Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bockmist

Bockmist

Titel: Bockmist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurie Hugh
Vom Netzwerk:
Kopfrechnen.
    »Fünf.«
    Er seufzte gereizt. Schluß jetzt, 4B, setzt euch.
    »Der Alexander Woolf, der hier zur Debatte steht«, sagte er mit der sarkastischen Pedanterie, auf die früher oder später jeder Engländer hinter einem Schreibtisch verfällt, »besitzt ein Haus in der Lyall Street, Belgravia.«
    »Lyall Street. Natürlich.« Ich schlug mir an die Stirn. »Dann sind’s sechs.«
    O’Neal warf Solomon einen Blick zu, aber von dort war keine Hilfe zu erwarten. Er sah mich erneut mit einem gruseligen Lächeln an.
    »Ich frage Sie, Mr Lang, was wissen Sie über ihn.«
    »Er besitzt ein Haus in der Lyall Street, Belgravia«, sagte ich. »Hilft Ihnen das weiter?«
    Diesmal schlug O’Neal einen anderen Weg ein. Er holte tief Luft und atmete langsam aus, womit er mir vermutlich bedeuten wollte, unter dem pummeligen Äußeren warte eine gutgeölte Mordmaschine, und er sei drauf und dran, über den Tisch zu springen und mir an die Gurgel zu gehen. Es war ein lächerlicher Auftritt. Er griff in eine Schublade, zog einen braungelben Schnellhefter heraus und blätterte unwirsch darin.
    »Wo waren Sie gestern abend um halb elf?«
    »Vor der Elfenbeinküste surfen«, sagte ich, noch bevor er die Frage ganz ausgesprochen hatte.
    »Ich habe Ihnen eine ernste Frage gestellt, Mr Lang«, sagte O’Neal. »Ich rate Ihnen schärfstens, sie ernsthaft zu beantworten.«
    »Und ich sage, das geht Sie einen feuchten Kehricht an.«
    »Meine Aufgabe …«, setzte er an.
    »Ihre Aufgabe ist die Verteidigung.« Ich brüllte auf einmal mit voller Stimme und sah aus dem Augenwinkel, daß Solomon sich zu mir gedreht hatte, um meinen Ausbruch nicht zu verpassen. »Und Sie werden dafür bezahlt, daß Sie mein Recht verteidigen, tun und lassen zu können, was ich will, ohne daß ich Unmengen idiotischer Fragen beantworten muß.« Mit normaler Lautstärke fragte ich dann: »Sonst noch was?«
    Er antwortete nicht, also kehrte ich ihm den Rücken zu und ging zur Tür.
    »Bis die Tage, David«, sagte ich.
    Auch Solomon antwortete nicht. Meine Hand lag bereits auf der Türklinke, als O’Neal das Wort ergriff.
    »Lang, bitte nehmen Sie zur Kenntnis, daß ich Sie verhaften lassen kann, sobald Sie dieses Gebäude verlassen.«
    Ich drehte mich um und sah ihn an.
    »Mit welcher Begründung?«
    Plötzlich schmeckte mir das Ganze nicht mehr. Es schmeckte mir nicht, weil O’Neal zum erstenmal seit meinem Eintreten entspannt wirkte.
    »Mord auf Bestellung.«
    Plötzlich war es ganz still im Zimmer.
    »Bestellung?«, fragte ich.
     
    Sie wissen, wie das ist, wenn man mitten im Gesprächsfluß ins Stocken gerät. Normalerweise werden die Wörter vom Gehirn zum Mund geschickt, und unterwegs prüft man sie hier und da noch mal, um sicherzugehen, daß es auch wirklich die Wörter sind, die man bestellt hat, und daß sie hübsch eingepackt sind, bevor man sie für den Transport zum Gaumen bündelt, von dem sie schließlich hinaus an die frische Luft gehen.
    Aber wenn Sie mitten im Gesprächsfluß ins Stocken geraten, dann hapert es manchmal mit dieser Prüfinstanz.
    O’Neal hatte drei Wörter gesagt: »Mord auf Bestellung.«
    Eigentlich hätte ich mit ungläubiger Stimme das Wort »Mord« wiederholen müssen; ein sehr kleiner und psychisch gestörter Teil der Bevölkerung hätte sich für das »auf« entschieden; aber das einzige dieser drei Wörter, das ich definitiv nicht hätte wiederholen dürfen, war »Bestellung«.
    Bei einer Wiederholung des Gesprächs hätte ich natürlich alles anders gemacht. Aber wir wiederholten es nicht.
     
    Solomon sah mich an, und O’Neal sah Solomon an. Ich war mit Wortschaufel und Handfeger beschäftigt.
    »Was, zum Teufel, meinen Sie eigentlich? Wenn Sie die Geschichte von gestern abend meinen und meine Aussage gelesen haben, dann sollten Sie eigentlich wissen, daß ich den Mann noch nie im Leben gesehen habe, daß ich in Notwehr gegen versuchte Körperverletzung gehandelt habe und daß er sich im Eifer des Gefechts … den Kopf aufschlug.«
    Plötzlich merkte ich, wie schwach diese Wendung klang.
    »Die Polizei«, fuhr ich fort, »hatte keine weiteren Fragen, und …«
    Ich stockte.
    O’Neal lehnte sich im Stuhl zurück und verschränkte die Hände hinter dem Kopf. In beiden Achselhöhlen sah man Schweißflecken in der Größe von 10-Pence-Stücken.
    »Ei gewiß, sie konnten ja auch keine weiteren Fragen haben, oder?«, sagte er und blickte widerlich selbstzufrieden drein. Er wartete auf meine Entgegnung, aber mir

Weitere Kostenlose Bücher