Böse Liebe - Ein Alex-Delaware-Roman 8
Kerls?«
»Donald Wallace.«
»Die Akte hab ich nie gelesen. Kannst du mir auf die Sprünge helfen?«
»Er trieb sich gewöhnlich mit einem Motorradclub herum, den ›Iron Priests. Zwischen Gefängnisstrafen arbeitete er als Motorradmechaniker. Nebenher handelte er mit Speed. Ich glaube, er gehört auch einer Arischen Bruderschaft an.«
»Netter Kerl. Ich werde sehen, was ich herausfinden kann.«
»Meinst du, ich muss mich in Acht nehmen?«
»Ach was. Es reicht, wenn du deine Tür abschließt. Bist du heute Abend zu Hause?«
»Ja.«
»Wie geht’s Robin?«
»Sie ist in Oakland. Sie gibt ein Seminar über mittelalterliche Saiteninstrumente.«
»Die ist klüger und beschäftigt sich mit leblosen Gegenständen. Ich werde dich mal in deiner Einsiedelei besuchen. Wenn du willst, nehme ich Fingerabdrücke von der Kassette und vergleiche sie mit denen von Wallace.«
»Okay. Danke.«
»Ach ja, fass die Kassette bitte nicht mehr an. Hartplastik ist eine perfekte Oberfläche für Abdrücke... Böse Liebe - klingt wie aus einem Horrorfilm.«
»Vielleicht hast du recht. In meinen Psychologiebüchern konnte ich jedenfalls nichts finden. Rebeccas Mörder könnte auch so darauf gekommen sein. Filme erreichen schließlich jeden. - Noch etwas anderes: Die Kassette ist an der Hauptpost aufgegeben worden, nicht im Gefängnis. Wenn Wallace dahintersteckt, muss er einen Helfer haben.«
»Ich kann die Mitglieder seiner Gang überprüfen. Wenigstens die mit Strafregistern. Mach dir keine Sorgen. Ich werde gegen acht bei dir sein. Ich muss jetzt in die Schlacht zurück.«
Nachdem er aufgelegt hatte, versuchte ich Evelyn Rodriguez zu erreichen. Ich lauschte dem Rufton und stellte mir den Mann vor, der ihre Tochter in Streifen geschnitten hatte, wie er in seiner Zelle saß und mit einem Kassettenrekorder herumspielte. Es hob niemand ab.
Ich dachte an Rebecca Basille. Erstochen in einem schalldichten Zimmer. Die Sache war mir damals an die Nieren gegangen - mir und allen anderen in meiner Branche. Ich hatte es verdrängt, bis Milo mich daran erinnerte.
Ich schlug mit der Faust auf die Küchentheke. Der Hund hob den Kopf und glotzte mich an. Ich hatte ihn ganz vergessen.
Um den Psychofritzen daran zu erinnern, was passieren kann, wenn er sich danebenbenimmt ...
Und wenn Wallace gar nichts mit dem Band zu tun hatte? Wenn es jemand anders war, jemand aus meiner Vergangenheit?
Ich ging ins Arbeitszimmer. Der Hund folgte mir. Ich hatte dort einen Schrank, vollgestopft mit Akten über ruhende Fälle, alphabetisch geordnet, aber zeitlich ging alles durcheinander, weil ich etliche Patienten mehrmals in Behandlung hatte.
Ich schaltete das Radio ein, für ein bisschen Hintergrundmusik, und fing bei A an. Ich suchte nach Kindern, bei denen ich psychopathische oder asoziale Tendenzen festgestellt hatte, und nach Fällen, wo ich nicht hatte helfen können, besonders solchen, wo es keine Hoffnung auf Besserung gab.
Am Ende des Nachmittags war ich zur Hälfte durch. Ich hatte nichts gefunden, was zu meinem Fallmuster passte. Meine Augen schmerzten, und ich war erschöpft. Ich dachte daran, dass ich, selbst wenn ich etwas gefunden hätte, mit Milo nicht darüber reden konnte. Ärztliche Schweigepflicht.
Um Viertel nach acht klingelte es. Der Hund bellte nicht, aber seine Ohren richteten sich auf, und er folgte mir zur Tür. Er blieb neben mir stehen, während ich durch den Spion in Milos Gesicht schaute, das durch die Weitwinkellinse wie ein großer, pockennarbiger Pfannkuchen aussah, leichenblass unter der Außenlampe.
»Polizei. Aufmachen, oder ich schieße.« Er bleckte die Zähne und verwandelte sich in ein grinsendes Monster.
Ich öffnete die Tür und bat ihn herein. Er hatte eine schwarze Aktentasche bei sich und war noch in Arbeitskluft: blauer, sackiger Blazer, graue Hose, weißes Hemd, das sich über seinem Bauch spannte, und eine blau-grau karierte Krawatte. Seine halbhohen Wildlederstiefel brauchten dringend neue Sohlen. Er war kürzlich beim Friseur gewesen und trug seinen gewohnten Haarschnitt: auf der Schädeldecke lang und zottig, Koteletten bis an die Ohrläppchen, ansonsten sehr kurz. Die Locke auf seiner Stirn war ein bisschen grauer geworden. Er schien auch wieder zugenommen zu haben, seitdem ich ihn das letzte Mal gesehen hatte, und sich seinen alten hundertzwanzig Kilo verteilt auf ein Meter neunzig zu nähern.
Er sah den Hund und sagte: »Was ist denn das?«
»Och, der ist mir zugelaufen. Eine französische
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