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Boeses mit Boesem

Boeses mit Boesem

Titel: Boeses mit Boesem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elliott Hall
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Medizin. Mit dem Oberkörper lag er auf der Tischplatte, während seine baumstammdicken Beine unten ein einziges Gewirr bildeten. Eine Scherbe der Flasche lag noch immer auf dem Tisch. Ich hob sie auf und hielt sie ihm an den Hals. Kugelkopf war ausreichend bei Bewusstsein, um sie zu sehen und zu begreifen, was ich meinte. Er starrte das Glasdreieck an – das schon blutig war, da es mir die nackte Hand aufschnitt – und sah nichts anderes mehr.
    »SS, SS«, sang die Menge. Mein Sieg hatte sie nicht für mich eingenommen. In ihren Stimmen lag immer noch Hass, vermischt mit ein wenig Respekt und zweifelhafter Bewunderung. Ich war der schwarze Ritter, der Sheriff von Nottingham, der Bösewicht, dem jeder gerne zujubelte.
    Ich betrachtete das Stück Glas in meiner Hand und sah einen Ausweg. Wahrscheinlich würde man mich ins Gefängnis stecken, aber nicht für lange. Man würde es Totschlag nennen und es gab für diesen Akt kein besseres Wort auf |349| Erden. Ich könnte aufhören zu jagen, zu töten und andere in Zellen abzuliefern, aus denen sie nie mehr zurückkehren würden. Der Preis für den Fahrschein war ein einziges weiteres Leben.
    Ich dachte an die Freude, die dieser Mord Stonebridge bereiten würde, und daran, was die Tat aus meinem einzigen Freund machen würde. Benny war der einzige Mensch, der sich in einem Jahr noch an mich erinnern würde, doch wenn ich das hier tat, würde er bedauern, mir je begegnet zu sein. Ich könnte ebenso gut nicht existieren.
    Ich ließ die Scherbe fallen. Hinter mir brüllten Militärpolizisten. Ich hatte gerade noch Zeit, die Hände zu heben, bevor sie ihre Schockpistole auf mich abschossen.
     
    Amerikanische Häftlinge wurden nicht weit vom Flugplatz in Schiffscontainern gefangen gehalten. Ich hatte nie verstanden, warum es kein richtiges Gefängnis gab, aber in Anbetracht der Umstände war die Unterbringung gar nicht so schlecht. Ich hatte meine eigene Zelle und drei ordentliche Mahlzeiten am Tag, mehr, als ich im regulären Dienst bekam.
    Sie ließen uns täglich für ein paar Stunden Bewegung hinaus, auch wenn es keinen richtigen Gefängnishof gab. Wir durften ein paar Schritte in die Wüste hinausgehen und einander und den Himmel anschauen. Jeden Tag zählte ich meine Mitinsassen und kam auf um die hundert. In meiner Zelle wunderte ich mich dann über diese Zahl. In Anbetracht der Truppenstärke in der Stadt war sie klein, und soweit ich wusste, war dies das einzige Gefängnis in der Umgebung. Vielleicht hatten sie viele Anklagen fallen lassen, weil sie die Soldaten brauchten, oder Dinge, die einmal ein Verbrechen gewesen waren, waren zu einer gängigen Praxis geworden.
    Die Fälle der Häftlinge wurden hier so schleppend bearbeitet wie anderswo auch, daher erwartete ich eine lange Wartezeit, |350| bevor jemand mich über meine Zukunft informierte. Das störte mich eigentlich nicht. Es war ruhig in meiner Zelle, das Türschloss sperrte mich nicht nur ein, sondern war auch eine Garantie für Frieden. Die Welt hatte beschlossen, mich eine Weile in Ruhe zu lassen, und ich war dankbar dafür.
    Colonel Glass besuchte mich am sechsten Tag. Ich nahm Haltung an, doch er forderte mich auf, mich auf das Stahlrahmenbett zu setzen. Er setzte sich neben mich und ließ sich mit dem Sprechen Zeit.
    »Wie fühlen Sie sich?«
    »Ich habe kaum Prügel bezogen«, antwortete ich. »Das Einzige, was wehtut, sind die Wunden von den Elektroschockpistolen an meinem Arsch.«
    »Sie haben eine kugelsichere Weste getragen, mein Sohn«, sagte Glass. »Da mussten die Militärpolizisten improvisieren.« Er bot mir eine seiner Zigarren an, aber ich lehnte ab.
    »Sie haben diesen Söldner ordentlich verprügelt und seinen Freund krankenhausreif geschlagen. Beide werden es aber überleben.«
    »Wann komme ich ins Gefängnis?«
    Glass gab ein unverbindliches Schnalzen von sich. Das hatte ich von ihm noch nie gehört; sonst war immer alles eindeutig bei ihm.
    »Vielleicht lässt sich das vermeiden.«
    Die Aussicht, ein freier Mann zu bleiben, munterte mich weniger auf, als es der Fall hätte sein sollen. »Das war Stonebridge«, sagte ich. »Dieser Söldner hat mich in seinem Auftrag bedroht und gesagt, ich müsste alles weitergeben, was 6524 aussagt.«
    »Glauben Sie, dass irgendjemand der Anwesenden das bezeugen wird?«
    Ich dachte an den Wall von Zuschauern, die nach meinem Blut gelechzt hatten, und schüttelte den Kopf. »Keiner sonst hat es gehört.«
    |351| »Dann spielt es eigentlich keine Rolle.

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