Böse Geister: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)
wünsche dem Buch einen guten Absatz und würde auf einen Gewinn sehr stolz sein.«
»Nun, und was soll ich dabei?«
»Aber ich möchte Sie doch als Mitarbeiter gewinnen … halb und halb. Von Ihnen wird der Plan sein.«
»Woher wissen Sie, ob ich imstande bin, mir einen Plan auszudenken?«
»Man hat mir von Ihnen erzählt, und auch hier habe ich gehört … Ich weiß, daß Sie sehr klug sind und … sehr tüchtig … und … daß Sie viel nachdenken. Pjotr Stepanowitsch Werchowenskij hat mir in der Schweiz von Ihnen erzählt«, fügte sie hastig hinzu. »Er ist ein sehr kluger Mann, nicht wahr?«
Schatow sah sie mit einem raschen, flüchtigen Blick an und senkte sofort wieder die Augen.
»Auch Nikolaj Wsewolodowitsch hat mir viel von Ihnen erzählt …«
Schatow errötete plötzlich.
»Hier sind übrigens die Zeitungen«, Lisa nahm schnell ein vorbereitetes und verschnürtes Paket Zeitungen von einem Stuhl. »Ich habe hier versucht, einige Fakten probeweise auszuwählen, zu ordnen und zu numerieren … Sie werden sehen.«
Schatow nahm das Paket an sich.
»Nehmen Sie sie mit nach Hause, und sehen Sie sie durch. Wo wohnen Sie eigentlich?«
»In der Bogojawlenskaja-Straße, im Haus Filippow.«
»Ich kenne es. Dort soll in Ihrer Nachbarschaft auch ein Hauptmann wohnen, ein Herr Lebjadkin?« Lisa schien es immer noch eilig zu haben.
Schatow saß da, ohne zu antworten, mit dem Paket in der Hand, gerade so, wie er es an sich genommen hatte, eine volle Minute lang und starrte zu Boden.
»Für derlei sollten Sie sich einen anderen wählen, ich bin dafür überhaupt nicht geeignet«, sagte er schließlich irgendwie auffallend leise, beinahe flüsternd.
Lisa flammte auf.
»Wovon sprechen Sie? Mawrikij Nikolajewitsch!« rief sie. »Bitte, den Brief von gestern.«
Ich folgte Mawrikij Nikolajewitsch zu ihrem Tisch.
»Sehen Sie sich das an!« wandte sie sich plötzlich an mich, indem sie sehr erregt den Brief auseinanderfaltete, »haben Sie je etwas Ähnliches gelesen? Bitte, lesen Sie laut; ich möchte, daß Herr Schatow es auch hört!«
Mit einiger Verblüffung las ich laut folgendes Schreiben:
An die Vollkommenheit des wohlgeborenen Fräuleins Tuschina
Hochverehrtes, gnädiges Fräulein Jelisaweta Nikolajewna!
O wie allerliebst ist sie da,
Jelisaweta Tuschina,
Wenn sie im Damensattel, begleitet vom Verwandten, dahinfliegt
Und ihre Locke mit den Winden spielt
Oder wenn sie mit Frau Mama in der Kirche betend kniet
Und man rosarot die andachtsvollen Wangen glühen sieht!
Dann sehne ich rechtmäßige eheliche Freuden herbei
Und schicke ihr, samt Frau Mama, eine heiße Träne hinterdrein.
Verfaßt von einem Ungehobelten bei einem Disput
Gnädiges Fräulein,
als erstes bin ich zu bedauern, bei Sewastopol nicht einen Arm auf dem Felde der Ehre verloren zu haben, alldieweil ich mich daselbst nicht aufgehalten, sondern während des ganzen Feldzugs bei der gemeinen Proviantmeisterei gedient und dies für Niedertracht erachtet habe. Sie sind eine Göttin in der Antike, ich aber bin ein Nichts und weiß, wie grenzenlos. Betrachten Sie es wie Verse, nicht mehr, denn Verse sind doch Schall und Rauch, und entschuldigen, was in Prosa als Dreistigkeit angesehen wird. Kann denn die Sonne einem Infusorium übelnehmen, wenn dieses sie andichtet, aus dem Wassertropfen, wo es sich zu Tausenden aufhält, durchs Mikroskop? Sogar der Club für Menschenliebe gegenüber Großvieh, in Petersburg in den höchsten Kreisen, der mit Recht um Mitleid für Hund und Roß wirbt, übersieht das sanftmütige Infusorium und erwähnt es nicht einmal, weil nichts groß genug ist. Auch ich bin noch nicht groß genug. Der Gedanke an Ehe wäre zum Totlachen; aber demnächst bin ich Besitzer von ehemaligen zweihundert Seelen durch den Menschenverächter, den Sie verachten sollen. Ich habe viel zu sagen und traue mir laut Dokumenten sogar Sibirien zu. Verachten Sie meinen Antrag nicht. Der Brief eines Infusoriums ist als Gedicht aufzufassen.
Hauptmann Lebjadkin, ergebener Freund zu jeder Zeit und stets zu Diensten bereit.
»Das hat ein Betrunkener und ein Schurke geschrieben!« rief ich empört. »Ich kenne ihn!«
»Ich erhielt diesen Brief gestern.« Lisa errötete und beeilte sich, uns alles zu erklären. »Ich habe auch sofort verstanden, daß er von einem Dummkopf geschrieben wurde, und habe ihn immer noch nicht maman gezeigt, um sie nicht noch mehr aufzuregen. Aber wenn er so fortfährt, weiß ich nicht, was man tun soll. Mawrikij
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