Boese - Horror
nicht ...«, setzte Mike an. Er betrachtete die wirbelnden Umschläge. Sah Giselles Leiche. »Himmel!«
Sofort legte Tegarden seinen Revolver an und feuerte auf den Postboten. Die Kugel flog durch ihn hindurch. Der Postbote lachte - ein rasselndes Kichern, das Furcht erregend sein sollte, es aber nicht mehr war.
Plötzlich wurde Doug bewusst, dass er selbst ebenfalls eine Waffe in der Hand hielt.
Der Postbote fischte einen Umschlag aus der Luft. Auf seinen knochigen Füßen schlurfte er vorwärts, den Umschlag in der ausgestreckten Hand. Er lächelte Tegarden an. »Für Sie«, krächzte er.
Der Polizist schüttelte angewidert den Kopf.
Das Lächeln des Postboten erstarb.
»Verschwinden wir von hier.« Dougs Stimme war ruhig und selbstsicher. »Übermorgen kommen wir wieder.« Er gab Mike den Revolver zurück.
Mike blickte von Doug zum Postboten und wieder zurück. Dann nickte er schweigend und gab den anderen das Zeichen zum Abrücken.
»Nein!«, kreischte der Postbote.
Sie beachteten ihn nicht, gingen über das zerbrochene Glas hinweg und verließen das Postamt.
55.
Doug fuhr aus dem Schlaf hoch, während der Traum verschwand, den er gerade gehabt hatte, ohne die geringste Spur in seinem Gedächtnis zu hinterlassen. Zuerst glaubte er, von einem Geräusch geweckt worden zu sein - das Telefon, ein Klopfen an der Tür, irgendein Gegenstand, der umgefallen war -, doch die Luft war ruhig und still. Nur das allgegenwärtige Zirpen der Grillen störte die friedvolle Nacht. Doug warf einen Blick auf die Uhr, deren blaue Ziffern in der Dunkelheit leuchteten: drei Uhr nachts. Die dunkle Stunde der Seele. Das hatte er irgendwo gelesen - »die dunkle Stunde der Seele«. Drei Uhr morgens war angeblich die Stunde, da der menschliche Körper dem Tod am nächsten war, da die Körperfunktionen ihren Tiefststand erreichten.
Warum war er dann so hellwach, so alarmiert?
Das Zirpen der Grillen draußen verstummte, und in der Stille hörte er eine tiefe Bass-Schwingung, eine kaum wahrnehmbare Störung, von der er wusste, dass sie sich zu etwas Vertrautem entwickeln würde. Das Geräusch wurde lauter, kam näher, und er erkannte, dass es ein Motor war.
Das Auto des Postboten.
Das war nicht möglich. Gestern noch war der Postbote zu schwach gewesen, um sich zu bewegen, und gewiss nicht in der Verfassung, um einen Wagen zu steuern. Selbst wenn es ihm seitdem gelungen war, einen Brief zuzustellen, oder mehrere Briefe, war es unmöglich, dass er sich so plötzlich erholt hatte.
Doch es handelte sich zweifellos um das Geräusch eines Wagens. In der Stille der Nacht hörte Doug das Knirschen der Reifen auf dem Kies und das leise Schnurren, als der Wagen am Ende der Auffahrt im Leerlauf verharrte.
Das Geräusch machte ihm keine Angst, doch es war unwiderstehlich, und er horchte aufmerksam.
Die Wachsamkeit, mit der er aufgeschreckt war, ließ allmählich nach. Eigentlich wollte er aufstehen, ins Wohnzimmer gehen und durch das vordere Fenster spähen, um nachzusehen, was los war. Doch entweder war sein Verstand zu müde, um den Befehl an den Körper weiterzugeben, oder seine Beinmuskeln waren zu müde, um ihn zu befolgen, und so blieb er im Bett liegen und lauschte dem leisen Motorgeräusch.
Ihm wurde klar, dass das tiefe Brummen beruhigend wirkte, dass der gleichmäßige Rhythmus ihn in den Schlaf hypnotisierte, doch er war unfähig, dagegen anzukämpfen. Ihm fielen die Augen zu. Er glitt ins Traumland zurück, wobei er immer noch das leise Geräusch des Motors hörte.
Als er aufwachte, wusste er, dass der Postbote verschwunden war. Er wusste es, ohne es zu hören, ohne es zu sehen, ohne es nachzuprüfen. Es war ein Gefühl, ein kaum merklicher Unterschied in der Luft, den er nicht hätte erklären können, wäre es von ihm verlangt worden. Es fehlte ein Gefühl der Bedrücktheit und der lauernden Bedrohung, an das er sich gewöhnt hatte, das am Morgen mit ihm aufgewacht und inzwischen fast ein Bestandteil seiner Persönlichkeit geworden war. Nun war es verschwunden.
Doug nahm den Telefonhörer und rief Mike an. Der Polizist meldete sich sofort. »Polizeirevier Willis, Mike Trenton.«
»Mike? Hier ist Doug.«
»Er ist weg.«
Doug war einen Augenblick lang still, schloss die Augen, spürte die Erleichterung, die ihn überflutete. Die Bestätigung. Er war weg. »Das wusste ich«, sagte Doug.
»Heute Morgen, als ich zum Revier gefahren bin, habe ich gesehen, dass sein Wagen nicht auf dem Parkplatz vor dem Postamt stand, und
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