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Böse Geister: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Böse Geister: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Titel: Böse Geister: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fjodor M. Dostojewskij
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wünschen, können Sie mir jeden Abend, wie damals in Petersburg, in unserer Behausung, Ihre Geschichten erzählen. Ich werde Ihnen aus Büchern vorlesen, wenn Sie es wünschen. Dafür aber bleiben wir das ganze Leben lang am selben Ort, und dieser Ort ist düster. Wollen Sie das? Sind Sie bereit? Werden Sie es nicht bereuen und mich mit Tränen und Verwünschungen verfolgen?«
    Sie hörte mit äußerster Neugier zu, schwieg lange und dachte nach.
    »Das dünkt mich alles unwahrscheinlich«, sagte sie endlich verächtlich und mäkelig. »Dann werde ich also vierzig Jahre lang in diesem Gebirge bleiben.« Sie lachte.
    »Nun, dann werden wir eben vierzig Jahre dort leben.« Nikolaj Wsewolodowitsch verfinsterte sich merklich.
    »Hm. Ich fahre um keinen Preis dorthin.«
    »Auch nicht mit mir?«
    »Was sind Sie denn, daß ich mit Ihnen fahren sollte? Vierzig Jahre lang soll ich mit so einem auf dem Berg sitzen – das würde dem so passen! O je, wie geduldig sind die Menschen heute geworden! Nein, das kann nicht sein, daß der Falke zum Uhu wird! O nein, mein Fürst ist ganz anders!« Und sie warf stolz und triumphierend den Kopf zurück.
    Plötzlich hatte er eine Eingebung.
    »Warum nennen Sie mich Fürst, und … für wen halten Sie mich?« fragte er rasch.
    »Wie? Sind Sie denn kein Fürst?«
    »Ich war es nie.«
    »Also geben Sie es zu, Sie selbst sagen mir ins Gesicht, daß Sie kein Fürst sind?«
    »Ich sage, daß ich es nie war.«
    »O Gott!« Sie schlug die Hände zusammen. »Alles hätte ich von seinen Feinden erwartet, aber eine solche Dreistigkeit – nie! Lebt er noch?« schrie sie völlig außer sich und rückte auf Nikolaj Wsewolodowitsch zu, »hast du ihn ermordet oder nicht, gestehe!«
    »Für wen hältst du mich?« Er sprang auf, sein Gesicht war entstellt; aber jetzt war sie kaum noch zu erschrecken, sie triumphierte.
    »Wer kann schon wissen, wer du bist? Und woher du plötzlich aufgetaucht bist! Aber mein Herz, mein Herz hat die ganze Intrige geahnt, die ganzen fünf Jahre! Und ich, ich sitze da und wundere mich: Was kommt da für eine blinde Eule angeflattert? O nein, mein Guter, du bist ein schlechter Schauspieler, schlechter sogar als Lebjadkin! Grüß die Gräfin schön von mir, und sag ihr, sie soll einen Besseren schicken als dich! Du stehst bei ihr im Lohn, gib’ es zu! Darfst dein Leben aus Gnade und Barmherzigkeit in der Küche fristen? Ich durchschaue euren Lug und Trug, ich kenne euch, euch alle, vom ersten bis zum letzten!«
    Er packte sie fest am Arm, oberhalb des Ellbogens; sie lachte ihm ins Gesicht:
    »Du siehst ihm ja sehr ähnlich, sehr sogar, vielleicht bist du ein Verwandter von ihm – ihr seid ein schlaues Pack! Nur – meiner ist ein lichter Falke und ein Fürst, und du bist ein Uhu und ein Krämer! Sogar vor Gott verneigt sich der Meine nur, wenn er will, und wenn er nicht mag, tut er es nicht, dich aber hat Schatuschka (ein Lieber, ein Guter, mein Täubchen ist er!) auf die Backe geschlagen, mein Lebjadkin hat es mir erzählt. Und warum warst du damals so ängstlich, als du eintratest? Wer hat dir damals einen solchen Schrecken eingejagt? Als ich damals stürzte und du mich auffingst und ich deine gemeine Visage sah – da war es mir, als wenn ein Wurm sich in mein Herz bohrte: Nein, denke ich, er ist es nicht, er ist es nicht! Niemals hätte mein Falke sich vor einem schönen Fräulein meiner geschämt! O mein Gott, ganze fünf Jahre war ich nur damit glücklich, daß mein Falke irgendwo fern, hinter den Bergen, lebt und schwebt und in die Sonne schaut … Sprich, du falscher Demetrius , wieviel hast du dafür gefordert? Hast du einen Haufen Geld dafür eingestrichen? Von mir hättest du keine Kopeke bekommen. Ha-ha-ha! Ha-ha-ha!«
    »Verdammte Idiotin!« zischte Nikolaj Wsewolodowitsch, der sie immer noch fest am Arm gepackt hielt.
    »Weg mit dir, du falscher Demetrius!« herrschte sie ihn an. »Meines Fürsten Frau bin ich, dein Messer fürcht’ ich nicht.«
    »Messer!«
    »Ja, Messer! Du trägst ein Messer in der Tasche. Du dachtest, ich schlafe, aber ich habe gesehen: Als du vorhin eintratest, hast du das Messer aus der Tasche gezogen!«
    »Was sagst du da, du Unglückliche, was für Träume träumst du?« schrie er und stieß sie mit aller Gewalt von sich, so heftig, daß sie mit den Schultern und dem Kopf schmerzhaft auf das Sofa aufschlug. Er stürzte davon; aber sie sprang augenblicklich auf und hinkte hüpfend hinter ihm her, so daß es ihr gelang, wenn auch

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