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Bockmist

Bockmist

Titel: Bockmist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurie Hugh
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teilweise von Menschen, die ich sehr gern hatte.
    Und der Grund dafür – der Preis am Ende dieser japanischen Gameshow, in der ich mich schon seit Ewigkeiten herumtrieb – saß mir jetzt in einem sicheren, warmen Londoner Pub gegenüber und trank einen Whisky, während draußen die Menschen vorbeiliefen, Manschettenknöpfe kauften und sich über das außergewöhnlich schöne Wetter ausließen.
    Hätten Sie da vielleicht nicht gelabert?
     
    Wir gingen zum Ford zurück, und ich fuhr uns durch die Gegend.
    Sarah war immer noch wortkarg und sagte nur, daß sie sicher sei, nicht verfolgt zu werden. Ich meinte, prima, da sei ich aber froh, und glaubte ihr kein Wort. Also gondelte ich durch die Gegend und behielt den Rückspiegel im Auge. Ich fuhr durch enge Einbahnstraßen und grüne verkehrsarme Alleen, flog auf dem Westway Ausweichmanöver von Spur zu Spur und entdeckte nichts. Ich sagte mir, scheiß auf die Kosten, fuhr in zwei mehrgeschossige Parkhäuser und gleich wieder hinaus, denn das ist für die Verfolger immer ein Albtraum. Nichts.
    Sarah blieb im Wagen, ich stieg aus und tastete unter Stoßstangen und Kotflügeln eine Viertelstunde lang nach einem Magnetpeilsender, bis meine letzten Zweifel ausgeräumt waren. Ich hatte sogar ein paarmal angehalten und den Himmel nach schwirrenden Polizeihubschraubern abgesucht.
    Nichts.
    Wäre ich ein Wetter gewesen und hätte ich etwas zum Wetten gehabt, dann hätte ich alles darauf gesetzt, daß wir sauber waren, weder verfolgt noch beobachtet wurden.
    Allein in einer totenstillen Welt.
     
    Man redet vom Einbruch der Nacht, was mir immer schon spanisch vorkam. Vielleicht war man früher der Meinung, daß sie über uns hereinbräche. Oder dieser ominöse »man« glaubte, die Sonne bräche ein, fiele vom Himmel in die Tiefe. Von mir aus, nur müßte man dann auch vom Einbruch des Tages reden. Über Paddington dem Bären brach der Tag ein. Aber wenn wir schon mal ein Buch gelesen haben, wissen wir, daß der Tag nicht einbricht. Er bricht an. In Büchern bricht der Tag an und die Nacht ein.
    In Wahrheit steigt die Nacht wie der Nebel aus der Erde. Der Tag klammert sich nach Leibeskräften fest, hell und strahlend, hat sich in den Kopf gesetzt, die Party als letzter zu verlassen, während der Boden schon dunkel wird, die Nacht einem um die Knöchel wabert, für alle Zeiten die runtergefallene Kontaktlinse verschluckt und dafür sorgt, daß man als Gully im Cricket beim letzten Wurf vom Over den flachen Ball nicht fängt.
    Auf Hampstead Heath stieg die Nacht auf, als Sarah und ich dort spazierengingen, mal Händchen hielten und mal nicht.
    Wir redeten nicht viel, lauschten nur den Geräuschen unserer Füße auf dem Gras, dem Modder und den Steinen.
    Schwalben schossen hin und her, füllten wieder Busch und Tal wie verstohlene Homosexuelle, während die verstohlenen Homosexuellen ganz wie die Schwalben hin und her schossen. Auf der Heide herrschte an jenem Abend Hochbetrieb. Vielleicht ist das auch jeden Abend so. Überall waren Männer unterwegs, allein, paarweise, im Dreiergespann und in größeren Gruppen, prüften, winkten, feilschten und vögelten: verkorkten sich, um jene sekundenlange Entladung zu spenden oder zu empfangen, damit sie wieder nach Hause gehen und sich auf die neue Folge von Inspector Morse konzentrieren konnten, ohne kribbelig zu werden.
    So sind sie, die Männer, dachte ich. Das nenn’ ich noch echte männliche Sexualität. Nicht ohne Liebe, aber getrennt von Liebe. Schnell, ordentlich und gründlich. Der Fiat Panda eben.
    »Woran denkst du?«, fragte Sarah und heftete beim Gehen ihren Blick auf den Boden.
    »An dich«, sagte ich fast ohne Stocken.
    »An mich?«, fragte sie, und wir liefen wortlos weiter. Dann: »Gutes oder Schlechtes?«
    »Oh, eindeutig Gutes.« Ich sah sie an, aber sie sah immer noch stirnrunzelnd zu Boden. »Eindeutig Gutes«, wiederholte ich.
    Wir kamen an einen Weiher, blieben stehen, starrten aufs Wasser, ließen Kieselsteine darüber hinflitschen und bedankten uns allgemein für jenen archaischen Mechanismus, der die Menschen zum Wasser zieht. Ich erinnerte mich an unseren letzten gemeinsamen Abend am Flußufer bei Henley. Vor Prag, vor dem Schwert, vor allen möglichen Dingen.
    »Thomas«, sagte sie.
    Ich drehte mich zu ihr und fixierte sie, weil ich auf einmal das Gefühl hatte, sie hätte sich etwas zurechtgelegt und wollte es jetzt so schnell wie möglich loswerden.
    »Sarah«, sagte ich.
    Sie sah weiterhin auf die

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