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Böse Geister: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Böse Geister: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Titel: Böse Geister: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fjodor M. Dostojewskij
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niemals!! Der Staatsdiener wie auch die Ehe bedürfen nur eines Zentrums, zwei sind nicht möglich … Soll das Ihr Dank sein?« rief er aus. »Unsere Ehe bestand einzig und allein darin, daß Sie mir fortlaufend, täglich und stündlich, beweisen wollten, daß ich unbedeutend, dumm und sogar niederträchtig bin, während ich mich, die ganze Zeit, täglich, stündlich erniedrigt, um den Beweis bemühte, daß ich nicht unbedeutend bin, keineswegs dumm und für meinen Edelmut von allen bewundert werde – ist das etwa nicht demütigend für beide Seiten?« Darauf begann er, sehr schnell und heftig mit beiden Füßen auf den Teppich zu stampfen, so daß Julija Michajlowna sich veranlaßt sah, sich mit würdevoller Mißbilligung zu erheben. Darauf stand er bald still, seine Stimmung schlug um, er wurde sentimental, begann zu schluchzen (jawohl, zu schluchzen) und schlug sich volle fünf Minuten lang vor die Brust, da ihn das abgründige Schweigen Julija Michajlownas zunehmend reizte. Schließlich war es so weit, und ihm entfuhr, daß er auf Pjotr Stepanowitsch eifersüchtig sei. Sobald ihm diese enorme Dummheit aufging, begann er zu wüten und zu toben, er werde es »nicht erlauben, Gott zu leugnen«; er werde ihren »unmenschlichen, gottlosen Salon« auseinanderjagen; daß ein Gouverneur sogar verpflichtet sei, an Gott zu glauben, und daß »folglich für seine Frau das nämliche« gelte; daß er nicht willens sei, die jungen Leute zu dulden; daß »Sie, Gnädige, um Ihrer eigenen Würde willen Ihrem Gatten und dessen Klugheit die Treue halten müßten, selbst wenn dessen Fähigkeiten bescheiden wären (dabei sind meine Fähigkeiten keineswegs bescheiden!), während Sie Grund und Anlaß dafür sind, daß ich hier verachtet werde, Sie sind es, die bei allen diese Stimmung aufkommen ließen! …« Er schrie, daß er die Frauenfrage beseitigen, diesen goût ausräuchern, dieses alberne Subskriptionsfest für die Gouvernanten (der Teufel soll sie holen!) morgen früh sofort verbieten und auseinanderjagen und daß er die erste Gouvernante, die ihm über den Weg liefe, sofort, morgen früh, aus dem Gouvernement ausweisen werde, mit einem »berittenen Kosaken«. Und zwar »absichtlich! Absichtlich!« Seine Stimme überschlug sich. »Wissen Sie, wissen Sie«, schrie er, »daß Ihre Schurken die Arbeiter in der Fabrik aufhetzen und ich darüber unterrichtet bin? Wissen Sie, daß sie absichtlich Proklamationen verteilen, ab-sicht-lich! Wissen Sie, daß ich vier dieser Halunken namentlich kenne und daß ich wahnsinnig werde, endgültig wahnsinnig werde, endgültig!!! …« Aber da brach Julija Michajlowna plötzlich das Schweigen und erklärte mit aller Strenge, daß sie längst über diese verbrecherischen Umtriebe unterrichtet und dies alles nichts als eine Albernheit sei, die er viel zu ernst nähme, und daß sie, was diese Jungenstreiche anbelange, nicht nur diese vier, sondern sämtliche Namen kenne (sie log); aber das veranlasse sie keineswegs dazu, wahnsinnig zu werden, sondern, ganz im Gegenteil, sich nur noch mehr auf den eigenen Kopf zu verlassen und alles zu einem harmonischen Ende zu führen: die Jugend zu ermuntern, ihr zu richtigen Einsichten zu verhelfen, ihr plötzlich und unverhofft zu beweisen, daß ihre Pläne bekannt seien, und ihr für eine sinnvolle und lichtere Aktivität neue Ziele zu weisen. Oh, was geschah in dieser Minute mit Andrej Antonowitsch! Als er merkte, daß Pjotr Stepanowitsch ihn abermals hintergangen und sich so plump über ihn lustig gemacht, daß er ihr viel mehr und dies viel früher als ihm anvertraut hatte und daß Pjotr Stepanowitsch möglicherweise selbst der eigentliche Urheber dieser verbrecherischen Pläne war – da geriet er außer sich. »Wisse, du hirnloses, aber giftiges Weib«, schrie er, indem er alle Fesseln auf einmal zerriß, »wisse, daß ich deinen unwürdigen Galan auf der Stelle verhafte, in Ketten schlage, ins Ravelin werfe, oder – oder ich stürze mich auf der Stelle, vor deinen Augen, aus diesem Fenster!« Diese Tirade beantwortete Julija Michajlowna, inzwischen grün vor Wut, sogleich mit einem Gelächter, anhaltend, mit glockenhellen Koloraturen und Fiorituren, ganz wie im französischen Theater, wenn eine Pariser Schauspielerin, für hunderttausend engagiert, aus dem Fach der coquette, ihrem Gatten, der sich die Kühnheit herausnimmt, eifersüchtig zu sein, ins Gesicht lacht. Von Lembke stürzte schon ans Fenster, blieb aber plötzlich wie angewurzelt

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