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Bockmist

Bockmist

Titel: Bockmist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurie Hugh
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wieder nickte er, nichts davon paßte ihm in den Kram, aber er mußte eigentlich merken, daß ich nicht direkt Luftschlangen blies.
    Als wir uns dem Konsulat näherten, verlangsamte Solomon, fuhr den Peugeot einmal um den Block und hielt vor einer Andentanne. Wir sahen eine Zeitlang in ihren hohen, rauschenden Wipfel, dann nickte ich ihm zu, wir stiegen aus, und er schloß den Kofferraum auf.
    Ich sah zwei Pakete vor mir. Einen Kasten von der Größe eines Schuhkartons und eine über anderthalb Meter lange Röhre. Beide waren in braunes, wasserabweisendes Papier verpackt. Sie trugen keine Beschriftung, keine Seriennummern, keine Verfallsdaten.
    Solomon ließ sich deutlich anmerken, daß er sie nicht anrühren würde, also beugte ich mich vor und wuchtete sie selbst aus dem Wagen.
    Er warf die Autotür zu und ließ den Motor an, während ich zur Konsulatsmauer ging.
     

24
     
    Doch horch! Mein Herz schlägt meinem Nahn
    Der Trommel gleich den Rhythmus an.
    BISHOP HENRY KING
     
    Das amerikanische Konsulat von Casablanca liegt mitten auf dem grünen Boulevard Moulay Yousses, eine winzige, vollkommene Enklave der französischen Prachtentfaltung im neunzehnten Jahrhundert, erbaut, um dem ermatteten Kolonialisten nach seinem harten Tagwerk der Infrastrukturgestaltung bei der Entspannung zu helfen.
    Die Franzosen kamen nach Marokko und schufen Straßen, Eisenbahnen, Krankenhäuser, Schulen sowie einen Sinn für Mode – was für den Durchschnittsfranzosen eben so alles zur modernen Zivilisation gehört –, und als der Feierabend nahte, sahen die Franzosen alles an, was sie gemacht hatten, und siehe, es war sehr gut, und sie sagten sich, wir haben es verdammt noch mal verdient, wie die Maharadschas zu leben. Und so lebten sie auch. Eine Zeitlang.
    Aber als ihnen das benachbarte Algerien um die Ohren flog, erkannten die Franzosen, daß man nicht immer so gierig sein sollte; und so öffneten sie ihre Louis Vuittons, packten ihre Flakons mit Rasierwasser ein, die anderen Flakons mit Rasierwasser auch, schließlich noch das Extrafläschchen, das irgendwie hinter den Toilettenspülkasten gerutscht war und sich bei näherer Prüfung als Rasierwasser erwies, und stahlen sich in die Nacht hinaus.
    Die Erben der von den Franzosen hinterlassenen riesigen Stuckpaläste waren weder Prinzen noch Sultane oder Wirtschaftsmagnaten. Sie waren auch keine Nachtclubsänger, Fußballprofis, Gangster oder Seifenopernstars. Es waren dank eines unglaublichen Zufalls Diplomaten.
    Ein unglaublicher Zufall ist das, weil diese überall so abgesahnt haben. In jeder Stadt und jedem Land der Welt leben und arbeiten die Diplomaten in den kostbarsten und begehrtesten Liegenschaften überhaupt. Ob Herrenhäuser, Schlösser, Paläste oder Zwanzigzimmervillen mit angeschlossenem Wildpark, egal, worum es sich handelt, die Diplomaten kommen, sehen sich einmal um und sagen, ja, ich glaube, hier läßt sich’s aushalten.
    Bernhard und ich rückten unsere Krawatten zurecht, verglichen unsere Uhren und stiegen die Treppe zum Haupteingang hoch.
     
    »Also dann, meine Herren, was kann ich für Sie tun?«
    Für-Sie-Roger Buchanan war Anfang fünfzig und hatte im diplomatischen Korps Amerikas den Zenit seiner beruflichen Laufbahn erreicht. Seine letzte Versetzung hatte ihn nach Casablanca gebracht, er lebte jetzt seit drei Jahren hier und war’s zufrieden, aber klar doch. Prächtiges Land, prächtige Leute, die Küche vielleicht etwas fetthaltig, aber sonst einfach spitze.
    Das fette Essen hatte Für-Sie-Rogers Appetit offenbar nicht nachhaltig beeinträchtigt, denn er brachte mindestens hundert Kilo auf die Waage, was für etwa eins fünfundsiebzig eine beachtliche Leistung ist.
    Bernhard und ich sahen uns mit hochgezogenen Augenbrauen an, als spielte es eigentlich keine Rolle, wer als erster das Wort ergriff.
    »Mr Buchanan«, sagte ich würdevoll, »wie mein Kollege und ich in unserem Brief bereits erwähnt haben, produzieren wir die nach unserem Dafürhalten besten Gummihandschuhe von ganz Nordafrika.«
    Bernhard nickte bedächtig, als würde er diese Einschätzung unter Umständen auf die ganze Welt ausdehnen, fände das aber nicht so wichtig.
    Ich fuhr fort: »Wir haben Produktionsanlagen in Fez und Rabat und eröffnen demnächst ein Werk am Stadtrand von Marrakesch. Unser Produkt ist ein erstklassiges Produkt, das steht für uns außer Frage. Vielleicht haben Sie davon gehört, vielleicht haben Sie es sogar schon benutzt, wenn Sie ein sogenannter ›neuer

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