Boese - Horror
Wir können den Oak Creek Canyon bis nach Flagstaff hinauffahren. Da gibt es ein richtiges Postamt. Vielleicht kann ich da mit ...«
»Nein«, sagte Trish mit Bestimmtheit. »Gerade davon sollten wir wegkommen. Von all diesen Verrücktheiten. Es scheint, als ob das einzige Thema, an das wir noch denken oder worüber wir noch reden, die Post ist. Wir fahren mit Billy nach Sedona und machen einen schönen Tagesausflug, so wie früher. Wir gehen schön essen und ein bisschen shoppen. Wir sind typische Touristen. Wie hört sich das an?«
»Hört sich gut an«, gab er zu.
»Dann willst du es versuchen?«
Doug nickte.
»Also, willst du jetzt drinnen oder auf der Veranda essen?«
»Auf der Veranda.«
Trish ging zur offenen Tür zurück. »Das Essen ist unterwegs.«
Sie fuhren früh am nächsten Morgen los und hielten zunächst bei der Bäckerei an, um Donuts, Kaffee und Schokoladenmilch zu kaufen. Trish hatte recht, dachte Doug, während er aus der Stadt fuhr. Vielleicht brauchten sie ein bisschen Erholung, mussten einmal raus aus der Mühle, um wieder klar zu werden. Während er mit der zugelassenen Höchstgeschwindigkeit dahinrollte, flitzten die Bäume an ihm vorbei. Schon fühlte Doug sich leichter, glücklicher, entspannter als in den Wochen zuvor. Es war, als hätte er den Mantel der Verantwortung, den er sich selbst umgelegt hatte, an der Stadtgrenze zurückgelassen. Obwohl er wusste, dass diese Verantwortung wieder auf ihn wartete, wenn er zurückkam, war er dankbar, sie wenigstens eine Zeitlang los zu sein, und er war entschlossen, den Tag zu genießen.
Je weiter sie nach Norden fuhren, umso dichter wurde der Wald. Der schmale Highway wand sich zwischen Felsen und durch Schluchten und folgte dabei den Konturen der Landschaft. Sträucher und Baumschösslinge wuchsen im Schatten riesiger Ponderosa-Kiefern. Niedriges Gebüsch bedeckte jeden freien Flecken. Hier und da konnten sie die kargen, laublosen Skelette vom Blitz getroffener Bäume sehen, nackte Äste, die in schroffem Kontrast zum üppigen Laub der Umgebung standen. Einmal, an einem kleinen Teich, sahen sie einen Hirsch, der vor Schreck erstarrte, als er ihren Wagen sah.
Dann ging der Wald allmählich in Wüste über, und nach einer weiteren Stunde traf die Straße auf den Black Canyon Highway.
»Burger King«, sagte Billy, als sie an einem Schild vorbeikamen, auf dem stand, dass es noch fünfundsechzig Kilometer bis Sedona waren.
Das war das Höchste an Interesse, was Billy den ganzen Tag über an irgendetwas gezeigt hatte, und Doug wollte schon sein Okay geben, doch Trish sagte entschlossen: »Nein, wir essen in Tlaquepaque.«
»Och, nicht schon wieder«, stöhnte Billy.
»Da sind wir über ein Jahr lang nicht gewesen«, erwiderte seine Mutter.
»Nicht lange genug.«
»Hör auf damit, Billy.«
Danach waren sie alle still und lauschten dem Surren der Reifen und den Klängen der Countrymusik der Radiostation in Flagstaff. Fünfzehn Minuten, nachdem sie an der Abfahrt zu Montezuma's Castle, der über sechshundert Jahre alten Klippensiedlung der Sinagua-Indianer, vorbeigekommen waren, verließ Doug den Black Canyon Highway und folgte der zweispurigen Straße, die nach Sedona führte. Von den drei Anfahrten zur Stadt war diese die spektakulärste. Es gab keinen allmählichen Wechsel in den Farben der Felsen wie auf der Anfahrt von Camp Verde, und es gab keine den Blick verstellende Bäume wie längs der Straße durch den Oak Creek Canyon. Das Land hier war wie maßgeschneidert für Westernfilme: großartige, freie Flächen, die von dramatischen Felsformationen aus rotem Sandstein durchbrochen wurden. Die Farben waren lebhaft: blauer Himmel, weiße Wolken, grüne Bäume, rote Felsen - scharfe Kontraste, die keine Kamera einfangen konnte.
Sie fuhren am Bell Rock und Frank Lloyd Wrights Heiligkreuz-Kirche vorbei, während die Straße sich immer dichter an den Creek und die Felsen schmiegte und die ersten Läden und kleinen Feriendomizile auftauchten.
Sie gingen direkt zum Tlaquepaque Arts & Crafts Village, einem Gebäudekomplex im spanischen Stil mit Galerien, Läden und Boutiquen, der an einer bewaldeten Stelle am Ufer des Oak Creek lag. Sie schlenderten durch die Läden und ließen sich Zeit. Billy wurde es bald langweilig, und er lief voraus. Er schaute in die gekachelten Brunnen, die sich in jedem Innenhof befanden, und zählte die Münzen im Wasser, während er heimlich die Schaufensterpuppen in Badeanzügen in den Vitrinen der Läden
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