Boardwalk Empire

Orman war Immobilienmakler und nicht besonders gebildet, dafür umso gerissener. Er hatte gut an der Prohibition verdient und war einer von Nuckys wichtigsten Gefolgsleuten. Orman erkannte sofort Haps Potenzial. Er freundete sich mit ihm an und lud ihn und Honey regelmäßig zum Essen ein. Durch seine Freundschaft mit Orman und indem er Nucky Johnson beobachtete, lernte Farley viel über das Zusammenspiel von Politik und Unterwelt. Als man Farley 1937 aufforderte, für das Parlament von New Jersey zu kandidieren, unterstützte und finanzierte Stumpy Orman seinen Wahlkampf. Diese Investition war der Anfang einer Allianz, die 25 Jahre lang beiden von Nutzen war. Sein Netzwerk an Sympathisanten kam Farley erstmals bei der Wahl von 1937 zugute. In seinem ersten politischen Wettstreit errang Farley 127 Stimmen mehr als der republikanische Spitzenkandidat Tommy Taggart. Es war bereits Taggarts vierte Wahl, und er galt als der populärste republikanische Kandidat. Mit dem guten Ergebnis von 1937 wuchs Farleys Einfluss in der Partei. Er und sein Vizekandidat Vincent Haneman, der beliebte Anwalt und Bürgermeister des benachbarten Ortes Brigantine, machten sich schnell einen Namen als fleißige Öffentlichkeitsarbeiter, und das nicht nur in Atlantic County, sondern im gesamten Bundesstaat. Farley und Haneman verstanden sich bestens und wurden zu einem starken Duo, das 1938 und 1939 wiedergewählt wurde.
    Taggart, Farley und Haneman waren Nuckys offensichtliche Nachfolger. Neben ihnen gab es noch drei weitere Aspiranten innerhalb der Partei: den Zahnarzt James Carmack, den ehemaligen Kongressabgeordneten und Polizeichef Walt Jeffries und Stadtratsmitglied Joe Altman, einen ehemaligen Parlamentarier und Police Recorder. Farley beschäftigte sich eindringlich mit den Schwächen, Stärken und Zielen seiner Konkurrenten und legte sich für jeden eine eigene Strategie zurecht. Er fing mit Haneman an.
    Als Taggart zum Bürgermeister gewählt wurde, verbot ihm der Parteivorsitz die Wiederwahl in den Senat des Bundesstaates – Farley oder Haneman sollten ihn ersetzen. Haneman war äußerst beliebt und wurde vor allem für seinen juristischen Sachverstand geschätzt. Hätte er auf eine Nominierung gedrängt, wäre er vermutlich erfolgreich gewesen. Farley wusste aber, dass sein Freund mehr Spaß an Gesetzestexten als an politischen Intrigen hatte, zudem war er sich sicher, dass Haneman nicht das Durchhaltevermögen für den Kampf um Nuckys Erbe besaß. Er wusste auch, dass Hanemans Unterstützung für ihn ausschlaggebend sein würde. Als Dank für seine Rückendeckung bei der Wahl zum Parteivorsitzenden und Senator half Farley Haneman bei der Ernennung zum Richter. Haneman wurde 1940 ans örtliche Zivilgericht berufen und 1960 sogar ans oberste Gericht des Bundesstaats. Jetzt war Carmack an der Reihe.
    Eigentlich war James Carmack nie ein ernst zu nehmender Ersatz für Nucky, allerdings hielt er sich selbst dafür und hoffte, dass sein Geld und seine Beziehungen ihm helfen würden. Farley spürte, dass es Carmack in der Hauptsache um ein Amt mit Prestige ging. Also unterstützten er und Haneman Carmacks Kandidatur zum Polizeichef von New Jersey im Jahre 1941 und gewannen ihn als Verbündeten. Dann gab es da noch Jeffries.
    Walt Jeffries diente den Republikanern seit Jahrzehnten als beliebter Stimmenfänger. Er hatte sich vom einfachen Beamten im Strandort Margate bis in den US-Kongress hochgearbeitet. Jeffries ging es im Gegensatz zu Carmack mehr ums Geld als ums Prestige und er forderte nach Nuckys Rücktritt die Stelle des Schatzmeisters für sich. Im Gegenzug versprach er, Farley bei der Wahl zum Parteivorsitzenden zu unterstützen. Doch Farleys Gehalt als Senator des Bundesstaats reichte nicht, um seinen Lebensunterhalt zu bestreiten, er wollte selbst die Position des Schatzmeisters. Haneman riet ihm zur Geduld. Die ersten drei Jahre nach Nuckys Haftantritt 1941 fungierte Jeffries als Schutzmeister. Im Jahre 1944 hatte Farley dann genug Stimmen beisammen, um Jeffries aus dem Amt zu drängen und bis 1970 Schatzmeister zu bleiben. Jetzt war nur noch Joe Altman übrig.
    Altman war ein kluger und erfahrener Politiker, ein »geschmeidiger und herzlicher Typ« 78 , der sich sowohl innerhalb der Partei als auch in der Öffentlichkeit großer Beliebtheit erfreute. Doch Altman war alles andere als ehrgeizig. Er fühlte sich in Nuckys Gefolgschaft pudelwohl, und obwohl er vielleicht über die notwendige Anhängerschaft verfügte, wollte er