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Bockmist

Bockmist

Titel: Bockmist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurie Hugh
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weißen Wänden und einem hallenden Kachelboden, der jedes Flüstern in Rufen verwandelte und jedes Schmunzeln in ein dröhnendes Gelächter.
    Eine Ralph-Lauren-Blondine mit Kulleraugen nahm mir den Helm ab und führte mich an einen Tisch am Fenster, wo ich ein Tonic Water für mich bestellte und einen großen Wodka gegen den Schmerz in der Achselhöhle. Um mir bis zu Woolfs Ankunft die Zeit zu vertreiben, konnte ich zwischen Ewans Restaurantführer und der Speisekarte wählen. Die Karte war etwas länger, also fing ich damit an.
    Die erste Vorspeise ging unter dem Namen »Crostini von geschrotenem Taro an Benatore-Kartoffeln« an den Start und brachte beeindruckende 12 Pfund 65 auf die Waage. Die Ralph-Lauren-Blondine trat wieder an den Tisch und fragte, ob sie mich bei der Speisekarte beraten könne. Ich bat sie um eine Erklärung, was Kartoffeln seien. Sie verzog keine Miene.
    Ich wollte soeben die Beschreibung des zweiten Gerichts aufdröseln, die von mir aus auch pochierter Marx Brother bedeuten konnte, als ich Woolf an der Tür entdeckte, der eine Aktenmappe umklammerte, während ein Ober ihm aus dem Mantel half.
    Als mir gerade auffiel, daß unser Tisch für drei Personen gedeckt war, tauchte Sarah Woolf hinter ihm auf.
    Sie sah – ich hasse dieses Wort – atemberaubend aus. Absolut atemberaubend. Ich weiß, das ist ein Klischee, aber es gibt Momente, da geht einem plötzlich auf, warum Klischees Klischees geworden sind. Sie trug ein schlichtes Kleid aus grüner Seide, und es fiel an ihr herab, wie alle Kleider gern einmal fallen würden, wenn man sie bloß ließe – es straffte sich an den Stellen, wo es sich straffen sollte, und bauschte sich an den Stellen, wo man sich nichts Schöneres als Bauschen vorstellen konnte. Sämtliche Anwesenden verfolgten ihre Reise an den Tisch, und ein Raunen wehte durch den Raum, als Woolf ihr beim Hinsetzen den Stuhl zurechtschob.
    »Mr Lang«, sagte Woolf senior, »schön, daß Sie gekommen sind.« Ich nickte ihm zu. »Meine Tochter kennen Sie ja.«
    Ich warf Sarah einen Blick zu, aber sie betrachtete stirnrunzelnd ihre Serviette. Selbst ihre Serviette sah besser aus als die aller anderen Gäste.
    »Aber natürlich«, sagte ich. »Mal überlegen. Wimbledon? Henley? Dick Cavendishs Hochzeit? Nein, ich hab’s. Das letzte Mal haben wir uns zu beiden Seiten eines Revolvers getroffen. Wie schön, Sie wiederzusehen.«
    Es war freundlich gemeint, sogar als Scherz, aber als sie mich noch immer keines Blickes würdigte, gerann der Satz zu einer Bosheit, und ich wünschte, ich hätte die Klappe gehalten und nur gelächelt. Sarah arrangierte ihr Besteck in eine zweifellos schönere Formation um.
    »Mr Lang«, sagte sie, »ich bin mitgekommen, weil mein Vater darum bat, ich möge mich entschuldigen. Ich bin mir keiner Schuld bewußt, aber Sie sind verwundet worden, und das war nicht beabsichtigt. Deswegen tut es mir leid.«
    Woolf und ich warteten darauf, daß sie weitersprach, aber mehr schien sie im Augenblick nicht sagen zu wollen. Sie saß einfach nur da und wühlte in ihrer Tasche nach einem Grund, mich nicht anzuschauen. Anscheinend fand sie mehrere, was mich verblüffte, denn die Tasche war ziemlich klein. Woolf winkte einen Ober heran und wandte sich an mich. »Hatten Sie schon Gelegenheit, sich die Karte anzusehen?« »Hab’ einen Blick drauf geworfen«, sagte ich, »und mir sagen lassen, was Sie nähmen, sei ganz ausgezeichnet.« Der Ober erschien, und Woolf lockerte seine Krawatte. »Zwei Martinis«, sagte er, »sehr trocken, und …« Er sah mich an, und ich nickte. »Wodka Martini«, sagte ich. »Unglaublich trocken. Staubig, wenn Sie das hinkriegen.«
    Der Ober schob ab, und Sarah sah sich im Saal um, als langweile sie sich jetzt schon. Sie hatte bezaubernde Halssehnen.
    »Also dann, Thomas«, sagte Woolf. »Was dagegen, wenn ich Sie Thomas nenne?« »Keine Spur«, sagte ich. »Ist ja schließlich mein Vorname.« »Gut. Thomas. Zunächst: Wie geht es Ihrer Schulter?« »Prima«, sagte ich, und er wirkte erleichtert. »Viel besser als meiner Achselhöhle. Da bin ich nämlich angeschossen worden.«
    Zuletzt, zu guter Letzt wandte sie den Kopf und sah mich an. Ihre Augen sahen viel sanfter drein, als sie auftreten wollte. Sie senkte den Kopf etwas, und ihre Stimme klang leise und angeknackst.
    »Ich hab’ Ihnen doch gesagt, daß es mir leid tut«, sagte sie.
    Ich suchte verzweifelt nach einer Erwiderung, nach etwas Nettem und Sanftem, aber mein Verstand war so

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