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Böse Geister: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Böse Geister: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Titel: Böse Geister: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fjodor M. Dostojewskij
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Sekundanten besorgt, und zwar Mawrikij Nikolajewitsch Drosdow, einen guten Freund und einstigen Schulkameraden, einen von ihm ganz besonders geachteten Mann. So fand Kirillow, als er am nächsten Morgen um neun Uhr mit seinem Auftrag vorsprach, den Boden völlig bereitet. Sämtliche Entschuldigungen und das unerhörte Entgegenkommen Nikolaj Wsewolodowitschs wurden gleich beim ersten Wort mit ungewöhnlicher Heftigkeit zurückgewiesen. Mawrikij Nikolajewitsch, der erst am Vorabend über den Lauf der Dinge unterrichtet worden war, öffnete, als er solche unerhörten Vorschläge vernahm, schon erstaunt den Mund, um auf der Stelle für eine Versöhnung zu plädieren, schloß ihn aber wieder, als er merkte, daß Artemij Pawlowitsch, der seine Absichten erriet, kaum noch auf seinem Stuhl ruhig bleiben konnte, und sagte nichts. Wenn nicht das seinem Freund gegebene Wort gewesen wäre, hätte er sich unverzüglich verabschiedet; so aber blieb er, allein in der Hoffnung, wenigstens beim Ablauf der Ereignisse sich irgendwie hilfreich erweisen zu können. Kirillow übermittelte die Forderung; alle Bedingungen für das Duell, die Stawrogin genannt hatte, wurden sogleich und buchstäblich, ohne die geringsten Einwendungen, angenommen. Nur ein einziger Punkt wurde hinzugefügt, allerdings ein sehr grausamer, nämlich: Wenn nach den ersten Schüssen keine Entscheidung gefallen ist, wird von neuem begonnen; wenn auch beim zweiten Mal nichts Entscheidendes geschieht, findet eine dritte Begegnung statt. Kirillow runzelte die Stirn, versuchte, um die dritte zu feilschen, erreichte aber nichts und willigte ein, allerdings mit dem Zusatz, daß »dreimal möglich, viermal aber ganz und gar unmöglich« sein solle. Dabei blieb es. Auf diese Weise kam um zwei Uhr mittags das Duell in Bykowo zustande, das heißt, in einem nahen Wäldchen zwischen Skworeschniki auf der einen Seite und der Schpigulinschen Fabrik auf der anderen. Der gestrige Regen hatte aufgehört, es war naß, feucht und windig. Niedrige, trübe, zerfetzte Wolken jagten über einen kalten Himmel; die Baumkronen rauschten in raschen Wellen, die Stämme knarrten bis in ihre Wurzeln; es war ein sehr trauriger Vormittag.
    Gaganow und Mawrikij Nikolajewitsch kamen zu der verabredeten Stelle in einem eleganten Char-à-bancs, gelenkt von Artemij Pawlowitsch; sie hatten einen Diener mitgebracht. Fast im selben Augenblick erschienen Nikolaj Wsewolodowitsch und Kirillow, aber nicht in einer Kutsche, sondern zu Pferde und ebenfalls in Begleitung eines berittenen Dieners. Kirillow, der noch nie geritten war, hielt sich mutig und sehr aufrecht im Sattel, den schweren Kasten mit den Pistolen, den er dem Diener nicht anvertrauen wollte, unter dem rechten Arm, während er mit der Linken in seiner Unerfahrenheit ständig an den Zügeln zerrte, worauf das Pferd den Kopf warf und sich aufzubäumen versuchte, was allerdings den Reiter kaum beeindruckte. Der argwöhnische Gaganow, der sehr schnell und sehr tief zu beleidigen war, empfand die Ankunft der Reiter als eine weitere Beleidigung seiner Person, weil er seine Gegner ihres Erfolges so sicher wähnte, daß sie nicht einmal eine Kutsche für den Verwundeten für nötig erachtet hatten. Als er aus seinem Char-à-bancs stieg, war er gelb vor Wut und fühlte plötzlich, daß seine Hände zitterten, wovon er Mawrikij Nikolajewitsch sogleich unterrichtete. Nikolaj Wsewolodowitschs Verbeugung ließ er unbeachtet und wandte sich ab. Die Sekundanten warfen das Los: Es traf Kirillows Pistolen. Die Barriere wurde abgemessen, die Gegner aufgestellt, Equipage, Pferde und Lakaien etwa dreihundert Schritt zurückgeschickt. Die Waffen wurden geladen und den Duellanten ausgehändigt.
    Es ist bedauerlich, daß rasch erzählt werden muß und keine Zeit für Beschreibungen verschwendet werden darf; aber es ist unmöglich, auf Randbemerkungen gänzlich zu verzichten. Mawrikij Nikolajewitsch war traurig und besorgt. Kirillow dagegen vollkommen ruhig und gleichgültig, sehr genau in allen Einzelheiten der übernommenen Pflicht, aber ohne die geringste Geschäftigkeit und an dem verhängnisvollen unmittelbar bevorstehenden Ausgang der Angelegenheit beinahe desinteressiert. Nikolaj Wsewolodowitsch war blasser als gewöhnlich, ziemlich leicht gekleidet, er trug einen Paletot und einen weißen Castor-Hut. Er wirkte sehr müde, runzelte finster die Stirn und gab sich nicht die leiseste Mühe, seinen Mißmut zu verbergen. Artemij Pawlowitsch fiel in diesem Augenblick

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