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Bockmist

Bockmist

Titel: Bockmist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurie Hugh
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hatte es mir bestimmt nicht gekauft. »Hören Sie genau zu«, sagte Woolf, »ich möchte, daß Sie Seite 26 aufschlagen und sich den fünften Eintrag merken. Wir sehen uns dort in einer halben Stunde.«
    Ich hörte ein Rascheln in der Leitung und dachte, er hätte aufgelegt, aber dann hörte ich noch einmal seine Stimme.
    »Lang?«
    »Ja?«
    »Lassen Sie den Führer nicht in der Wohnung liegen.«
    Ich holte tief und erschöpft Luft.
    »Mr Woolf«, sagte ich, »ich bin vielleicht doof, aber so doof bin ich auch nicht.«
    »Das hoffe ich auch.«
    Er legte auf.
     
    Der fünfte Eintrag auf Seite 26 in Ewans umfassender Anleitung, wie man im Großraum London seine Dollars unters Volk bringt, lautete »Giare, 216 Roseland, WC2, Ital. 60 Pers. aircond. Visa, Mast, Amex«, gefolgt von drei gekreuzten Löffelpaaren. Kurzes Blättern verriet mir, daß Ewans mit seinem Dreilöffelmotiv ziemlich sparsam umging, ich konnte mich also zumindest auf ein anständiges Abendessen freuen.
    Mein einziges Problem war im Moment, wie ich dort hinkommen sollte, ohne ein Dutzend Staatsbeamte in braunen Regenmänteln ins Schlepptau zu nehmen. Ich wußte zwar nicht, wie Woolf es angestellt hatte, aber wenn er sich schon die Mühe mit dem Restaurantführertrick gemacht hatte (der mir gefiel, das muß ich zugeben), dann mußte er einigermaßen sicher sein, daß er sich bewegen konnte, ohne von fremden Männern belästigt zu werden.
    Ich verließ meine Wohnung und ging zur Haustür hinunter. Mein Helm lag oben auf dem Gaszähler neben einem Paar ramponierter Lederhandschuhe. Ich öffnete die Haustür, schob den Kopf hinaus und sah mich auf der Straße um. Nirgends richtete sich eine Gestalt mit Filzhut an einem Laternenpfahl auf und schnippte eine filterlose Zigarette in eine Pfütze. Aber das hatte ich genaugenommen auch nicht erwartet.
    Fünfzig Meter links von mir konnte ich einen dunkelgrünen Leyland-Lieferwagen erkennen, dem eine Kautschukantenne aus dem Dach ragte, rechts war auf der anderen Straßenseite ein rot-weiß gestreiftes Straßenbauzelt zu sehen. Beide konnten unschuldig sein.
    Ich wich in den Hausflur zurück, setzte den Helm auf, holte den Schlüsselbund aus der Tasche und zog die Handschuhe an. Dann hob ich die Briefkastenklappe in der Haustür an, brachte die Fernbedienung der Motorrad-Alarmanlage in Höhe des Schlitzes und drückte auf den Knopf. Die Kawasaki blinkte mich einmal an und teilte mir mit, ihre Alarmanlage sei jetzt ausgeschaltet, also riß ich die Tür auf und rannte die Straße hinab, so schnell meine Achselhöhle es mir erlaubte.
    Die Maschine sprang beim ersten Versuch an, was bei japanischen Motorrädern so üblich ist, ich zog den Choke halb raus, ließ den ersten Gang einrasten und die Kupplung kommen. Ich setzte mich auch drauf, falls Sie schon Angst hatten. Als ich an dem dunkelgrünen Lieferwagen vorbeikam, muß ich schon gut sechzig Stundenkilometer draufgehabt haben und lachte mich scheckig, als ich mir einen Haufen Männer in Anoraks vorstellte, die die Inneneinrichtung jetzt mit den Ellbogen traktierten und »Scheiße« sagten. Als ich das Ende der Straße erreichte, sah ich im Rückspiegel die Scheinwerfer eines Autos, das hinter mir ausparkte. Es war ein Rover.
    In Rufweite der Geschwindigkeitsbegrenzung bog ich nach links in die Bayswater Road ein und hielt an einer Ampel, die in all den Jahren, in denen ich ihr nahegekommen bin, nicht ein einziges Mal grün gewesen war. Aber das war mir egal. Ich zupfte an den Handschuhen herum und rückte das Visier zurecht, bis ich spürte, daß der Rover auf der Fahrbahn neben mir aufschloß. Ich warf dem Schnurrbartgesicht am Lenkrad einen Blick zu und hätte ihm am liebsten gesagt, er solle nach Hause fahren, denn hier werde es für ihn gleich peinlich.
    Als die Ampel auf Gelb sprang, schob ich den Choke wieder rein, gab Gas, bis ich auf 5000 U/min war, und verlagerte mein ganzes Gewicht auf den Benzintank, damit das Vorderrad nicht abhob. Als die Ampel auf Grün sprang, ließ ich die Kupplung kommen und spürte, daß das gigantische Hinterrad der Kawasaki wie ein Dinosaurierschwanz zur Seite ausbrechen wollte, bis es die erforderliche Bodenhaftung fand, um mich die Straße hinabzukatapultieren.
    Zweieinhalb Sekunden später hatte ich hundert Sachen drauf, und nach weiteren zweieinhalb Sekunden verschmolzen die Straßenlaternen miteinander, und ich hatte vergessen, wie der Roverfahrer aussah.
     
    Giare war ein überraschend freundliches Restaurant mit

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