Boardwalk Empire
High School und anschließend die Dickinson Law School . 1927 erhielt er seine Zulassung als Anwalt und eröffnete mit der Unterstützung seiner Familie sein erstes Büro. Taggart zog es bereits früh in die Politik, er trat dem Third Ward Republican Club bei und war vor allem im Wahlkampf ein äußerst verlässlicher Mitarbeiter. Er schrieb nicht nur Texte für die Kampagnen, sondern vervielfältigte sie eigenständig und drückte sie den Leuten persönlich in die Hand. Trotz seiner gehobenen Stellung arbeitete Tommy direkt mit den ihm unterstellten Wahlkreishelfern zusammen. Er war trotzdem keiner von den »Jungs«. Es ist eine wenig bekannte Tatsache, dass Tommy Taggart homosexuell war. Ein Kneipenbesitzer mit guten Verbindungen drückte es so aus: »Tja, was soll ich sagen? Er stand auf Jungs, kleine Jungs. Ich hab ihn mehrmals mit gut aussehenden jungen Schwuchteln verkuppelt. Er war ein verdammt guter Politiker, obwohl er schwul war.« 70
Die Politik faszinierte Taggart allerdings noch mehr als gut aussehende junge Männer. Er widmete sich mit Leib und Seele der Partei, und Nucky war beeindruckt von seiner Loyalität und Hingabe. 1934 nominierte er ihn über den Kopf einiger älterer Bewerber für das Parlament des Bundesstaats. Damit heiratete Taggart endgültig in den Politbetrieb von Atlantic City ein. »Er war ein grundsolider Gefolgsmann der Organisation. Er stieg auf, weil er nach den Regeln spielte.« 71
Sobald er im Amt war, begriff Taggart, dass der Wahlkampf nur der Anfang gewesen war. Man erwartete, dass er sich rund um die Uhr für seine Bürger einsetzte. Allerdings verdiente ein Parlamentsabgeordneter damals nicht mehr als 500 Dollar im Jahr. Nucky verlieh Taggart deshalb ein zusätzliches Amt, um sein Gehalt aufzubessern. Taggart wurde »Protokollführer der Polizei« ( Police Recorder ), vergleichbar mit einem Gemeinderichter, und entschied fortan über Fälle von Kleinkriminalität, ungebührlichem Benehmen und Verkehrsdelikten.
Das Gemeindegericht war ein wichtiger Teil des Wahlkreis-Systems, und sein Vorsitzender musste ein Teamplayer sein.
»Wenn man deinen Onkel wegen Trunkenheit einsperrte, holte ihn der Wahlkreisleiter raus. Wenn man deinen Sohn mit aufs Revier nahm, weil er sich zur falschen Zeit am falschen Ort herumgetrieben hatte, holte ihn der Bezirksleiter ab. Wenn dein Bruder in eine Schlägerei verwickelt war, sorgte der Bezirksleiter dafür, dass man ihn nicht verurteilte«, erzählt Richard Jackson.
Die Bezirksleiter und ihre Vorsteher brauchten dafür einen Schnellzugang zur Justiz. Der Police Recorder musste das Gesetz zu ihren Gunsten beugen, wenn es nötig war. Er wusste, was zu tun war, wenn die Wahlkreisleiter sein Büro stürmten und ihm mit den Worten »Los, kümmere dich drum« 72 zahlreiche Vorladungen auf den Tisch warfen.
Tommy Taggart war ein guter Police Recorder. Er begriff, dass er in dieser Position seine Karriere vorantreiben konnte, und die Gelegenheit nutzte er. Durch seine Tätigkeit stand er in täglichem Kontakt mit den Bezirksleitern und ihren Stellvertretern und baute sich so ein Netzwerk aus Partnern auf, die ihm gern einen Gefallen taten. 1936 wurde er erneut ins Parlament des Bundesstaats gewählt und 1937 sogar zum Senator. Taggart war der beliebteste republikanische Politiker der Stadt und sah sich nicht zu Unrecht als Nuckys legitimer Nachfolger. Als die Ermittlungen des FBIs begannen, war sich Taggart sicher, dass »etwas zu holen war«, und positionierte sich als kommender Boss von Atlantic City.
1940 unternahm er den ersten großen Schritt dazu. Mit der Unterstützung des Stadtrats wollte er Bürgermeister werden, doch bei der Auswahl seines Kabinetts unterlief ihm ein Fehler. Er wehrte sich gegen den von seiner Partei zum Vizebürgermeister vorgeschlagenen Al Shahadi. Taggart hatte Angst, dass Shahadi einen anderen Kandidaten als Bürgermeister vorschlagen könnte. Shahadi wurde trotzdem nominiert und unterstützte Taggart wie vorgesehen, aber dessen Ansehen innerhalb der Organisation war beschädigt. Nucky und seine Gefolgsleute erkannten jetzt, dass Taggart »eigene Pläne« hatte, und es gefiel ihnen nicht. Trotz seiner Beliebtheit begann Taggart seine Amtszeit 1940 mit erheblichem Gegenwind.
Der Abgeordnete Frank Farley beobachtete Taggarts Schritte genau. Er war ein junger Anwalt aus einfachen Verhältnissen, der 1937 ins Parlament des Bundesstaates gewählt worden war, im selben Jahr, als Taggart Senator von New Jersey
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