Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Böse Geister: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Böse Geister: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Titel: Böse Geister: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fjodor M. Dostojewskij
Vom Netzwerk:
dich nicht.«
    »Meine liebe Warwara Petrowna, Sie behandeln mich wie ein kleines Mädchen. Ich will keinen Kaffee, weg!«
    Kampflustig winkte sie den Diener zurück, der ihr den Kaffee servieren wollte. (Auf den Kaffee verzichteten übrigens auch die anderen, außer mir und Mawrikij Nikolajewitsch. Stepan Trofimowitsch hatte zwar eine Tasse entgegengenommen, stellte sie aber auf dem Tisch ab. Marja Timofejewna hätte zu gern noch eine zweite Tasse getrunken und streckte sogar die Hand danach aus, besann sich aber und lehnte sie manierlich ab, sichtlich höchst zufrieden mit sich selbst.)
    Warwara Petrowna verzog den Mund zu einem schiefen Lächeln.
    »Weißt du was, meine liebe Freundin Praskowja Iwanowna, du hast dir wohl wieder irgend etwas eingebildet und bist damit hierhergekommen. Du hast dein ganzes Leben lang einzig und allein von Einbildungen gelebt. Du bist jetzt wegen des Pensionats wütend, aber weißt du noch, wie du einmal zurückgekommen bist und der ganzen Klasse eingeredet hast, der Husar Schablykin hätte dir einen Heiratsantrag gemacht, und wie M me. Lefebure dich auf der Stelle der Lüge überführte? Dabei hattest du gar nicht gelogen, sondern dir alles einfach eingebildet, zum puren Vergnügen. Und nun sprich: Was hast du? Was hast du dir wieder eingebildet, womit bist du unzufrieden?«
    »Und Sie haben sich im Pensionat in den Popen verliebt, der uns in Religion unterrichtete – da haben Sie’s, wenn Sie heute noch so nachtragend sind – ha-ha-ha!«
    Sie lachte gallig und verschluckte sich.
    »Aha, du hast den Popen nicht vergessen …«, sagte Warwara Petrowna mit haßerfülltem Blick.
    Ihr Gesicht lief grün an. Praskowja Iwanowna warf sich plötzlich in Positur.
    »Mir ist, meine Liebe, jetzt nicht zum Lachen zumute; Sie haben meine Tochter vor der ganzen Stadt in Ihren Skandal verwickelt, darum bin ich hierher gekommen!«
    »In meinen Skandal?« Warwara Petrowna richtete sich plötzlich drohend auf.
    »Mama, ich bitte Sie ebenfalls, sich zu mäßigen«, sagte plötzlich Lisaweta Nikolajewna.
    »Was hast du gesagt?« Die Mutter holte schon Luft, um wieder zu kreischen, aber unter dem funkelnden Blick der Tochter verschlug es ihr plötzlich den Atem.
    »Wie können Sie von einem Skandal reden, Mama!« Lisa brauste förmlich auf. »Ich bin auf eigenen Wunsch mitgefahren, mit Julija Michajlownas Erlaubnis, denn ich wollte die Geschichte dieser Unglücklichen hören, um ihr nützlich zu sein.«
    »›Die Geschichte dieser Unglücklichen‹!« wiederholte Praskowja Iwanowna mit boshaftem Lachen. »Schickt es sich für dich überhaupt, dich mit solchen ›Geschichten‹ zu befassen? Och, meine Liebe! Wir haben Ihren Despotismus satt!« wandte sie sich wütend an Warwara Petrowna. »Man sagt, es mag stimmen oder nicht, Sie hätten hier das Regiment über die ganze Stadt geführt, aber nun hat wohl auch Ihre Stunde geschlagen!«
    Warwara Petrowna saß kerzengerade da, wie ein Pfeil, der im nächsten Augenblick vom Bogen schnellt. Etwa zehn Sekunden lang fixierte sie streng und reglos Praskowja Iwanowna.
    »Also, du sollst Gott dem Herrn danken, Praskowja, daß wir hier unter uns sind«, sprach sie schließlich mit unheilverkündender Ruhe. »Du hast viel Überflüssiges gesagt.«
    »Und ich, meine Beste, fürchte mich vor der Meinung der Welt weniger als manch anderer; Sie sind es, die so stolz tut und vor der Meinung der Welt zittert. Und daß wir hier unter uns sind, ist Ihr Glück, denn sonst hätten es Fremde gehört.«
    »Bist du etwa in dieser Woche gescheiter geworden?«
    »Ich bin in dieser Woche nicht gescheiter geworden, aber in dieser Woche ist die Wahrheit ans Licht gekommen.«
    »Welche Wahrheit ist in dieser Woche ans Licht gekommen? Paß auf, Praskowja Iwanowna, reize mich nicht, erkläre dich auf der Stelle, ich bitte dich, auf Ehre: Was für eine Wahrheit ist ans Licht gekommen? Was meinst du damit?«
    »Da ist sie ja, da sitzt ja die Wahrheit!« Plötzlich zeigte Praskowja mit dem Finger auf Marja Timofejewna, mit jener bedenkenlosen Entschlossenheit, die vor keinen Folgen zurückschreckt, wenn sie nur im Augenblick trifft. Marja Timofejewna, die sie während der ganzen Zeit belustigt und neugierig beobachtet hatte, lachte vergnügt beim Anblick des auf sie gerichteten Fingers der aufgebrachten Besucherin und rückte in ihrem Sessel belustigt hin und her.
    »Herr Jesus Christus, sind die denn alle übergeschnappt?« rief Warwara Petrowna und sank kreidebleich gegen die

Weitere Kostenlose Bücher