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Böse Geister: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Böse Geister: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Titel: Böse Geister: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fjodor M. Dostojewskij
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Nikolajewitsch beabsichtigt, hinzugehen und es ihm zu untersagen. Da ich Sie als meinen Mitarbeiter betrachtete«, wandte sie sich an Schatow, »und da Sie dort wohnen, wollte ich auch Sie ein bißchen ausfragen, um mir ein Bild zu machen, was man von ihm noch zu gewärtigen hat.«
    »Ein Trunkenbold und Schurke«, brummte Schatow widerwillig.
    »Und wie? Benimmt er sich immer so dumm?«
    »O nein, er ist keineswegs dumm, solange er nicht betrunken ist.«
    »Ich kannte einen General, der schrieb ganz genau solche Gedichte«, warf ich lachend ein.
    »Sogar dieser Brief läßt erkennen, daß er weiß, was er will«, bemerkte unerwartet der schweigsame Mawrikij Nikolajewitsch.
    »Man sagt, er wohnt mit einer Schwester zusammen?« fragte Lisa.
    »Ja, mit einer Schwester.«
    »Man sagt, er behandelt diese Schwester schlecht. Stimmt das?«
    Schatow sah Lisa noch einmal an, runzelte die Stirn, knurrte: »Was geht mich das an!« und machte einige Schritte zur Tür.
    »Ach, warten Sie doch!« rief Lisa aufgeschreckt. »Warum gehen Sie? Wir haben noch so vieles zu besprechen …«
    »Was gibt es zu besprechen? Ich werde Ihnen morgen Bescheid geben …«
    »Aber die Hauptsache, die Druckerei! Glauben Sie mir doch, das ist keine Laune, ich will allen Ernstes etwas tun!« beteuerte Lisa in wachsender Unruhe. »Wenn wir uns entschließen, den Band herauszugeben, wo wollen wir ihn drucken lassen? Das ist doch die wichtigste Frage! Denn wir werden doch deshalb nicht nach Moskau ziehen, und die hiesige Druckerei ist dafür völlig ungeeignet. Ich habe schon längst beschlossen, eine eigene Druckerei zu gründen, meinetwegen auf Ihren Namen, und ich weiß, maman ist damit einverstanden, wenn sie nur unter Ihrem Namen läuft …«
    »Aber woher wissen Sie, daß ich etwas vom Drucken verstehe?« fragte Schatow finster.
    »Aber Pjotr Stepanowitsch hat mir Sie noch in der Schweiz empfohlen, Sie könnten eine Druckerei leiten und wären mit einer solchen Arbeit vertraut. Er wollte mir sogar einen Brief an Sie mitgeben, aber ich habe nicht mehr daran gedacht.«
    Schatows Gesicht, wie ich mich jetzt erinnere, veränderte sich. Er blieb noch einige Sekunden stehen und verließ dann plötzlich das Zimmer.
    Lisa war empört.
    »Geht er immer so fort?« fragte sie und wandte sich zu mir um.
    Ich zuckte schon die Schultern, als Schatow plötzlich zurückkam, geradewegs zum Tisch ging und das mitgenommene Zeitungspaket wieder hinlegte:
    »Ich werde nicht mitarbeiten, ich habe keine Zeit …«
    »Aber warum? Warum? Ich glaube, Sie haben sich über etwas geärgert?« fragte Lisa betrübt und beschwörend.
    Der Klang ihrer Stimme schien ihn stutzig zu machen; einige Augenblicke lang sah er sie unverwandt an, als wollte er in ihrem Herzen lesen.
    »Egal«, murmelte er leise, »ich will nicht …«
    Und er ging endgültig. Lisa war völlig verdutzt, sogar irgendwie übermäßig, wie es mir vorkam.
    »Ein erstaunlich eigenartiger Mensch«, bemerkte Mawrikij Nikolajewitsch laut.
    III
    NATÜRLICH war er »eigenartig«, doch über allem schwebte sehr, sehr viel Unklares. Es ging dabei um etwas ganz anderes. An diese Geschichte mit der Edition glaubte ich überhaupt nicht; und dann dieser dumme Brief, der nur allzudeutlich eine Denunziation »laut Dokumenten« in Aussicht stellte, worauf niemand einging, man sprach über etwas anderes; und zum Schluß diese Druckerei und der plötzliche Aufbruch Schatows, gerade in dem Moment, als die Druckerei erwähnt wurde. Dies alles brachte mich auf den Gedanken, daß sich vor meiner Zeit hier etwas abgespielt haben müsse, wovon ich keine Ahnung hatte; daß ich folglich hier überzählig sei und daß dies alles mich nichts angehe. Es war ja auch Zeit, sich zu empfehlen, für einen ersten Besuch war ich lange genug geblieben. Ich trat zu Lisaweta Nikolajewna, um mich zu verabschieden.
    Sie hatte, wie ich glaubte, meine Anwesenheit völlig vergessen und stand immer noch an derselben Stelle am Tisch, tief in Gedanken, mit gesenktem Kopf, und starrte unverwandt ein und denselben Punkt auf dem Teppich an.
    »Ach, Sie wollen auch gehen? Auf Wiedersehen!« flötete sie in dem gewohnt freundlichen Ton. »Bitte grüßen Sie Stepan Trofimowitsch von mir, und reden Sie ihm zu, mich ganz bald zu besuchen. Mawrikij Nikolajewitsch, Anton Lawrentjewitsch möchte gehen. Entschuldigen Sie, daß maman nicht erscheinen und sich von Ihnen verabschieden kann …«
    Ich ging und war sogar schon die Treppe hinuntergegangen, als mich

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