Bobbie Faye: Alles wird gut (German Edition)
spüren. Etwas Übernatürliches wogte über sie hinweg.
In Seans bernsteinfarbenen Augen loderte es verhängnisvoll und heiß, und das gefiel Lonan gar nicht. Es verhieß nichts Gutes. Er sah zu Ian, der den Laptop mit den Codes kontrollierte. Er wusste, dass Ian über Überbrückungscodes verfügte, nur für den Fall, dass Sean es sich mit dem Timing der Explosionen anders überlegen sollte. Oder wenn er den Verstand verlieren sollte, was augenscheinlich im Bereich des Möglichen lag. Es war Lonans Job, diese Bomben zu zünden und sicherzustellen, dass der Zeitpunkt stimmte, und er würde Sean nicht noch einmal enttäuschen.
»Ich komme dich holen, àlainn «, sagte Sean. »Schätzchen, du hast Stil, das muss ich dir zugestehen. Am Ende wird dir das jedoch nicht guttun.«
Lonan gab Sean ein Zeichen, und sie deaktivierten beide ihre Mikrofone. »Das ist ein Trick«, sagte Lonan zu Sean, doch er wusste, dass es nichts nützen würde.
»Was sollen sie denn machen? Mich vor einem Millionenpublikum abknallen? Das hier ist die Nation, die es noch nicht mal erträgt, wenn im Fernsehen zu viel Haut gezeigt wird. Die trauen sich doch niemals, etwas Verwegenes zu tun. Nicht im nationalen Fernsehen. Lande den Vogel«, wies Sean Denny, ihren Piloten, an.
Der Regentanz breitete sich immer weiter über die Tribünen aus, und Bobbie Faye zweifelte inzwischen nicht mehr daran, dass Ce Ce auf irgendeine Weise dahintersteckte. Jedes Mal wenn die Leute ihre Arme nach oben rissen und wie irre die Hände schüttelten, krümmte sich der Hühnerfuß zusammen und griff nach etwas, und sie hatte keine Ahnung, nach was, aber es tat weh . Der seltsame Beschwörungstanz hatte sich inzwischen dem Rhythmus der Band angepasst und schien sich bereits auf eine weitere Sektion der Tribüne auszubreiten. Köpfe nickten, Körper kreisten, und der Rhythmus und das Gefühl durchdrangen Bobbie Faye als purer Schmerz und trafen ihr Herz wie Hammerschläge.
Der Helikopter vor ihr hob ab, flog in einem Halbkreis davon und machte dem dritten Platz, der bisher über dem Stadion gekreist war. Oh Mann, wie gerne hätte sie Sean wissen lassen, dass er ihrer Ansicht nach ohne Routenplaner nicht mal seinen eigenen Hintern in einem Erdloch finden konnte, aber die tanzenden Zuschauer lenkten sie ab, und die wogenden Bewegungen schwappten auf einen neuen Tribünenabschnitt über. Die Trommeln erfüllten das Stadion, hallten von den Wänden wider, schwollen pulsierend an und pumpten Adrenalin in ihren Körper. Sie wehrte sich gegen das seltsame Gefühl, das sie überkam und ihren Körper vereinnahmte. Bobbie Faye biss die Zähne zusammen, ballte die Fäuste und versuchte, sich zu sammeln.
Sie sah nach Trevor, der mit verschränkten Armen dastand, damit er unauffällig in sein Mikrofon sprechen konnte. Wieder traf sie mit voller Wucht dieser eine Gedanke: Er hatte ihr nicht vertraut.
Es war verdammt schwer, mit zerstörtem Vertrauen zu leben, denn im Leben ging es schließlich ums Geben und ums Nehmen. Ums Geben von … Geben . Vielleicht lag es an den wogenden Massen oder an den grellen Lichtern, von denen ihr schwindlig wurde, oder an dem ganzen Stress. Jedenfalls wurde ihr plötzlich klar, was auf dem Spiel stand, und die Eingebung, die sie bei seinem Anblick traf, zwang sie beinahe in die Knie. Ihre Perspektive verschob sich, sie fokussierte neu, als wäre sie die ganze Zeit blind gewesen und ihre Linsen nun plötzlich ganz klar. Durch die singenden Menschen und die wirbelnden Trommeln und die Helikopter, die ihre Positionen wechselten, begriff sie plötzlich, dass es bei der Liebe nicht darum ging, was man bekam . Es ging in der Liebe nicht nur um Gefühle, sondern auch darum, was man imstande war, zu geben, und darum, was man geben sollte. Was der andere von einem brauchte.
Dort stand er und gab ihr das Wichtigste, was er hatte: Er war bei ihrem Plan ihr Partner. Er vertraute darauf, dass sie ihren Part erfüllen würde, glaubte daran, dass sie in einer Krisensituation etwas Außergewöhnliches vollbringen konnte. Sein Leben – ihrer aller Leben – hing genauso von ihrem wie auch seinem Anteil an dem Plan ab.
Glauben. Er brauchte ihren Glauben an ihn. Daran, wer er war, wer er geworden war, was er aus seinem Leben gemacht hatte, was aus ihnen werden konnte, ungeachtet aller Fehler und Missverständnisse. Er hatte sich ihr nicht rückhaltlos geöffnet. Man konnte nur glauben, wenn man sich dazu entschloss. Sie konnte nun seine Ängste nachvollziehen,
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