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Böses Blut

Böses Blut

Titel: Böses Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arne Dahl
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der Fall sein wird?«
    Sie nickte schwer und lange.
    Dann begegnete sie wieder seinem Blick, und vielleicht gab es da einen kleinen neuen Funken in ihren Augen. »Meinen Sie, daß es sich nicht um den – wie haben Sie ihn genannt – Kentuckymörder handelt?«
    Sie spuckte das Wort regelrecht aus.
    »Ich versuche nur, eine Alternative zum Zufall zu finden«, erwiderte Söderstedt sanft.
    »Es ist meine Aufgabe, die Geschäfte schwedischer Unternehmen in Saudi–Arabien zu erleichtern – auf Kosten einheimischer Unternehmen. Ich bin zur Zeit die einzige, die voll über die Situation informiert ist, und meine Abwesenheit könnte zu gewissen Konkurrenzvorteilen für Unternehmen aus anderen Ländern führen.«
    »Welche Branchen werden von diesen neuen saudiarabischen Gesetzen berührt?«
    »Vor allem die Maschinenbauindustrie. Aber es geht um viel zu kleine Veränderungen, als daß es eine Form von Gewalt motivieren könnte, und schon gar nicht einen Mord.«
    Söderstedt nickte und änderte den Kurs: »Wie würden Sie Ihr Verhältnis beschreiben? Ihre Beziehung zu Ihrem Mann?«
    »Es war sehr gut«, sagte Justine direkt. »Sehr, sehr gut. In jeder Hinsicht.«
    »Ist es nicht schwierig, mit seinem Ehemann zusammenzuarbeiten?«
    »Im Gegenteil. Wir haben ein gemeinsames Interesse. Hatten. Vergangenheit«, schrie sie plötzlich, stand auf und lief hinaus auf die Toilette. Er hörte die Hähne so wild rauschen wie auf einer japanischen Oberklassetoilette.
    Söderstedt stand auf und wanderte durch die Wohnung. Sie war viel größer, als der erste Eindruck hatte vermuten lassen. Er ging und ging, es nahm kein Ende, und dann war er plötzlich wieder am Ausgangspunkt. Es gab drei Eingangstüren im Treppenhaus, also umfaßte die Lindbergersche Wohnung die gesamte Etage, die ursprünglich in drei Wohnungen unterteilt war. Er hatte mindestens zehn Zimmer gezählt. Drei Toiletten. Zwei Küchen. Warum zwei Küchen?
    Natürlich war ihm bekannt, daß Angestellte des Außenministeriums ein gutes Grundgehalt bekamen und daß die Zulagen es möglicherweise fast verdoppelten, aber eine solche Wohnung mußte an die fünf Millionen Kronen gekostet haben, wenn nicht mehr. Höchstwahrscheinlich war hier von beiden Seiten ein hübscher Batzen Familienkapital investiert worden.
    Er setzte sich wieder und sah aus, als habe er sich nicht vom Fleck gerührt, als sie zurückkam.
    Ihr Gesicht war leicht gerötet und sah frisch gewaschen aus. Im übrigen wirkte sie unverändert. »Ich bitte um Entschuldigung«, sagte sie und kehrte auf die Kante des weißen Sprossenstuhls zurück.
    »Das macht doch nichts«, sagte er großzügig. »Sie haben keine Kinder?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Ich bin erst achtundzwanzig. Wir hatten noch viel Zeit.«
    »Das hier ist eine ziemlich große Wohnung für zwei Personen ...«
    Sie begegnete seinem Blick, sofort in Verteidigungsposition. »Wollen wir nicht lieber bei der Sache bleiben?« fragte sie bissig–rhetorisch.
    »Tut mir leid, aber wir müssen über die Erbfragen sprechen. Wie ist es? Erben Sie alles?«
    »Ja. Ja, ich erbe alles. Glauben Sie, ich hätte meinen eigenen Mann gefoltert? Glauben Sie, ich hätte ihn eine höllische Stunde da sitzen und leiden lassen, während ich zwei widerwärtige Zangen in seinen Hals gestochen hätte?«
    Aha, dachte er. Jetzt Öl auf die Wogen. »Verzeihen Sie mir«, sagte er. »Es tut mir leid.«
    Das reichte nicht ganz. Sie war aufgestanden und schrie fast. Eine zunehmende Panik steigerte ihre Stimmfrequenz. »Kleine Leute wie Sie können nicht die geringste Ahnung davon haben, wie sehr ich ihn geliebt habe. Und jetzt ist er tot, weg, für immer. Ein verdammter Irrer hat meinen Geliebten gefoltert und ihn ins Meer geworfen. Können Sie sich überhaupt vorstellen, was er durchgemacht hat in dieser grauenhaften Stunde? Ich weiß, daß ich das letzte Bild war, das er vor sich gesehen hat, ich muß mich damit trösten, daß ihn das getröstet hat. So muß es gewesen sein. Es war meine Schuld, daß er gestorben ist! Ich hätte sterben sollen, nicht er! Er ist statt meiner gestorben!«
    Während die Wortflut über ihn hereinbrach, hatte Söderstedt sich zum Telefon bewegt. Er wollte gerade einen Krankenwagen anrufen, als Justine Lindberger abrupt verstummte und sich setzte.
    Sie rang zwar noch die Hände im Schoß, aber sie war plötzlich ruhig genug, um ihm mitzuteilen: »Ich habe im Bad ein paar Beruhigungstabletten genommen. Sie fangen an zu wirken. Machen Sie

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