Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Böser kleiner Junge (German Edition)

Böser kleiner Junge (German Edition)

Titel: Böser kleiner Junge (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
Vom Netzwerk:
wer der Junge sei, und ich beteuerte, keine Ahnung zu haben.
    Woher kennt er dann unsere Namen, fragte sie.
    Keine Ahnung, wiederholte ich.
    Na ja, in einem Punkt hat er immerhin recht, sagte sie. Wenn ich eine Rolle in The Music Man haben will, sollte ich umkehren und Mandy Patinkin den Schwanz lutschen. Dann lachte sie, und diesmal war es ein echtes Lachen, eines, das tief aus dem Bauch kam. Sie warf den Kopf zurück und ließ es einfach raus. Hast du seinen kleinen, runden, weißen Arsch gesehen, fragte sie. Wie zwei Muffins, bevor man sie in den Ofen schiebt!
    Da musste ich ebenfalls lachen. Wir umarmten uns, legten die Köpfe aneinander und brüllten vor Lachen. Ich dachte, damit wäre alles wieder in Ordnung, aber in Wahrheit – na ja, hinterher ist man immer schlauer, nicht wahr? – waren wir beide hysterisch. Ich, weil es derselbe Junge wie damals gewesen war. Vicky, weil sie glaubte, was er gesagt hatte: Sie sei keine gute Schauspielerin, und selbst wenn, würde sie immer zu nervös sein, es auch zeigen zu können.
    Ich begleitete sie nach Hause. Sie lebte in Fudgy Acres, einer großen alten Mietskaserne, deren Apartments ausschließlich an junge Studentinnen vergeben wurden. Sie umarmte mich und sagte mir noch einmal, dass ich bestimmt einen großartigen Harold Hill abgeben würde. Irgendetwas an ihrem Ton gefiel mir nicht, und ich fragte sie, ob alles in Ordnung sei. Dummkopf, natürlich ist alles in Ordnung, sagte sie und ging die Treppe hinauf. Das war das letzte Mal, dass ich sie lebend gesehen habe.
    Nach der Beerdigung ging ich mit Carla Winston Kaffee trinken. Sie war die einzige Bewohnerin von Fudgy Acres, mit der Vicky enger befreundet gewesen war. Ich musste ihre Kaffeetasse in einen großen Becher umfüllen, weil sie so sehr zitterte, dass ich Angst hatte, sie könnte sich die Finger verbrennen. Carla war nicht nur am Boden zerstört; sie gab sich auch noch die Schuld für das, was geschehen war. Genau wie sich die arme Mrs. Peckham höchstwahrscheinlich die Schuld an Marlees Tod gegeben hatte.
    An jenem Abend war sie in den Aufenthaltsraum im Erdgeschoss gegangen und hatte Vicky vor dem Fernseher sitzen sehen. Nur dass der Fernseher gar nicht eingeschaltet gewesen war. Vicky habe distanziert und teilnahmslos gewirkt, sagte sie. Carla hatte sie schon einmal in einem solchen Zustand erlebt. Damals hatte Vicky entweder ihre Medikamente durcheinandergebracht und ihre Pillen aus Versehen in der falschen Reihenfolge genommen oder eine zu viel. Sie hatte Vicky vorgeschlagen, zum Gesundheitszentrum zu gehen und sich untersuchen zu lassen. Nein, es gehe ihr gut, habe Vicky gesagt. Es sei ein harter Tag gewesen, aber das werde schon wieder.
    Da war ein böser kleiner Junge, erzählte sie Carla. Ich hab das Vorsprechen vermasselt, und dann hat mich dieser kleine Junge ausgelacht.
    Wie schrecklich, sagte Carla.
    George kannte ihn, sagte Vicky. Er hat es zwar abgestritten, aber ich habe genau gemerkt, dass er ihn kannte. Weißt du, was ich glaube?
    Was denn, fragte Carla. Inzwischen war sie sich ziemlich sicher, dass Vicky zu viele Tabletten genommen oder Dope geraucht hatte oder beides.
    Ich glaube, dass George ihn dazu angestiftet hat, sagte sie. Um mich zu ärgern. Als er gesehen hat, wie sehr mich das aufregt, tat es ihm leid und er wollte den Jungen zum Schweigen bringen. Aber der Junge hörte nicht auf.
    Vic, das ergibt doch keinen Sinn, sagte Carla. George würde dir nach einem Vorsprechen nie so etwas antun. Er mag dich.
    Der Junge hatte trotzdem recht, sagte Vicky. Ich kann gleich alles hinschmeißen.
    Als Carla an diesem Punkt ihrer Erzählung angelangt war, warf ich ein, dass ich nichts mit dem Jungen zu tun hätte. Das musst du mir nicht sagen, entgegnete Carla. Ich weiß, dass du ein guter Mensch bist und wie gern du Vicky gehabt hast. Dann fing sie an zu weinen.
    Es ist meine Schuld, nicht deine, sagte sie. Sie war am Ende, und ich habe nichts unternommen. Und du weißt ja, was passiert ist. Dafür bin allein ich verantwortlich, denn eigentlich wollte sie es nicht tun. Da bin ich mir sicher.
    Carla ließ Vicky im Aufenthaltsraum sitzen und ging zum Lernen nach oben. Ein paar Stunden später schaute sie bei Vicky vorbei.
    Ich dachte, sie wollte vielleicht was essen gehen oder so, sagte sie. Oder ein Glas Wein, falls die Wirkung der Tabletten schon nachgelassen hatte. Aber sie war nicht auf ihrem Zimmer. Also hab ich im Aufenthaltsraum nachgesehen, doch da war sie auch nicht. Da saßen nur ein

Weitere Kostenlose Bücher