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Böse Geister: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Böse Geister: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Titel: Böse Geister: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fjodor M. Dostojewskij
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leichtem Fieber ausgestreckt auf seinem Bett, im Dunkeln, ohne die Kerze anzuzünden; von Zweifeln gequält, ärgerte er sich, faßte Entschlüsse, verwarf sie immer wieder und wußte fluchend im voraus, daß alles trotzdem zu nichts führen würde. Nach und nach bemächtigte sich seiner ein flüchtiger, leichter Schlaf, und ihm träumte eine Art Alptraum; ihm träumte, er liege da, mit Stricken ans Bett gebunden, gefesselt am ganzen Leib, ohne sich rühren zu können, während das ganze Haus vom heftigen Poltern dröhne, am Zaun, am Tor, an seiner Tür, an Kirillows Hinterhaus, dröhne und bebe, und in der Ferne eine vertraute, aber ihn schmerzlich anrührende Stimme kläglich nach ihm rufe. Er kam plötzlich zu sich und setzte sich im Bett auf. Zu seinem Erstaunen dauerte das Poltern am Tor an, wenn auch nicht so laut, wie ihm geträumt hatte, aber hastig und hartnäckig, und die sonderbare, »schmerzlich anrührende« Stimme war immer noch unten vor dem Tor zu hören, wenn auch nicht kläglich, sondern im Gegenteil ungeduldig und gereizt, begleitet von einer anderen, gelasseneren und gewöhnlichen Stimme. Er fuhr aus dem Bett, öffnete das Kappfenster und streckte den Kopf hinaus.
    »Wer ist da?« rief er, vor Schreck buchstäblich erstarrt.
    »Wenn Sie Schatow sind«, kam die schroffe und harte Antwort von unten, »so haben Sie bitte die Güte, mir offen und ehrlich zu erklären, ob Sie bereit sind, mich hereinzulassen oder nicht?«
    Also doch; er hatte diese Stimme erkannt!
    »Marie! … Du bist es?«
    »Ich bin’s, ich, Marja Schatowa, und ich versichere Ihnen, daß ich den Droschkenkutscher nicht eine Minute länger warten lassen kann.«
    »Sofort … ich … nur die Kerze …«, rief Schatow mit schwacher Stimme zurück. Dann suchte er hastig nach den Streichhölzern. Die Streichhölzer, wie in solchen Fällen üblich, waren nicht zu finden. Der Kerzenhalter samt Kerze rollte über den Boden, und als er wieder von unten die ungeduldige Stimme hörte, vergaß er alles und flog geradezu seine steile Treppe hinunter, um das Tor aufzuschließen.
    »Tun Sie mir den Gefallen und halten Sie die Tasche, solange ich diesen Holzkopf abfertige«, sagte unten zur Begrüßung Marja Schatowa und drückte ihm eine ziemlich leichte, billige Reisetasche aus Segeltuch mit bronzierten Ziernägeln, Dresdner Arbeit, in die Hand. Danach attackierte sie gereizt den Droschkenkutscher:
    »Lassen Sie sich sagen, daß Sie zuviel verlangen. Wenn Sie mich eine geschlagene Stunde in den hiesigen schmutzigen Straßen herumgefahren haben, so ist das Ihre eigene Schuld, denn Sie wußten wohl selber nicht, wo diese dumme Straße und dieses idiotische Haus zu finden sind. Nehmen Sie gefälligst Ihre dreißig Kopeken, und seien Sie überzeugt, daß Sie nicht eine Kopeke darüber erhalten werden.«
    »O je, Gnädige, Sie haben doch selbst auf die Wosnessenskaja gewollt, hier aber ist die Bogojawlenskaja: die Wosnessenskaja-Gasse ist ganz woanders. Sie haben nur meinen Wallach zum Dampfen gebracht.«
    »Wosnessenskaja, Bogojawlenskaja – all diese dummen Straßennamen müßten Ihnen viel besser bekannt sein als mir, weil Sie ein Hiesiger sind, und außerdem sind Sie im Irrtum: Ich habe Ihnen als erstes das Haus Filippow genannt, und Sie haben mir versichert, daß Sie es kennen. Es steht Ihnen frei, mich morgen vor den Friedensrichter zu bringen, jetzt aber bitte ich, mich in Ruhe zu lassen.«
    »Hier, hier noch fünf Kopeken!« Schatow kramte hastig sein Fünfkopekenstück aus der Tasche und reichte es dem Kutscher.
    »Tun Sie mir den Gefallen, ich bitte Sie, Sie dürfen so etwas nicht machen!« brauste M me. Schatowa auf, aber der Kutscher hatte den »Wallach« bereits in Trab gesetzt, und Schatow faßte sie bei der Hand und zog sie durch das Tor hinein.
    »Schnell, Marie, schnell … das ist alles nebensächlich und – wie naß bist du! Vorsicht, Vorsicht, wir müssen – hier geht es nach oben – schade, daß wir kein Licht haben – die Treppe ist steil, halte dich fest, fester, und das ist nun meine Kammer. Entschuldige, hier ist noch kein Licht … Sofort!«
    Er hob den Kerzenhalter auf, aber die Streichhölzer wollten sich lange nicht finden lassen. M me. Schatowa stand wartend mitten im Zimmer, sie schwieg und rührte sich nicht.
    »Gott sei Dank, endlich!« rief er freudig, als es in der Kammer hell wurde. Marja Schatowa sah sich flüchtig in dem Raum um.
    »Man sagte mir, daß Sie sehr schlecht untergebracht sind, aber so

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