Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Böse Geister: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Böse Geister: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Titel: Böse Geister: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fjodor M. Dostojewskij
Vom Netzwerk:
während meiner Abwesenheit sehr schwer hatten.«
    »Wer hat Ihnen das erzählt? Unsinn; jetzt habe ich es viel schwerer; jetzt habe ich böse Träume, und die Träume sind böse geworden, weil Sie gekommen sind. Warum, fragt man sich, sind Sie erschienen, sagen Sie, bitte?«
    »Möchten Sie vielleicht wieder ins Kloster zurück?«
    »Na, so was! Hab’ ich es doch geahnt, daß sie mir wieder mit dem Kloster kommen! Das ist mir was Schönes, euer Kloster! Und was soll ich jetzt dort, was bring’ ich jetzt mit? Jetzt bin ich mutterseelenallein! Es ist für mich zu spät, ein drittes Leben anzufangen.«
    »Sie sind sehr verärgert, fürchten Sie vielleicht, daß ich Sie nicht mehr liebe?«
    »Ihretwegen mache ich mir überhaupt keine Sorgen. Ich fürchte, daß ich selbst jemanden nicht mehr lieben könnte.« Sie lächelte verächtlich.
    »Ich bin vor ihm wohl sehr schuldig geworden«, fügte sie plötzlich hinzu, als redete sie zu sich selber, »und nun weiß ich nicht, worin meine Schuld besteht, und das ist mein Unglück in alle Ewigkeit. Immer, immer, diese fünf Jahre lang, habe ich Tag und Nacht gefürchtet, ich wäre vor ihm irgendwie schuldig. Ich bete, bete und denke unentwegt daran, daß ich große Schuld vor ihm auf mich geladen habe. Und nun hat sich gezeigt, daß es die Wahrheit war.«
    »Aber was hat sich denn gezeigt?«
    »Ich fürchte nur, es könnte etwas von seiner Seite kommen«, fuhr sie fort, ohne auf seine Frage einzugehen, vielleicht sogar, ohne sie gehört zu haben. »Wiederum kann es nicht sein, daß er mit unbedeutendem Volk sich gemein macht. Die Gräfin möchte mich am liebsten verschlingen, obwohl sie mich in ihrer Kutsche mitgenommen hat. Alle haben sich verschworen – sollte auch er mich verraten?« (Ihr Kinn und ihre Lippen begannen zu zittern.) »Hören Sie: Haben Sie von Grischka Otrepjew gelesen, der von sieben Konzilen verflucht wurde?«
    Nikolaj Wsewolodowitsch schwieg.
    »Ich werde mich übrigens jetzt zu Ihnen wenden und Sie ansehen«, sagte sie, als habe sie sich plötzlich entschlossen, »wenden auch Sie sich zu mir, und sehen Sie mich an, aber aufmerksam. Ich möchte mich zum letzten Mal vergewissern.«
    »Ich sehe Sie schon lange an.«
    »Hm«, ließ Marja Timofejewna vernehmen, indem sie ihn eindringlich ansah, »Sie sind viel dicker geworden …«
    Sie wollte noch etwas hinzufügen, aber plötzlich, wiederum, zum dritten Mal, verzerrte sich ihr Gesicht in Sekundenschnelle in demselben Entsetzen, und sie fuhr wiederum zurück, mit vorgehaltener Hand.
    »Was haben Sie?« rief Nikolaj Wsewolodowitsch fast außer sich vor Zorn. Aber das Entsetzen hielt nur einen Augenblick an; ihr Gesicht verzog sich zu einem eigenartigen, argwöhnischen, unangenehmen Lächeln.
    »Ich bitte Sie, Fürst, stehen Sie auf, und treten Sie ein«, sagte sie plötzlich mit fester, energischer Stimme.
    »Was heißt ›treten Sie ein‹? Wo soll ich eintreten?«
    »Ich habe die ganzen fünf Jahre nichts anderes getan als mir ausgemalt, wie er eintreten wird. Stehen Sie sofort auf, und gehen Sie vor die Tür, ins andere Zimmer. Und ich werde hier sitzen, als wartete ich auf niemand, ein Buch in der Hand, und plötzlich treten Sie ein, nachdem Sie fünf Jahre verreist waren. Ich möchte sehen, wie das sein wird.«
    Nikolaj Wsewolodowitsch knirschte insgeheim mit den Zähnen und knurrte etwas Unverständliches.
    »Genug!« sagte er, wobei er mit der flachen Hand auf den Tisch schlug. »Ich bitte Sie, Marja Timofejewna, mich jetzt anzuhören. Tun Sie mir den Gefallen, und nehmen Sie sich, wenn es Ihnen möglich ist, zusammen. Sie sind doch nicht ganz und gar verrückt!« Er konnte seine Ungeduld kaum noch zähmen. »Morgen werde ich unsere Ehe bekanntgeben. Sie werden niemals in einem Palast leben, das steht fest. Wollen Sie Ihr Leben an meiner Seite verbringen, nur sehr weit von hier? Irgendwo im Gebirge, in der Schweiz, dort gibt es einen Ort … Sie brauchen sich keine Sorgen zu machen, ich werde Sie nicht verlassen und Sie auch nicht in eine Irrenanstalt sperren. Mein Geld wird ausreichen, wir werden nie betteln müssen. Sie werden eine Magd haben und niemals selbst arbeiten. Alle Ihre Wünsche sollen im Rahmen des Möglichen erfüllt werden, Sie werden beten, sich frei bewegen und alles tun können, wonach Ihnen der Sinn steht. Ich werde Sie nie berühren. Ich werde auch zeitlebens diesen Ort nicht verlassen. Wenn Sie es wünschen, werde ich zeitlebens kein Wort mit Ihnen wechseln, oder wenn Sie es

Weitere Kostenlose Bücher