Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bockmist

Bockmist

Titel: Bockmist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurie Hugh
Vom Netzwerk:
fragte, was ich hier zu suchen hätte. Ich meinte, ich suchte so mancherlei, aber gegenwärtig würde ich mich mit Rayners Vornamen begnügen.
    Bob, sagte sie. Sie stand an meinem Ellbogen, und ihre Hand lag auf der Klinke. Sie wollte mich loswerden, beugte sich aber meinem Bademantel.
    Tut mir leid, Bob, dachte ich.
    Da hast du nun nichts als deine Pflicht getan, für die du bezahlt wurdest, und irgend so ein Arschloch kommt des Weges und zieht dir einen Marmorbuddha über die Rübe. Das ist hart.
    Ich wußte nur zu gut, daß Rayner nicht gerade ein Chorknabe war. Er war nicht mal der Junge, der den Chorknaben schikaniert. Er war mindestens der große Bruder des Jungen, der den Jungen schikaniert, der den Chorknaben schikaniert. Solomon hatte sich in den Unterlagen des Ministeriums über Rayner informiert und herausgefunden, daß dieser wegen seiner Schwarzmarktaktivitäten bei den Royal Welch Fusiliers rausgeflogen war – unter Bob Rayners Pullover war so gut wie alles, von Armeeschnürsenkeln bis hin zu Saracen-Panzerwagen, durch die Kasernentore gewandert –, aber trotzdem hatte ich ihn verletzt, also hatte ich auch Mitleid mit ihm.
    Ich legte die übriggebliebenen Weintrauben von Solomon auf den Tisch neben Bobs Bett und ging.
     
    Männer und Frauen in weißen Kitteln wollten mich überreden, noch ein paar Tage im Krankenhaus zu bleiben, aber ich schüttelte den Kopf und erklärte ihnen, es gehe mir prima. Sie rügten das, und ich mußte ein paar Formulare unterschreiben. Dann zeigten sie mir, wie ich den Verband unter dem Arm wechseln mußte, und schärften mir ein, sofort zurückzukommen, wenn die Wunde sich heiß anfühle oder zu jucken anfange.
    Ich dankte ihnen für ihre Freundlichkeit und lehnte den angebotenen Rollstuhl ab. Er hätte mir auch wenig genützt, denn der Fahrstuhl war außer Betrieb.
    Dann schleppte ich mich in einen Bus und fuhr nach Hause.
     
    Meine Wohnung lag noch da, wo ich sie verlassen hatte, kam mir aber kleiner vor als früher. Der Anrufbeantworter hatte keine Nachrichten aufgezeichnet, und der Kühlschrank war leer bis auf den Becher Biojoghurt und die Selleriestange, die ich von meinem Vormieter übernommen hatte.
    Meine Brust schmerzte, wie man mir prophezeit hatte, also legte ich mich aufs Sofa und sah mir ein Rennen in Doncaster an, mit einem großen Tumbler »Die Dame brennt ja schon wieder lichterloh« in Reichweite.
    Irgendwann muß ich eingedöst sein, denn das Telefon weckte mich. Ich fuhr hoch, stöhnte auf, weil sich die schmerzende Achselhöhle meldete, und griff nach der Whiskyflasche. Leer. Da ging’s mir erst richtig schlecht. Ich nahm den Hörer ab und sah auf die Uhr. Zehn nach acht oder zwanzig vor zwei. Genauer konnte ich’s nicht sagen.
    »Mr Lang?«
    Mann. Amerikaner. Klick, surr. Komm schon, dich kenn’ ich doch.
    »Ja.«
    »Mr Thomas Lang?« Verstanden. Ja, Mike, die Stimme hab’ ich in fünf Sekunden. Ich schüttelte den Kopf, um aufzuwachen, und spürte etwas hin und her scheppern.
    »Wie geht’s Ihnen denn, Mr Woolf?«, fragte ich.
    Schweigen am anderen Ende. Dann: »Besser als Ihnen, nach allem, was ich gehört habe.«
    »Halb so wild«, meinte ich.
    »Ach ja?«
    »Meine größte Angst im Leben war immer, daß ich meinen Enkelkindern nicht genug Geschichten erzählen könnte. Meine Erlebnisse mit der Familie Woolf sollten aber bis zu ihrer Konfirmation reichen.«
    Ich glaubte, ihn lachen zu hören, aber vielleicht war es auch nur ein Knacken in der Leitung. Oder einer von O’Neals Truppe war über die eigene Wanze gestolpert.
    »Passen Sie auf, Lang«, sagte Woolf. »Ich möchte, daß wir uns irgendwo treffen.«
    »Ei gewiß möchten Sie das, Mr Woolf. Was darf’s denn diesmal sein? Möchten Sie mir Geld dafür anbieten, daß ich Sie sterilisiere, ohne daß Sie es merken? Etwas in der Richtung?«
    »Ich möchte Ihnen alles erklären, wenn Sie nichts dagegen haben. Mögen Sie italienische Küche?«
    Ich dachte an den Sellerie und den Joghurt und merkte, daß ich italienische Küche sogar sehr gern mochte. Aber es gab da ein Problem.
    »Mr Woolf«, sagte ich, »bevor Sie ein Restaurant nennen, sollten Sie Plätze für mindestens zehn Leute reservieren lassen. Ich habe das dumpfe Gefühl, wir haben es hier mit einer Konferenzschaltung zu tun.«
    »Kein Problem«, sagte er vergnügt. »Direkt neben Ihrem Telefon liegt ein Restaurantführer.« Ich sah tatsächlich ein rotes Taschenbuch auf dem Tisch. Ewan’s Guide to London. Es sah neu aus, und ich

Weitere Kostenlose Bücher