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Bockmist

Bockmist

Titel: Bockmist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurie Hugh
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›Standard‹ eine Anzeige auf, oder was?«
    »Wieso, Sie wußten doch auch davon.« Ich wurde langsam müde. Ich wollte schlafen und vielleicht sogar einen Teller mit etwas Braunem und Übelriechendem.
    »Wir sind aber nicht seine Feinde, Mr Lang«, gab O’Neal zu bedenken. »Oder jedenfalls nicht in dieser Hinsicht.«
    »Wie haben Sie denn dann herausgefunden, daß ich angeblich hinter ihm her war?«
    O’Neal blieb stehen und merkte augenscheinlich, daß er mir längst einige Bände zuviel verraten hatte. Er sah verärgert zu Solomon hinüber, als sei der Schuld und habe als Anstandswauwau versagt. Solomon war die Ruhe selbst.
    »Ich wüßte nicht, warum wir ihn nicht einweihen sollten, Mr O’Neal«, sagte er. »Er hat ohne eigenes Verschulden eine Kugel in die Brust bekommen. Vielleicht heilt die Wunde schneller, wenn er weiß, wie es dazu kam.«
    O’Neal brauchte einen Augenblick, bis er das verdaut hatte, dann wandte er sich an mich.
    »Na gut«, sagte er. »Wir haben die Information, daß Sie sich mit McCluskey – oder Woolf – getroffen haben …« Er haßte das. »Wir haben diese Information von den Amerikanern.«
    Die Tür ging auf, und eine Schwester kam herein. Vielleicht war es die, die mir beim ersten Aufwachen die Hand getätschelt hatte, aber einen Eid hätte ich nicht darauf geschworen. Solomon und O’Neal waren Luft für sie, sie trat ans Bett, murkste mit meinen Kissen herum, schüttelte sie auf, stieß sie hin und her und hinterließ sie sehr viel unbequemer als sie gewesen waren.
    Ich sah zu O’Neal hoch.
    »Meinen Sie die CIA?«
    Solomon lächelte, und O’Neal hätte sich fast naßgemacht.
    Die Schwester zuckte nicht mal mit der Wimper.
     

6
     
    Die Stunde naht, doch nicht der Mann.
    WALTER SCOTT
     
    Ich verbrachte sieben Mahlzeiten im Krankenhaus, wie lang das auch sein mag. Ich sah fern, schluckte Schmerztabletten, beendete die nur halb ausgefüllten Kreuzworträtsel in alten Heften von Woman’s Own und stellte mir jede Menge Fragen.
    Zunächst: Was ging mich die ganze Sache an? Warum geriet ich in die Schußlinie und wurde von Unbekannten aus mir unerfindlichen Gründen beschossen? Was sprang für mich dabei heraus? Was sprang für Woolf dabei heraus? Was sprang für O’Neal und Solomon dabei heraus? Warum waren die Kreuzworträtsel nur halb ausgefüllt? Waren die Patienten genesen oder gestorben, bevor sie sie beenden konnten? Waren sie ins Krankenhaus gekommen, um sich eine Gehirnhälfte amputieren zu lassen, und war dies der Geschicklichkeitsbeweis des Hirnchirurgen? Wer hatte die Titelseiten der Zeitschriften abgerissen, und warum? Lautete die Antwort auf »keine Frau (4)« wirklich »Mann«?
    Aber am wichtigsten: Wer hatte das Bild von Sarah Woolf an die Innenseite der Tür meines Oberstübchens gepinnt, so daß ich sie jedesmal, wenn ich die Tür zum Denken aufriß – beim Nachmittagsfernsehen, beim Rauchen auf dem Klo am anderen Ende der Station, beim Kratzen an einer juckenden Zehe –, vor mir sah und sie mich zugleich anlächelte und anfunkelte? Ich meine, zum aberhundertsten Mal, in diese Frau war ich nun wirklich definitiv nicht verknallt.
    Ich dachte, Rayner könnte mir vielleicht ein paar dieser Fragen beantworten, und als ich das Gefühl hatte, es ginge mir gut genug, um herumschlurfen zu können, lieh ich mir einen Bademantel und machte mich auf den Weg hinauf zur Barrington-Station.
     
    Als Solomon mir erzählt hatte, Rayner liege ebenfalls im Krankenhaus Middlesex, war ich zumindest einen Augenblick lang überrascht. Es erschien mir als Ironie des Schicksals, daß wir beide uns am Ende in derselben Werkstatt reparieren lassen sollten, nach allem, was wir zusammen durchgemacht hatten. Solomon mußte mich allerdings erst mit der Nase darauf stoßen, daß in London nicht mehr viele Krankenhäuser übrig sind, und wenn man sich irgendwo südlich des Watford Gap weh tut, landet man früher oder später fast zwangsläufig im Middlesex.
    Rayner hatte ein Zimmer für sich, direkt gegenüber vom Schwesternzimmer, und war mit jeder Menge Piepskästen verkabelt. Seine Augen waren geschlossen, weil er schlief oder noch im Koma lag, und sein Kopf war mit einem riesigen Trickfilmverband umwickelt, als hätte der Road Runner den Safe einmal zu oft fallen gelassen. Er trug einen blauen Flanellpyjama, in dem er – vielleicht zum ersten Mal seit vielen Jahren – wie ein Kind aussah. Ich stand geraume Zeit an seinem Bett und hatte Mitleid, bis eine Schwester kam und mich

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