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Bodenrausch

Bodenrausch

Titel: Bodenrausch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilfried Bommert
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4 Millionen Hektar erhielten sie zugesprochen als gemeinsamen Besitz.
    Doch das Modell wurde schnell ausgehebelt durch ein Konzept der »strategischen Allianzen«, das die Zusammenarbeit von Plantagenbesitzern und Kleinbauern fördern sollte. Am Ende entpuppte es sich als nichts anderes als eine Strategie gegen die Landrechte der afrokolumbianischen Bevölkerung. 23
    Im März 2011 meldete die UN Refugee Agency UNHCR für Kolumbien einen traurigen Rekord. Kolumbien ist das Land, in dessen Grenzen die größte Zahl an gewaltsam vertriebenen Menschen auf der Welt leben. Sie zählen zu den furchtbaren Kollateralschäden eines internen Landraubs, den der wachsende Hunger nach Bioenergie und Viehfutter zunehmend von außen anheizt.
    »BRACHLAND« SÜDOSTASIEN
    Beim Blick auf die Kontinente, die der Hunger auf Land bereits heimsucht, zeigt sich, dass die treibende Kraft immer vom Kapital ausgeht. Das Ergebnis ist in allen Fällen gleich: Alteingesessene Bauern, Hirten oder Sammler werden vertrieben, ihre Kultur wird als rückständig und minderwertig abgetan. Die neuen Landlords nehmen sich das Recht, die bestehende Agrarkultur zu verdrängen und/oder auszulöschen. Der Kulturbruch, der mit der neuen Kapitalisierung der Landwirtschaft einhergeht, wird nirgendwo deutlicher als in Asien und Afrika.
    Die Landsucher haben es auf »failed states« abgesehen, gescheiterte Staaten. Dort gedeiht der Bodenraub besonders gut. Ob Kauf oder Erbpacht, die Verträge, die abgeschlossen werden, gehen fast immer zu Lasten der einheimischen Bevölkerung.
    Selbst wo sie generationenlang ihr Vieh geweidet oder ihre Felder bestellt haben, besitzen die Bauern kein Bleiberecht. Wer keinen eingetragenen Besitztitel auf sein Land vorweisen kann, und in fast ganz Afrika und Asien kennt man solche Rechte nicht, dessen Schicksal ist besiegelt. Die Familien werden zu Flüchtlingen auf der eigenen Scholle. Vor allem Frauen und Kinder gehören zu den Leidtragenden, sie stranden in den Slums der Städte, ohne Arbeit, ohne Einkommen und ohne Brot.
    Um diesen Raub zu kaschieren, hat sich die Politik eine Formel zurechtgelegt, die Formel vom »ungenutzten Land«. Sie wird den Vertretern der internationalen Presse entgegengehalten, wenn sie Nachforschungen über den Verbleib von Land und Menschen anstellen.
    Die Weltkarte der »failed states« 2011 listet vor allem afrikanische Staaten auf. 24 In Südostasien beginnt die Aufzählung mit Myanmar, Laos und Kambodscha, dem Land der Khmer.
    Als besonders geschäftstüchtig im Verkauf von »ungenutztem« Boden zeichnet sich Kambodscha aus. Die Grundbücher des Landes wurden von den Roten Khmer vernichtet. Seit den 1990er Jahren gibt es zwar wieder die Chance, Eigentumsansprüche anzumelden, aber nur 14 Prozent der über 4 Millionen Anträge wurden bisher überhaupt bearbeitet.
    Bodo Richter half als Experte der deutschen Entwicklungsorganisation Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) beim Aufbau eines neuen Bodenkatasters im Land der Khmer. Auch er bekennt, dass am Ende der lange Arm der Mächtigen bestimmte, wer wo sein Recht auf Land verbrieft bekam und wessen Land einfach einkassiert wurde. 25
    Wer heute von Phnom Penh aus nach Norden fährt, findet sich schnell in einer Reislandschaft wieder, helles Grün bildet den Kontrast zu dunklen Wolken, Regenland, fruchtbarer Boden bis zum Fuß der Berge am Horizont. Der Mekong bringt das Wasser und drängt es weit ins Land über den Tonle-Sap-Fluss. Zwei Drittel Kambodschas sind Reisland und bilden die Lebensgrundlage für 15 Millionen Kambodschaner, die Mehrheit lebt von der Landwirtschaft. Der Bürgerkrieg, der bis in die 1990er-Jahre tobte, brachte das Land an den Rand des Zusammenbruchs. Einst war es die Schweiz Südostasiens, heute gehört es zu den letzten in der Rangliste der unterentwickelten Länder. Nach dem Ende des Terrorregimes der Roten Khmer 1991 begann der Neuanfang. Doch der Weg nach oben ist mit Korruption gepflastert, auf dem Index von Transparency International für 2011 bekleidet Kambodscha den Rang 164 und damit eine Position im unteren Viertel.
    Das ist die Gemengelage, in der seit 2008 internationale Konzerne auf dem Land Wurzeln schlagen und Menschen wie den Kambodschaner Phall Mam einfach von ihren Äckern verjagen. »Ich habe mein gesamtes Land verloren. Ich weiß nicht, wie ich meine drei kleinen Kinder ernähren soll«, erklärt der junge Mann und kann seine Wut kaum zurückhalten. 26
    Auch wenn dieses Unrecht

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