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Böse Geister: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Böse Geister: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Titel: Böse Geister: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fjodor M. Dostojewskij
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Vater, vielmals erklärt, und auch die Schöpfung der Welt, und gleichermaßen das künftige Schicksal und die Verklärung aller Kreatur und eines jeden Tiers aus dem Buch der Apokalypse. Aber du verharrst gleich einem Götzen ohne Sinn und Verstand in Taubheit und Stummheit und hast auch den Fähnrich Ertelew dazu verleitet, wie der arglistige Feind mit Namen Atheist …«
    »Versoffenes Schwein! Der plündert erst Ikonen und will dann über Gott predigen!«
    »Siehst du, Pjotr Stepanowitsch, ich sage dir in die Hand, daß es stimmt, ich habe geplündert; aber ich habe nur die Perlen genommen, und woher willst du wissen, ob nicht auch meine Träne in der Esse des Allerhöchsten sich genau in dem Augenblick in eine Perle verwandelt hat? Um des mir angetanen Leides willen, denn ich bin ganz genau jene Waise und finde keine Zuflucht vor Wetter und Regen. Weißt du auch, daß es in den Büchern steht, daß einmal in alten Zeiten ein Kaufmann auch weinend, klagend und betend der heiligen Muttergottes eine Perle aus ihrem Heiligenschein geraubt hat und später vor versammeltem Volk auf Knien die volle Summe Ihr zu Füßen gelegt hat, worauf die heilige Mutter Fürbitterin Ihren Schleier über ihn gebreitet hat, so daß damals ein Wunder geschehen ist, welchselbiges man auf Befehl der Obrigkeit in die Staatsbücher haargenau geschrieben hat. Du aber hast die Maus reingelassen und hast also den Finger Gottes gelästert. Und wenn du nicht von Natur mein Herr wärest, den ich, als ich noch ein Bub war, oft auf dem Arm getragen habe, dann würde ich zur Stund dich umlegen, sogar ohne mich vom Fleck zu rühren!«
    Pjotr Stepanowitsch geriet in maßlose Wut:
    »Sprich, hast du dich heute mit Stawrogin getroffen?«
    »Du wirst nie dahin reichen, mich zu verhören. Der Herr Stawrogin stehen in Staunen vor dir und haben nicht einmal mit ihren Wünschen mitgemacht, und schon gar nicht mit Befehlen oder Geld. Du warst es selber, der mich angestachelt hat.«
    »Du bekommst dein Geld, und die Zweitausend bekommst du auch, in Petersburg, an Ort und Stelle, alles auf die Hand, und noch mehr.«
    »Du lügst ja, mein Bester, und ich muß lachen, wenn ich dich ansehe, weil du ein leichtgläubiger Kopf bist. Der Herr Stawrogin stehen im Vergleich mit dir wie oben auf der Leiter, und du kläffst sie von unten an wie ein blöder kleiner Köter, während sie oben es noch für eine hohe Ehre für dich halten, dir auch nur einmal auf den Kopf zu spucken.«
    »Und weißt du auch«, Pjotr Stepanowitsch verlor alle Beherrschung, »daß ich dich, du Schurke, nicht einen Schritt von hier lassen und dich kurzerhand der Polizei ausliefern werde?«
    Fedjka sprang auf, und seine Augen funkelten. Pjotr Stepanowitsch riß den Revolver heraus, und schon spielte sich blitzschnell eine widerwärtige Szene ab: Ehe Pjotr Stepanowitsch den Revolver auf Fedjka richten konnte, holte Fedjka im Bruchteil einer Sekunde aus und schlug ihm mit aller Gewalt ins Gesicht. Im selben Augenblick krachte der zweite furchtbare Schlag, dann ein dritter, vierter, alle ins Gesicht. Pjotr Stepanowitsch, völlig betäubt, verdrehte die Augen, murmelte irgend etwas und schlug plötzlich der Länge nach zu Boden.
    »Da habt ihr’s, nehmt ihn!« rief Fedjka und drehte sich triumphierend auf dem Absatz um; im Nu hatte er seine Mütze und das kleine Bündel unter der Bank gegriffen und verschwand. Pjotr Stepanowitsch röchelte bewußtlos. Liputin glaubte sogar, ein Mord wäre geschehen. Kirillow stürzte Hals über Kopf in die Küche herunter.
    »Wasser!« rief er, schöpfte mit einer Blechkelle Wasser aus dem Eimer und goß es ihm über den Kopf. Pjotr Stepanowitsch regte sich, hob den Kopf, setzte sich auf und stierte verständnislos vor sich hin.
    »Nun, wie geht es?« fragte Kirillow.
    Pjotr Stepanowitsch sah ihn lange aufmerksam an, aber ohne ihn zu erkennen; als er aber den aus dem Kämmerchen spähenden Liputin gewahrte, lächelte er sein widerliches Lächeln und sprang plötzlich auf, wobei er den Revolver vom Fußboden aufhob.
    »Sollten Sie auf die Idee kommen, sich morgen davonzumachen wie dieser niederträchtige Stawrogin«, schrie er wie ein Rasender Kirillow an, totenbleich, stotternd und nur mühsam artikulierend, »werde ich Sie am anderen Ende des Erdballs … wie eine Fliege aufknüpfen … zerquetschen … verstehen Sie!«
    Dabei drückte er Kirillow den Revolver gegen die Stirn; aber fast im selben Augenblick kam er endlich zu sich, zog den Arm zurück, steckte

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