Bodenrausch
sitzt in Bangkok und weiß, dass die kambodschanische Regierung auch mit anderen Staaten verhandelt. So gab Kuwait der Regierung einen Kredit über 546 Millionen Dollar, um im Gegenzug Reisland zu erhalten. Auch Katar, Südkorea, die Philippinen und Indonesien verhandeln über Land und Investitionen. Aus diesen Geschäften erhofft sich die Regierung 3 Milliarden Dollar.
Mittlerweile regt sich Widerstand, der Wortführer der Sam Rainsy Partei, Son Chhay, fragt öffentlich, warum Kuwait so viel Land in Kambodscha pachten müsse, statt seinen Bedarf an Reis auf dem Weltmarkt einzukaufen. Die Regierung solle die Landdeals deckeln, um zu verhindern, dass Kambodscha von anderen Nationen ausgeplündert werde. Aber Son Chhay gehört zur Opposition, und um die schert sich die Regierung in Phnom Penh wenig.
Die Zahl der Opfer von Vertreibungen in Kambodscha wird seit 2003 auf mehr als 250000 geschätzt. Obwohl die Zahl der Proteste und Eingaben an den Premierminister Hun Sen stetig steigt, haben sie kaum Resonanz, doch der Widerstand der Bauern im Reisland wächst.
Nicht anders sieht es im Nachbarland Laos aus. Hier soll das Regime schon 2 bis 3 Millionen Hektar an ausländische Investoren vergeben haben. Im Norden des Landes, an der Grenze zu China, liegt die Kleinstadt Boten. Offiziell gehört sie noch zu Laos, aber tatsächlich leben dort hauptsächlich Chinesen, und es werden immer mehr.
An jenem Morgen, als die Militärlaster der laotischen Armee auf dem Platz standen, wussten die Einwohner, dass dies ihr Ende in Boten bedeutete. Laut Augenzeugenberichten wurden sie wie Vieh auf die Ladeflächen getrieben und weggefahren. 20 Kilometer weiter mussten sie absteigen, in einer Barackensiedlung am Straßenrand sollten sie neu anfangen. Ihr Land hatte die Regierung in Vientiane an Chinesen übertragen. Per Vertrag über 30 Jahre, mit der Option für weitere 60 Jahre.
Laos ist im Verhältnis zu China unterbevölkert. Nur 27 Menschen pro Quadratkilometer, in China müssen sich 138 die gleiche Fläche teilen. Das kleine Volk von 6 Millionen Laoten scheint dem mächtigen Nachbarn im Norden nicht gewachsen. Bereits 10000 Quadratkilometer Land sind in chinesischen Händen, 4 Prozent der Landesfläche. 32
Auf dem Korruptionsindex von Transparency International 2011 nimmt Laos die Position 154 von 180 ein. Im Welthungerindex steht das Land auf der gleichen Stufe wie der Nachbar Myanmar, Stufe »ernst«. Die Weltbank stellt den laotischen Behörden ein miserables Zeugnis aus. Ihr Bericht spricht von Willkür und Planlosigkeit, die im Verlust von wertvollem Land und im Ausgrenzen von Schutzbedürftigen münden. Er rügt Korruption, Spekulation und Verunsicherung, Ungerechtigkeit vor dem Gesetz, Amtsmissbrauch, Begünstigung von privaten Investoren und Verweigerung von Entschädigungen gegenüber der Zivilbevölkerung. 33
Die deutsche Entwicklungsgesellschaft GIZ schätzt, dass bereits 15 Prozent des laotischen Bodens in ausländischer Hand sind. Die Welternährungsorganisation ist alarmiert über den Ausverkauf in einem Land, in dem die Hälfte der Kinder an Unterernährung leiden. Für Serge Vermiau, den Repräsentanten der Welternährungsorganisation FAO in Laos, bedeutet der Einzug der industriellen Landwirtschaft auf den laotischen Äckern auch das Ende eines einzigartigen Biotops und den Beginn einer unaufhaltsamen Erosion. »Wenn erst die Bäume geschlagen sind, dann kommt der eigentliche Ärger.« 34
Auch für die Philippinen zeigt der Welthungerindex auf Stufe »ernst«, und auch hier treibt die Oberklasse den Ausverkauf des Landes voran. Zehn Familien teilen sich hier ein Vermögen von 12,5 Milliarden US-Dollar, etwa so viel wie das, was die untersten 10 Millionen Philippinos besitzen. Diese krassen Unterschiede zwischen Besitzenden und Besitzlosen sollten durch eine Agrarreform 1988 geglättet werden, das Heer der Landlosen sollte eine Existenzgrundlage und damit wieder Bodenhaftung bekommen. 35
Doch die Reform kollidiert zunehmend mit den Plänen, große Agrarinvestoren in das Inselreich zu locken, die Kapital in die Landwirtschaft investieren. Die Investitionen erregen die Gemüter. 700 Kilometer von Manila entfernt gingen die Bauern 2007 auf die Straße, weil sie ihr Land in Gefahr sahen. San Miguel, der größte Brau- und Lebensmittelkonzern Südostasiens, hatte vor ihrer Nase ein Stück Land gekauft, das die Agrarreform eigentlich ihnen zugesprochen hatte. Napoleon Merida wollte die Sache nicht
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