanzleien eröffneten, spielte Hap weiter Basketball und schuf sich so ein Netzwerk, das später die Basis seiner politischen Laufbahn bildete. Noch Jahre nach seinem Rückzug aus der Politik erinnerten sich manche eher an Hap Farley den Sportler als an den Politiker. Farleys Sportfreunde waren nur leider keine zahlungskräftige Klientel für ein erfolgreiches Anwaltsbüro.
Später erzählte Farley, er sei zur Politik gekommen, als er sich öffentlich für seine Basketballmannschaft einsetzte, weil sie nicht mehr in der örtlichen Turnhalle trainieren durfte. Es stimmt schon, dass sich Hap für die Verbesserung sportlicher Einrichtungen aussprach, aber das war ganz sicher nicht sein Hauptantrieb, um in die Politik einzusteigen. Es waren vielmehr die ertraglosen Jahre in seiner Anwaltskanzlei und der daraus resultierende Kampf ums Überleben. Einige seiner Brüder waren ohne eine vergleichbare Schulbildung innerhalb der Johnson-Organisation aufgestiegen und besaßen jetzt Jobs als Beamte bei Polizei und Feuerwehr. Besonders während der Wirtschaftskrise waren das einträgliche Stellungen im Vergleich zu einem Anwalt, der kaum seine Miete zahlen konnte. Farley sah ein, dass auch er sich an das politische System halten musste, wenn er es zu etwas bringen wollte.
Etwa zur selben Zeit, als Farley in die Politik ging, heiratete er seine Highschool-Liebe Marie Feyl, genannt »Honey«. Hap und Honey kannten sich bereits als Teenager, aber die Familie Feyl war eine hoch angesehene Familie in Atlantic City und hielt nichts von der Beziehung ihrer Tochter zu Hap. Für sie waren die Farleys irische Proleten, stolz, aber von niederem sozialen Rang. 76
Die ersten Jahre ihrer Romanze kommunizierten die beiden fast ausschließlich über Briefe, die von Honeys Freundin überbracht wurden. Dann ging Hap aufs College, und Honey arbeitete in einem Maklerbüro, doch ihre enge Verbindung blieb auch während des Studiums bestehen. Nach der Universität waren sie weitere fünf Jahre liiert, bevor sie schließlich 1929 heirateten. Doch Honey plagte eine ganz spezielle Krankheit, wie ein Nachbar des Paars beschreibt: »Seit ich sie kenne, war Honey Alkoholikerin. Ich erinnere mich an die erste Nacht ihrer Flitterwochen, weil mein Appartement direkt unter ihrem lag. Hap musste sie die Stufen hinauftragen, und das nicht, weil sie gerade geheiratet hatten. Sie war zu besoffen, um selbst zu gehen. So war es fast jeden Abend.« 77
Die beiden hatten keine Kinder, aber Hap blieb ihr bis zu seinem Tod treu.
Durch ihre Anstellung beim Maklerbüro Fox lernte Honey Herman »Stumpy« Orman kennen.
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